Daten sammeln, auswerten und interpretieren, um sie strategisch zu nutzen: Darum geht es beim Data-Driven Marketing. Auf dem Adobe Summit in London stellte der Konzern seine neuesten Lösungen für den Bereich vor. Was das für Designer bedeutet …
Customer Experience is everything! Beim Adobe Summit in London beschwor Adobe die Macht und Bedeutung des Kundenerlebnisses. Danach bewerten Kunden schließlich jedes Angebot und jedes Unternehmen. Umso wichtiger ist eine kanalübergreifend konsistente und positive Interaktion. Um diese planen, managen und optimieren zu können, braucht es Daten sowie deren sinnvolle Integration und Aufbereitung – kurz: Data-Driven Marketing. Eine Lösung dafür bietet Adobe mit seiner Experience Cloud, die verschiedene Programme und Tools miteinander verbindet und so datengetriebenes Marketing fördert.
Aber welche Auswirkungen hat Data-Driven Marketing auf die Arbeit von Designern? Wie arbeiten Kreation und Marketing erfolgreich zusammen, um einzigartige Kundenerlebnisse zu schaffen? Darüber sprachen wir mit Bryan Lamkin, Executive Vice President und General Manager Digital Media bei Adobe.
Wie nutzen Sie bei Adobe selbst die Möglichkeiten des Data-Driven Marketings – und welche Rolle spielen Kreativität und Design dabei? Bryan Lamkin: Allein die Tatsache, dass wir heute so viel messen können, garantiert noch keine besseren Kundenerlebnisse. Wir müssen die Insights auch smart nutzen und umsetzen. Die besten Erfahrungen haben wir damit gemacht, mit einer relativ klaren Zielvision zu starten, sie in Prototypen umzusetzen und dann zu testen. Die dabei entstehenden Daten zwingen die Teams dazu, den Erfolg ihrer Projekte objektiver zu bewerten. Es wird weniger darüber diskutiert, ob ihre Annahmen richtig oder falsch waren, sondern über Testergebnisse und die Frage: Wie können wir das Produkt verbessern? Daraufhin optimieren wir Messaging und Design gleichermaßen. Es ist ein sehr iterativer Prozess. Wir nehmen täglich hunderte kleine Veränderungen an unseren Produkten vor. Dabei hilft natürlich auch unser KI-System Sensei.
Allein die Tatsache, dass wir heute so viel messen können, garantiert noch keine besseren Kundenerlebnisse. Wir müssen die Insights auch smart nutzen und umsetzen.
Wie verändert das die Herangehensweise von Designern?
Sie müssen mehr in Systemen denken. Außerdem verschiebt sich der Schwerpunkt weg von Visual und Brand Design hin zu Interaction und UX Design. Der Großteil der circa 500 Designer bei Adobe arbeitet mittlerweile in diesen Bereichen. Natürlich sind Interface und Corporate Designer nach wie vor wichtig, aber wir konzentrieren uns bei den Neueinstellungen vermehrt auf Disziplinen wie Design Research und Interaction Design.
Welchen Stellenwert hat visuelles Design dabei noch?
Wir messen unseren Erfolg nicht mehr daran, ob ein Bild visuell besonders gut gelungen ist – auch wenn Adobe nach wie vor einen starken kreativen Kern hat. Heute geht es vielmehr darum, ob wir damit die Ziele erreichen, die wir uns gesteckt haben, und was wir dabei über unsere Kunden gelernt haben. Der Fokus liegt mehr auf dem Kundenerlebnis im ganzheitlichen Sinne und weniger auf einer subjektiven Einschätzung von »gutem Design«.
Geht so nicht der Zauber von Kreativität ein Stück weit verloren?
Das finde ich nicht. Wir haben nach wie vor unglaublich inspirierte und inspirierende Kreative bei Adobe, die eine wichtige Rolle bei der Entwicklung unserer Produkte spielen. Aber die Kreativität wird anders eingesetzt. Sie hat nach wie vor ihren Zauber – aber sie ist mehr auf Daten gestützt. Design geht heute viel mehr auf objektives Feedback ein. Auch Designer sind froh, wenn ihre Arbeit erfolgreich ist! Und wir definieren Erfolg dadurch, dass unsere Kunden mit unseren Produkten wiederum selbst erfolgreich sind. Dafür haben wir die gesamte Customer Journey im Blick.
Haben Sie ein Beispiel?
Als wir die Creative Cloud eingeführt haben, ist uns aufgefallen, dass wir in zwei für uns sehr wichtigen Märkten – Deutschland und Japan – nicht so viele Kunden konvertierten wie anderswo. Wir gingen also auf Spurensuche, gemeinsam mit unserem Designteam. Die Services waren nicht weniger performant, die Übersetzungen waren gut – und trotzdem stiegen Kunden irgendwann im Laufe der Customer Journey aus. Schließlich haben wir erkannt, dass es einen kulturellen Grund hat: Deutsche und Japaner nehmen sich einfach mehr Zeit für ihre Kaufentscheidungen. Aber wenn sie sich dann entschieden haben, sind sie sehr loyale Kunden. Auf der Basis dieser Erkenntnis haben wir unsere Websites mit mehr Informationen angereichert und einen Konfigurator entwickelt, mit dem Kunden ihr individuelles Angebot vorab zusammenstellen können. Das hat immens geholfen!
Wie tief müssen Designer ins Data Management einsteigen?
Sie müssen natürlich selbst keine Analysen durchführen. Aber sie kennen die Ziele, mit denen wir in ein Projekt gehen und entwickeln die A/B-Tests mit. Entsprechend sind sie immer sehr gespannt auf die Ergebnisse. Dass das System funktioniert, erkennt man daran, wenn Designer zu Meetings schon Alternativ-Entwürfe mitbringen, die auf die Testergebnisse eingehen. Noch sind wir nämlich nicht an dem Punkt, an dem Sensei eigenständig Designs optimieren kann.
Wir wollen Kreativität nicht ersetzen, sondern ihre Umsetzung beschleunigen.
Das ist eine gute Nachricht für Designer …
Unser Ziel ist auf keinen Fall, Kreative zu ersetzen. Wir wollen ihnen mit unseren KI-Tools vielmehr das Leben leichter machen und ihnen repetitive und langweilige Arbeiten abnehmen. Unser Schwerpunkt liegt darauf, Designern eine gute Basis zu liefern, auf der sie schnell und einfach ihre Visionen realisieren können. Nehmen Sie zum Beispiel Adobe Stock: Dank KI kann man Bilder dort nun auch nach Stilen filtern, etwa nach Tiefenschärfe oder Farbzusammenstellung. Wir wollen Kreativität nicht ersetzen, sondern ihre Umsetzung beschleunigen.
Manche befürchten, dass mit der zunehmenden Messbarkeit nur noch erfolgreiche Dinge reproduziert werden und nichts Neues entsteht.
Dieses Risiko besteht, aber ich mache mir darum nicht allzu große Sorgen. Da draußen ist so viel kreative Schaffenskraft! Sobald Experiences gelernt sind und sich wiederholen, verlangen Konsumenten nach etwas Neuem. Würde man etwa bei Adobe Stock nur Bilder anbieten, nach denen am häufigsten gesucht wird, sähe alles Stock-Material gleich aus – und es gäbe keinen Grund mehr, die Plattform zu nutzen. Es geht also darum, eine Balance zu finden zwischen erfolgreichem und diversem Content. Ich glaube, der Markt ist sehr motiviert, diese Diversität zu bieten.