Wie Sie die lästige Diskussion um Leistung, Kosten und Termine vermeiden.
Egal ob Website, Logoentwurf oder Gestaltung einer Broschüre und ganz gleich, ob Designer oder Entwickler, ob Agentur oder Freelancer; ist ein Auftrag erfolgreich abgeschlossen, ist das Projekt mit dem Erstellen der Rechnung abgehakt. So sollte es jedenfalls sein. Gar nicht so selten beginnen dann aber noch Diskussionen, weil Kunde und Kreativer erst jetzt feststellen, dass die Auffassungen über den vereinbarten Leistungsumfang und die Kosten des Auftrags beispielsweise auseinander gehen. Dann kommt es darauf an, dass im Vertrag präzise festgelegt ist, was der Gestalter wann und in welchem Umfang zu leisten hat.
Grundlage des Vertrages ist immer das Angebot, daher sollte man es immer sorgfältig aufsetzen und prüfen: Ist die Kalkulation stimmig? Ist der Stundensatz korrekt? Ist der Leistungsumfang genau beschrieben? Auch die Nutzungsrechte sollten hier geregelt sein. Wer sein Angebot nicht präzise aufsetzt bringt sich am Ende womöglich um die Früchte seiner mühevollen Akquise, denn bleibt aufgrund der Streitigkeiten die (vollständige) Zahlung aus und Sie müssen womöglich juristische Hilfe in Anspruch nehmen, um Ihre Forderungen durchzusetzen, kommen weiterer Aufwand und zusätzliche Kosten auf Sie zu.
Wie Sie Ihr Angebot wasserdicht aufsetzen, um derartige Unstimmigkeiten zu vermeiden beschreiben wir nun im Folgenden.
Vorlagen leisten Hilfestellung
Wer meint, ein Angebot sei nur eine mehr oder weniger unverbindliche Offerte, der irrt. Denn mit dem Angebot legt man bereits die entscheidenden Parameter seines Vertrags mit dem Kunden fest. Nimmt dieser das Angebot an, tritt ein verbindlicher Vertrag in Kraft. »Einen Vertrag zu schließen ist auch formlos möglich, beispielsweise durch mündliche Vereinbarungen. Es ist aber immer ratsam, diesen Vertrag schriftlich niederzulegen«, erklärt Jens O. Brelle, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht.
Wer meint, ein Angebot sei nur eine mehr oder weniger unverbindliche Offerte, der irrt.
»In den meisten Fällen, in denen es zu einem Dissens über die Modalitäten eines Auftrags kommt, fehlt eine präzise schriftliche Vereinbarung«, sagt Brelle, der in seiner Hamburger Kanzlei vorwiegend Unternehmen aus der Kreativwirtschaft in den Bereichen Vertrags-, Urheber-, Geschmacksmuster- und Markenrecht betreut.
In einem solchen schriftlichen Angebot legt der Kreative fest, was er leisten wird und bis wann, wie hoch die Vergütung für seine Arbeit ist und welche Nutzungsrechte er dem Auftraggeber einräumt. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte er sich das Angebot vom Kunden stets schriftlich bestätigen lassen, beispielsweise indem er es unterschrieben zurückschickt, -mailt oder -faxt. Außerdem empfiehlt es sich, alle Punkte so umfassend und genau wie möglich zu formulieren, damit dieser das Angebot ohne Nachbesserungen annehmen kann. Tut er das, kommt der Vertrag als sogenannte übereinstimmende Willenserklärung zustande.
Bei der Formulierung eines Angebots können die Musterverträge des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen (GWA) oder der Vergütungstarifvertrag der Allianz deutscher Designer (AGD ) Orientierung bieten. Letzterer gibt dem Kreativen zudem eine detaillierte Berechnungsweise seiner Leistungen an die Hand und erläutert diese an vielen Beispielen. Aber diese Vorlagen sind kein Universalinstrument: Da sie von den Verbänden herausgegeben werden, orientieren sich die Vergütungen mehr am Interesse des Urhebers, weniger an dem des Verwerters. »Bei Arbeiten für mittlere oder große etablierte Unternehmen sind diese Verträge angemessen«, so Jens O. Brelle. »Für Start-ups oder kleine Firmen muss man die Konditionen in der Regel anpassen.«
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Wer meint, er könne auf die Ausformulierung seines Angebots und eine detaillierte Kalkulation verzichten, und dem potenziellen Kunden lieber ein Pauschalangebot zum Festpreis unterbreitet – sei es aus Bequemlichkeit oder weil das Projekt überschaubar erscheint –, geht ein unnötiges Risiko ein, warnt Designberaterin Friederike Sobiech. Denn das rechne sich für den Kreativen ausschließlich bei einem »gängigen Arbeitsaufwand«.
