Das Onboarding neuer Kolleg:innen hat sich in den letzten drei Jahren stark verändert. Wir geben Tipps, wie Mentoring auch remote funktionieren kann und sich Nähe trotz räumlicher Distanz herstellen lässt.
Bei der Digitalagentur Artus Interactive ist Artdirektorin Katrina Zimmer Ansprechpartnerin für neue Kolleginnen und Kollegen im Designteam. Ihre Rolle als Patin im Onboarding hat sich in den vergangenen drei Jahren stark verändert – Zimmer unterstützt die Newcomer:innen in den ersten Wochen nicht mehr hauptsächlich im Büro, sondern remote. »Das war ehrlich gesagt gar nicht so leicht, und wir sind auch immer noch überzeugt davon, dass ein persönliches Treffen zu Beginn die beste Grundlage ist. Daher bitten wir neue Kolleg:innen, in den ersten zwei Wochen ins Office zu kommen«, sagt sie. Im Anschluss funktioniert aus ihrer Sicht dann auch das Remote Mentoring besser.
Katrina Zimmer bietet ihren Mentees gerne eine Mischung aus eher informellen und formellen Terminen an. Bewährt haben sich Coffee Dates am Morgen, noch vor dem Beginn der Arbeitsroutine. »Damit schaffe ich ein Umfeld, das sich etwas weniger professionell anfühlt und hilft, sich menschlich besser kennenzulernen.« Neben den Coffee Dates trifft man sich zu täglichen Videocalls über Slack. »Gerade im Onboarding-Prozess finden wir eine solch engmaschige Kommunikation wichtig«, sagt Katrina Zimmer. Es sei ihre Aufgabe als Mentorin, darauf zu achten und im Zweifel aktiv nachzufragen, ob alles in Ordnung ist. »Es darf auf keinen Fall passieren, dass jemand im Homeoffice sitzt und sich nicht traut, sich zu melden, wenn er unsicher ist.«
In späteren Phasen können die einzelnen Mentoring-Sessions auch mit mehr Abstand beziehungsweise nach Bedarf stattfinden und sollten von beiden Seiten eingefordert werden. Lucca Schellmoser, Designerin bei hw.design in München, und ihr Kollege Mohsen Sheikholeslami wünschen sich von ihrem Mentor Sigmund Perner, Director Strategy & Content, dass er sie dabei unterstützt, in der strategischen Markenführung sicherer zu werden. Damit die 30- bis maximal 60-minütigen Sitzungen über Slack möglichst effizient ablaufen, sammeln sie ihre Fragen und diskutieren diese zweimal wöchentlich mit ihm.
Göran Göhring, Mentor und Partner bei der Eventagentur Stagg & Friends, die komplett remote arbeitet, findet es wichtig, dass man solche Termine nicht nur fixiert, »sondern auch inhaltlich mit mindestens 15 Minuten Zeit-Invest von beiden Seiten vorbereitet«. Mit einer seiner Mentees, Projektmanagerin Antonia Tigges, widmet er sich momentan dem Thema Präsentationen. Die beiden treffen sich einmal in der Woche für 30 Minuten virtuell in Teams. »Da bin ich sehr strikt«, so Göhring. »Ich komme pünktlich in die Remote Session, aber es muss auch klar sein, dass ich sie pünktlich beende.« Geht dabei nicht die zwischenmenschliche Komponente verloren? Die Möglichkeit, einfach mal eine Frage zu stellen, die nicht direkt zum Thema passt? »Das macht unser für alle einsehbarer Kalender möglich«, erklärt Antonia Tigges. Natürlich sei Göran Göhring auch außerhalb fixer Termine ansprechbar. »Das gehört aber zur allgemeinen Agenturkultur und ist nicht explizit Teil unseres Mentorings.«
Remote Mentoring: 3 Tipps von Karin Heinzl
Die Gründerin der Firma MentorMe, die Mentees und Mentor:innen zusammenbringt, verrät, wie sich remote eine gute Basis zwischen Mentor:innen und Mentees herstellen lässt.
Kanal festlegen: Mentor:in und Mentee müssen sich zu Beginn auf eine Plattform festlegen, über die kommuniziert werden soll. Es ist wichtig, dass das Mentoring einen festen virtuellen Raum hat und nicht für jeden Austausch neu organisiert werden muss.
Sehen ist besser als Hören: Bei der intensiven Beziehung, die zwischen Mentor:in und Mentee entsteht, spielt Körpersprache eine wichtige Rolle. Es muss nicht vor Ort sein, aber den oder die Mentee zumindest per Video zu sehen, verbessert die Qualität des Mentorings.
Regelmäßigkeit gewährleisten: Ebenso wie in Präsenz erzielen Remote Mentorings die besten Ergebnisse, wenn sie regelmäßig und über einen längeren Zeitraum – mindestens ein halbes Jahr – stattfinden. Die Abstände zwischen den Sessions können je nach Schwerpunkt variieren. Ein Vorteil beim Remote Mentoring: Man kommt schneller zum Punkt. Sitzungen, für die analog 60 bis 80 Minuten eingeplant werden, können remote schon in 45 bis 60 Minuten ergiebig sein.
Dieser Beitrag ist erstmals in der PAGE 3.2023 erschienen, als Teil des Artikels »Learning for Doing«.