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Sixties-DDR-Design neu aufgelegt

Wie eine Hamburger Fotografin eine verlassene Porzellan-Fabrik im Weimarer Land wiederentdeckte.

© Susanne Katzenberg: Aus der Serie »UNVERLOREN – Hommage an Weimar Porzellan« / 2019

Überall Werkzeuge, die gerade aus der Hand gelegt scheinen, stapelweise halb fertiges Porzellan und sogar benutzte Kaffeetassen auf einem Pausentischchen. Es sah aus, als hätten die Porzellanmacher gerade alles stehen gelassen in der stillgelegten Manufaktur, die Susanne Katzenberg auf einem Streifzug durchs Weimarer Land unverhofft entdeckte.

Die Hamburger Fotografin, die selbst als junges Mädchen ein Handwerk als Schlosserin erlernte, hatte schon immer eine Faszination für verlassene Orte. Sie bekam Gelegenheit, im Fabrikareal zu fotografieren, und tauchte tief in die fast 230jährige Geschichte der Firma Weimar Porzellan ein.

Wobei sie nicht nur auf barocke, verschnörkelte Entwürfe aus der Goethe-Zeit stieß, sondern auch auf die schlichte Vasenform Tini. Designer Peter Smalun (hier sind weitere seiner Porzellanarbeiten zu sehen) hatte sie in den 1960er Jahren als Referenz ans Bauhaus entworfen, was durchaus nicht selbstverständlich war. Das Bauhaus war in den frühen Jahren der DDR zunächst geradezu verpönt, im sogenannten Formalismusstreit wurde es als zu wenig volkstümlich und modernistisch-dekadent verurteilt. Erst um 1963 setzte ein Umdenken ein.

Susanne Katzenbergs Buch über Weimarer Porzellan

Susanne Katzenberg: UNVERLOREN. Hommage an Weimar Porzellan Thüringen
128 Seiten, 101 Abbildungen (Farbe und s/w)
Hardcover, mit Poster als Beileger
Format: 24 x 21 cm
29,95 Euro
ISBN 978-3-86228-213-5
Edition Braus, Berlin (portofrei direkt über den Verlag bestellen)

 

Foto-Buch und neue Porzellan-Edition

Fotografin Susanne Katzenberg erzählt von all dem und mehr nun im einem Buch – natürlich mit ihren eigenen Fotos, aber auch mit historischen Aufnahmen aus der Zeit, als die Manufaktur noch belebt war und die Porzellanmacher dort fleissig werkelten.

Gleichzeitig beschloss die Fotografin, Tini – auf dem Cover ist sie im Sechziger-Jahre-Originaldesign zu sehen – zu neuem Leben zu erwecken. Die Vase wird in einer modernen Edition aus dünnem, nur innen glasiertem Biskuitporzellan und ohne Dekor wieder in Thüringen produziert: vom jungen Gestalter Martin Pössel, der beim Produktdesignstudium an der Bauhaus-Universität Weimar die Leidenschaft zum Porzellan entdeckte.

Sowohl Buch als auch Vasen lassen sich auf Susanne Katzenbergs Website Projekt Unverloren erwerben.

 

Weimarer Porzellan verlassene Fabrik Foto Susanne Katzenberg
© Susanne Katzenberg: Aus der Serie „UNVERLOREN – Hommage an Weimar Porzellan Thüringen“, 2019
Aussenansicht Fabrikgelände von Weimar Porzellan in Blankenhain

 

Weimarer Porzellan Wiederentdeckung
© Susanne Katzenberg, aus der Serie „UNVERLOREN – Hommage an Weimar Porzellan Thüringen“, 2019
Stil-Life aus der Fabrik von Weimar Porzellan

 

Porzellanmaler in den 1950er bei Weimar Porzellan
Porzellanmaler in den 1950er bei Weimar Porzellan, Blankenhain © LATh – HStA Weimar Porzellanfabrik Blankenhain (Übernahme 2019 ) Karton 51

 

© Susanne Katzenberg, aus der Serie „UNVERLOREN – Hommage an Weimar Porzellan“ / 2019
Stil-Life aus der Fabrik Weimar Porzellan, Blankenhain

 

DDR-Design Modellstube von Weimar Porzellan, Blankenhain
© Susanne Katzenberg, aus der Serie „UNVERLOREN – Hommage an Weimar Porzellan Thüringen“, 2019
Blick in die Modellstube von Weimar Porzellan, Blankenhain
Produkt: PAGE 07.2020
PAGE 07.2020
Remote: Workshops und Design Sprint ++ Flexibilität visualisieren ++ Know-how für Packaging-Projekte ++ Bildung und Kultur im Netz ++ Beyond Crisis: Kris Krois im Interview ++ Ratgeber: Kreativ-Notebooks ++ Rethink: Agenturen im Umbruch ++ Restart: Neue Chancen für Designer ++ Corona und Designstudium ++ Inspiration: Muster im Design

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