Wer meint er könne auf die Ausformu-lierung seines Angebots und eine detaillierte Kalkulation verzichten, geht ein unnötiges Risiko ein.
Was aber wenn der Kunde wesentlich mehr Entwürfe und Korrekturschleifen fordert als erwartet? »Dann sind Sie dennoch an Ihre eigene Kalkulation und Angebotsformulierung gebunden«, erklärt sie. Es lohnt sich also grundsätzlich immer, ein detailliertes Angebot zu schreiben, denn es schafft Rechtssicherheit, Verbindlichkeit, Transparenz und Vergleichbarkeit gegenüber anderen Mitbewerbern.
Den Projektumfang klären
Preis und Liefertermin sind die Parameter eines Angebots, die den Kunden in der Regel am meisten interessieren. Um hier realistische Aussagen treffen zu können, gilt es im ersten Schritt den Umfang des Projekts zu definieren. Die beste Vorbereitung dafür ist ein persönliches Gespräch mit dem Kunden, um zu ermitteln, was dieser explizit wünscht – und welche Anforderungen womöglich implizit damit verbunden sind. In einem solchem Gespräch lassen sich alle relevanten Informationen für die Projektbeschreibung einholen: Wie sieht der zeitliche und finanzielle Rahmen für das Projekt aus? Lässt sich vorhandenes Material verwenden? Soll der neue Auftritt eine Weiterentwicklung des vorhandenen sein? Oder fängt man bei null an? Existiert ein Styleguide? Oder soll womöglich einer erstellt werden?
Muss der Designer auch die Abwicklung mit der Druckerei übernehmen und welche anderen Zusatzleistungen werden erwartet? Und, und, und. Der so ermittelte Projektrahmen sollte in Form einer sachlichen Auftragsbeschreibung auch im Angebot stehen. Darüber hinaus ist es wichtig, festzulegen, wie viele Entwürfe und wie viele Änderungsrunden es zum vereinbarten Preis geben soll. »›Drei Korrekturrunden‹ ist eine sinnvolle Größe, die der Auftraggeber leicht nachvollziehen kann. Ebenso wie ›Entwurf in bis zu zwei Varianten‹ oder ›vier Meetings‹«, rät Friederike Sobich. Sind zur Klärung dieser Fragen mehrere vorbereitende Gespräche notwendig, kann man auch für die Angebotserstellung selbst ein Honorar verlangen.
Termine, Termine, Termine
Ein detailliert definierter Leistungsumfang gibt einen Überblick über die anstehenden Arbeiten, auf dessen Basis sich eine realistische Timeline für das Projekt entwickeln lässt. Je umfangreicher oder kom plexer es ist, desto wichtiger sind Meilensteine, wie etwa: ein erstes Modell in zwei Wochen, einen funktionalen Prototyp in einem Monat, die finale Site in zwei Monaten. Diesen Ablauf zu visualisieren, kann hilfreich sein, zum Beispiel in einem sogenannten Gantt-Diagramm – ein Instrument aus dem Projektmanagement –, das die Abfolge der Aktivitäten in Form von Balken auf einer Zeitachse darstellt. Sind Termine im Angebot genannt, sind sie auch Vertragsbestandteil und damit verbindlich einzuhalten. Nicht nur deswegen sollte man beim Verfassen der Timeline unbedingt erwähnen, dass einige der Meilensteine vom Mitwirken des Kunden abhängen. Hier empfiehlt es sich, ihn in die Pflicht zu nehmen, indem man zum Beispiel den Liefertermin an die Abnahme bindet.
Zahlen, bitte!
Die große Herausforderung bei der Formulierung des Angebots besteht darin, einerseits eine angemessene Vergütung zu veranschlagen, andererseits den Kunden zu gewinnen. Gerade bei umfangreicheren Projekten sollte daher klar werden, wie sich das Honorar zusammensetzt – das schafft Transparenz und stärkt die Zahlungsmoral. Beim Auflisten der einzelnen Positionen (etwa Briefing, Konzeption, Illustrationen, Screendesign) sollte man sich allerdings nicht in Details verheddern: »Verzichten Sie auf die Nennung von Preisen für einzelne Arbeitsschritte, das führt vielfach zu leidigen Debatten – mit dem Ziel, Ihr Honorar zu drücken«, erklärt Designer Andreas Maxbauer, Referent für Mitgliederberatung und Weiterbildung bei der AGD. Und noch einen weiteren Faktor hat er klar als Diskussionsauslöser ausgemacht:
»Glatte Preise wirken für einige Kunden wie gewürfelt und laden dadurch besonders oft zur Verhandlung ein.«
Wer nicht mit der gesetzlichen Zahlungsfrist von 30 Tagen einverstanden ist, kann ein eigenes Zahlungsziel definieren (»zahlbar innerhalb von 14 Tagen ohne Abzug«). Damit man nicht nach Ende eines Mammut-Projekts seine gesamten Forderungen auf dem Rechtsweg durchsetzen muss (siehe PAGE 12.14, Seite 116 f.), lässt sich das Risiko minimieren, indem man sich seine Arbeit in Etappen bezahlen lässt. Eine Aufstellung, bei der die Zahlungen mit den erbrachten Leistungen korrespondieren, könnte zum Beispiel folgendermaßen aussehen: Auftragserteilung (10 Prozent), Abnahme des Entwurfs (30 Prozent), Bereitstellung des Testsystems (40 Prozent) und Live-Schaltung (20 Prozent).
