m zweiten Tag der TYPO 2011 geht es um die Welt – von London über internationale Flughäfen und mit einem Abstecher in die bayerische Provinz nach Los Angeles und Nagasaki.
»London lesen« heißt das Thema von Tim Fendley, der mit seinem Team ein Orientierungssystem für die Stadt an der Themse entwickelt hat. Wie navigiert man durch fremde Orte? Wie lernt man seine eigene Stadt kennen? Und wie ihre Zusammenhänge, wenn man sich immer nur um die anvisierten U-Bahn-Stationen herum bewegt?
Schilderwald – und die Lösung
Einer Präsentation absurdester Schilder, die höchstens in die Irre, aber auf keinen Fall ans Ziel führen (32 verschiedene Schildersysteme gibt es allein in Central London!), folgen ausführliche Studien über Stadt-Begehungs-Verhalten – und die Lösung des Problems, die sein Büro gemeinsam mit den Londoner Transportsystemen entwickelte. Es ist nicht brandneu und Fendley hat es auch schon öfters vorgestellt, aber es ist enorm.
An Informationstafeln und mit Kreisen, die um den jeweiligen Standpunkt gezogen sind, wird klar, was alles in Fußnähe liegt, Zusammenhänge in der Stadt werden sichtbar, dreidimensional abgehobene Wahrzeichen im Stadtplan erleichtern die Orientierung – und fordern zum zu Fuß gehen auf.
Flughäfen rund um die Welt
Anschließend geht es mit Heike Nehl und Sibylle Schlaich von Moniteurs über die Flughäfen der Welt und durch die Geschichte der Flughafen-Leitsysteme bis hin zu dem, das sie mit ihrem Büro für den neuen Großflughafen Berlin-Brandenburg entwickelten. Eine Reise mit Abstechern nach Bangkok, Kopenhagen, Paris, Peking und in Filme wie »Catch me if you can«, »Up in the air« zu Wong Kar-wai und in Zeiten, in denen die Stewardessen noch Mannequins waren.
Provinz ohne Grenzen
Die Zwillingsbrüder Martin und Thomas Poschauko, die mit ihrem Buch »Nea Machina« preisgekrönte Furore machten, führen in ihre bayerische Heimat und das Örtchen Au – und in kreative Prozesse, die keine Provinzgrenzen kennen. Eine Plastikplane, die auf dem Feld des Bauern nebenan weht wird zu »Das Meer hinter unserem Haus«, Dachziegel zu Vincent van Gogh-Gemälden, eine Fahrbahnbegrenzung zu Picassos »Frau, die weint« – und ihr Auftritt ein Plädoyer dafür, der Phantasie freien Lauf zu lassen, wild zu assoziieren, eher dem Bauch als dem Kopf zu folgen und zu probieren, probieren und zu probieren. Dafür gibt es tosenden Applaus für die Bayern, die mit ungekünsteltem Humor durch ihre Arbeit führen.
Pionierin zwischen Design und Kunst
Ein Bilderflug, der mit der großen April Greiman endet, die sich erstmal als »steinalt« einführt, sich für die Einladung und schließlich für das Glas Rotwein bedankt, das man ihr vorher therapeutisch gereicht hat, das Wasser in ihrem Glas als Wodka tituliert – und dann, mit wenigen Worten und vielen Klängen fast meditativ durch ihr Werk führt. Von »shifts« wie dem Andreasgraben nahe ihrer Heimat Los Angeles zur Landverschiebung durch das Erdbeben in Chile und Logos wie das, was sie einst für Coop Himmelblau entwickelte, Foodtrucks in L.A. und Projekten, die zwischen Architektur, Colouring, Kunst und Fotografie oszillieren wie ihre »Drive by shootings«, Digitalfotografien aus dem Auto aufgenommen und dem wohl weltgrößten Ölgemälde, das zwei Maler auf Hausfronten in Koreatown, L.A. nach ihren Entwürfen malten.
Heute bricht der letzte Tag der TYPO 2011 an – mit Robin Kinross, Jan Riskus Hillmann von De:Bug und Christoph Niemann, gefeierter Illustrator von The New Yorker, The New York Times und und und, der nach Jahren in The Big Apple nach Berlin gezogen ist.