Data Science + Design Thinking: Darauf kommt es an!
Die internationale Designberatung frog design hat Data Science fest in ihre Abläufe integriert. Doch welche Daten sind für den Design-Thinking-Prozess überhaupt sinnvoll?
2. Define: Pain Points erkennen
In dieser Prozessphase geht es darum, die Probleme und Pain Points näher zu bestimmen und herauszufinden, welche Rolle sie für die Nutzer spielen. Die ersten beiden Phasen des Designprozesses überschneiden sich laut Minah häufig.
Quantitative Umfragen: In Online-Umfragen lassen sich die Herausforderungen und Wünsche der Nutzer gezielt abfragen und quantitativ auswerten. Hierfür arbeitet frog je nach Projekt mit verschiedenen Anbietern zusammen. »Für allgemeine Kundenumfragen bietet sich ein Tool wie SurveyMonkey mit einer breiten Nutzerbasis an. Braucht man Informationen zu spezifischeren Problemen – bei einem Pharmaprojekt zum Beispiel zu einer bestimmten Krankheit –, muss man mit spezialisierten Anbietern zusammenarbeiten«, erklärt Vahndi Minah. Je spezieller die Zielgruppe, desto teurer das Tool – aber gerade bei großen Projekten lohne sich die Investition für den Kunden.
Zu beachten: Um statistisch signifikante Ergebnisse zu erhalten, muss die Anzahl der Befragten hoch genug sein – mindestens 1000 Teilnehmer sollten es laut Minah auf jeden Fall sein. Besonders bei Wenn-dann-Umfragen, die die Teilnehmer in mehrere Gruppen aufsplitten, muss man darauf achten, dass bei jedem Entscheidungsstrang am Ende noch genug Teilnehmer übrig sind. »Man sollte im Vorfeld mit dem Kunden klären, welches Level an statistischer Sicherheit gewährleistet sein muss, damit er Entscheidungen treffen kann – also mit welcher Wahrscheinlichkeit man sagen können muss, dass die Antworten dieser Zielgruppe relevant für das jeweilige Projekt sind«, erläutert Vahndi Minah. Auch nicht signifikante Ergebnisse könnten zwar Inspiration für die Ideenfindung bieten, böten aber keine Grundlage für statistisch valide Geschäftsentscheidungen.
3. Ideate: Lösungsansätze clustern
Das Brainstorming in der Ideenphase baut auf den Ergebnissen der qualitativen und quantitativen Recherche auf, die für alle Teammitglieder entsprechend verständlich aufbereitet werden müssen. Die Ideenfindung geschieht zunächst völlig frei und ohne Bewertung, erst in einem zweiten Schritt werden die Lösungsansätze geclustert und priorisiert. Hierbei helfen quantitative Daten und Modelle.
Behavioural Modelling: Ein Behavioural Model basiert auf den quantitativen Daten zu Nutzern und ihrem Verhalten, die in den vorherigen Schritten erhoben wurden. Es hilft dabei, zu untersuchen, welche Konzepte zur Lösung welcher Pain Points beitragen und wie sie das Nutzerverhalten beeinflussen könnten. »So lässt sich zum Beispiel errechnen, wie gut sich Konzept 3a eignet, um Pain Point 6b der Usergruppe C zu lösen«, erklärt Vahndi Minah den Nutzen des mathematischen Modells.
Zu beachten: Beim Behavioural Modelling handelt es sich nicht um Machine Learning, auch wenn die Terminologie ähnlich ist. Die Modelle müssen manuell programmiert werden, da für Machine Learning in den meisten Fällen nicht genug Daten vorhanden sind. Hierfür braucht es Data Scientists im Team.
4. Prototype: Problemlösungen priorisieren
In dieser Prozessphase werden erste Lösungsansätze prototypisch umgesetzt. Data Science hilft dem Team dabei, die wichtigsten Probleme in der richtigen Reihenfolge anzugehen.
Behavioural Modelling: Auch hier kommt bei frog design ein Behavioural Model zum Einsatz. Dieses gibt beispielsweise Auskunft darüber, für welche Nutzergruppen welcher der unterschiedlichen Prototypen am relevantesten sein könnte. Außerdem lässt sich laut Vahndi Minah damit herausfinden, welche Kombination an Features den größten Erfolg verspricht.
Zu beachten: In dieser Phase sollten auch Maßnahmen für die spätere Nutzeranalyse mitgedacht werden, also welche Daten in welcher Form erhoben werden sollen und welchen Einfluss der Nutzer darauf hat.
5. Test: A/B-Testing mit echten Nutzern
In der (vorerst) finalen Phase des Design-Thinking-Prozesses werden die Prototypen erstmals mit echten Nutzern getestet. Dies geschieht entweder mithilfe von Klickdummys oder durch unterschiedliche Änderungen am realen Produkt.
A/B-Testing: Um herauszufinden, ob eine Variante besser funktioniert als eine andere, bieten sich A/B-Tests an. Hier lassen sich nicht nur Conversion Rates und Clickthroughs testen, sondern auch User-Experience-Metriken, die man vorab festlegt – zum Beispiel Reaktionszeiten. Je nach Ergebnis werden die Prototypen dann finalisiert oder drehen noch eine Optimierungsschleife.
Zu beachten: Viele Unternehmen machen laut Vahndi Minah bei A/B-Tests den Fehler, die bis hierhin gesammelten Erkenntnisse nicht zu beachten: »Statt gezielt die Zielgruppen auf die definierten Pain Points hin zu untersuchen, führen sie breite Nutzertests durch, die auf demografischen Merkmalen basieren. Dabei spielen diese bei der Nutzung von digitalen Produkten nur eine untergeordnete Rolle.« Stattdessen solle man die neuen Produkte oder Features gezielt an jenen Usern testen, für die sie entwickelt wurden – idealerweise ergänzt durch qualitative Umfragen.
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