Nutzungsrechte richtig nutzen
Als Urheber eines Designs sind Gestalter durch das deutsche Urheberrecht geschützt und können deshalb Nutzungsrechte vergeben – und zwar »ausschließlich« oder nur »einfach«. Weitere Parameter sind das geografische Gebiet (regional, national, international), die Dauer der Verwendung sowie der Umfang (Auflagenhöhe et cetera). Bei digitalen Produkten begrenzt man die Nutzung zeitlich und räumlich, bei Printprodukten die Stückzahlen. Für die Kalkulation empfiehlt der AGD etwa die Berechnung mit Nutzungsrechtsfaktoren zwischen 0,5 für die minimale und 6,0 für die maximale Nutzung. Ferner empfiehlt es sich festzulegen, dass die Nutzungsrechte erst dann als eingeräumt gelten, wenn die vereinbarte Vergütung vollständig gezahlt ist. Nur dann kann man die Nutzung auch untersagen, sollte die fällige Zahlung des Kunden ausbleiben. Die Vergütung fällt indes entscheidend niedriger aus, wenn die Nutzungsrechte nicht schriftlich fixiert werden.
Denn wenn Zweifel daran bestehen, ob oder in welchem Umfang Nutzungsrechte eingeräumt wurden, beispielsweise weil nur ein mündlicher Vertrag geschlossen wurde, kommt die sogenannte Zweckübertragungstheorie (§ 31 Abs. 5 UrhG) zur Anwendung, die mehr im Sinne des Verwerters ausgelegt wird und ihm großzügige Nutzungsrechte zuspricht: Hat er beispielsweise eine Website beauftragt, erhält er das Recht, die Gestaltung ohne Aufpreis weltweit und zeitlich unbeschränkt zu nutzen. Der Kunde liefert Text- und Bildmaterial, dass in seiner Broschüre oder Website Verwendung finden soll? Ein Passus im Angebot, dass er die Nutzungsrechte selbst geklärt hat, schafft Klarheit bezüglich der Zuständigkeiten – falls diese nicht bereits in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt sind. Ebenso gehören alle weiteren vertragsrechtlich relevanten, regelmäßig wiederkehrenden Modalitäten zu Nutzungs- und Urheberrechten, Vergütung oder Fremdleistungen als vorformulierte Vertragsklauseln in die AGB. Diese gelten allerdings nur, wenn sie wirksam vereinbart werden. Es reicht nicht, lapidar auf sie hinzuweisen (»Es gelten unsere AGB«). Entweder fügt man sie dem Angebot bei oder benennt, wo sie einzusehen sind (»Es gelten unsere AGB, jederzeit einsehbar unter www.designerabc.de/agb«).
Wenn der Kunde mehr will
»Trotz ausführlichen Briefings, detaillierter Leistungsbeschreibung und realistischen Timings läuft in fast jedem Projekt etwas anders als geplant«, sagt Friederike Sobiech. Häufiger Knackpunkt sind wiederholte Anpassungen. So können aus vereinbarten drei Korrekturschleifen mit dem Kunden schon mal 14 werden. Kein Kreativer muss diese aber zum selben Preis leisten – wenn er im Angebot den Leistungsumfang entsprechend definiert hat. »Auch ist es sinnvoll, die Nachbestellungen des Kunden hörbar – oder besser noch: nachlesbar – als solche entgegenzunehmen«, so Sobiech, etwa folgendermaßen: »Für eine weitere Variante in Grün rechnen Sie bitte mit einer Woche Lieferzeit und X Euro für die zusätzliche Arbeit.
«Manche Kunden werden es sich überlegen, was es ihnen wirklich wert ist, dasselbe in Grün zu sehen.«
Zusätzliche Leistungen verursachen zusätzliche Kosten, aber manch Kreativer scheut Nachforderungen – aus Sorge, es sich mit dem Kunden zu verderben. »Vielleicht passt dann die weichere Variante: Kalkulieren Sie beim Angebot nicht zu knapp«, rät Sobiech. So kann man zum Beispiel einen halben Tag ungeplante Arbeit – gut verteilt auf alle Posten – hineinrechnen, um Luft für die zusätzliche Korrekturrunde oder eine kleine Variation des Verpackungsentwurfs zu gewinnen. »So können Sie Ihre Rückmeldung mit einer roten Schleife versehen: ›Das krieg ich für Sie bis kommenden Dienstag in meinen Kalender. Das war zwar nicht im Auftrag enthalten, passt aber für dieses Mal gerade noch.‹« Wenn man all die genannten Punkte beim Formulieren eines Angebots beachtet, kann es selbstverständlich immer noch zu Diskussionen, Einwänden oder sogar Auseinandersetzungen mit dem Kunden kommen. »Für diesen Fall haben Sie dann allerdings bestens vorgesorgt«, so Jens O. Brelle.
Zum Thema: Checkliste »Wasserdichte Angebote schreiben«
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Liebe Johanna, dieser Beitrag gibt Tipps und Wissen der genannten Experten wieder, eine Beratung seitens der Redaktion können wir hier leider nicht anbieten. Viele Grüße, Deine PAGE-Redaktion
Sollte man die Posten «Projektmanagement» und «Realisation» getrennt aufführen, auch wenn sie zum selben Preis offeriert werden?
Eine Niederlegung des Vertrags in Schriftform ist nicht besonders arbeitsaufwendig (ein Mustervertrag lässt sich auch im Internet herunterladen, z.B. bei http://www.freelance-market.de/d/mustervertrag-fur-die-beauftragung-eines-freiberuflers), einerseits, und, andererseits, kann in der Zukunft wirklich viele Probleme vermeiden helfen.
»Für Start-ups oder kleine Firmen muss man die Konditionen in der Regel anpassen.«
Nicht nur das.
Es ist deren Mindset:
Gründer und kleine Firmen verstehen in der Regel nicht, weshalb sie für eine kleine Briefschaft, einen Flyer und eine 5-seitige Website-Visitenkarte ein wissenschaftliches Tiefeninterview abliefern sollen.
Da muss man behutsam vorgehen. Sonst denken sie, man hat einen an der Waffel, werden unwillig und wollen schon aus diesem Grund keine Zusammenarbeit mehr. Egal wie gut der Preis ist.
Man kann dann hergehen und versuchen, diese Auftraggeberschaft im Vorfeld zu erziehen, z. B. gute Tipps für eine gute Gründung auf seiner eigenen Website zu verbreiten und zu erklären, dass man viel bessere Ergebnisse für seine kleine Firma erzielen kann, wenn ….. (Hardcore-Vertriebler nennen das jedoch missionieren, oder ein totes Pferd reiten.)
Nach meiner Erfahrung mit kleinen Firmen muss ich sagen, die Vertriebler haben recht. Das ist zu 90% für den Wind. Die meisten verstehen das trotzdem nicht und denken weiterhin, man hat einen an der Waffel.
Entweder man liefert ihnen zügig, ohne herumzufaseln, eine schnell hingetuschte günstige ‘Offerte’ oder man ist bei ihnen raus, so oder so.
Die Tipps da oben sind in meinen Augen allesamt nur für den Umgang mit größerer Auftraggeberschaft geeignet.
Und da überlege ich mir gerade, wie es denn sein kann, dass Designbüros, die für gößere Auftraggeberschaft arbeiten, davon nichts wissen sollten.
In kurz:
Der Artikel ist einerseits ‘preaching to the converted’, falls man ein solche Designbüros meint.
Und der Artikel und seine Intention ist ziemlich unsinnig, ja kontraproduktiv, falls er kleine Designbüros meint, die die beschriebenen kleine Firmen als Kundschaft haben.
Vielen Dank für diesen Beitrag.
Meiner Erfahrung nach »scheitern« Angebote häufig deshalb, weil sie schlicht zu früh gemacht werden. Wenn wir die Wünsche des Kunden und die Herausforderungen, vor denen er steht, noch nicht vollumfänglich verstanden haben, können wir bei unserer Problemlösung und unserem Angebot nur im Trüben fischen beziehungsweise an der Oberfläche des tatsächlich Möglichen bleiben.
Die Investition in das intensive Gespräch lohnt immer. Vergleichen wir es doch mit einem Arzt, der nach Fünf-Minuten in der Sprechstunde sofort »weiß« was der Patient benötigt. Fühlen wir uns gut, wenn wir als Patient nicht erst verstanden werden? Je intensiver und länger das Arztgespräch, desto besser anschließend die (ganzheitliche) Diagnose. So geht es auch unseren Kunden mit unseren Angeboten.
Ich widme mich recht intensiv diesem Thema unter http://www.pricingfueragenturen.de 🙂