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Finding Fonts: Die besten Tools und Plattformen

Hier finden Sie typografische Inspiration und Tools, die Sie bei der Wahl geeigneter Schriften unterstützen.

Bild: Yeshen Venema

Diese Tools unterstützen Sie bei der Wahl geeigneter Schriften:

Schriften recherchieren

Anwendungsbeispiele von Schriften finden sich auf Fonts in Use, ein typografisches Archiv, das Stephen Coles, Nick Sherman und Sam Berlow 2010 gegründet haben. Letzterer stieg irgendwann aus, heute kümmern sich neben Coles und Sherman noch Florian Hardwig und Rob Meek um die Website. Suchen kann man entweder nach dem Namen einer Schrift, nach Formaten (Advertising, Newspapers, Poster . . .) oder nach Themen (Automotive, Music, Sports . . .).

Beim Klick auf einen Font erscheinen in einem neuen Fenster weitere Informationen zu ihm, zur Foundry und zum Designer der Anwendung. Über »Related Typefaces« lassen sich verwandte beziehungsweise stilistisch ähnliche Typen entdecken. Das kann hilfreich sein, wenn die besagte Schrift nicht digital vorliegt oder man eine weniger bekannte Alternative sucht.

Inzwischen enthält das Archiv über 18 000 Bilder, die rund 7300 Schriften zeigen. Da jeder, der einen Account angelegt hat, Beispiele hochladen kann, werden es (fast) täglich mehr. Manchmal werden Anwendungen sogar schon vor dem Release der Schrift veröffentlicht (diese einfach mit dem Tag »early uses« suchen).

Charakter bestimmen

Das vom Berliner Designbüro Kore entwickelte Font-Discovery-Tool Fontbrief hilft bei der Suche nach Schriften vor allem für Branding-Projekte. Mithilfe von acht Gegensatz­paaren (Cold/Warm, Elegant/Rugged, Neutral/Expressive et cetera) bestimmt man die Persönlichkeit des gewünschten Fonts, zusätzlich lassen sich noch die Kategorien »Serif«, »Sans«, »Workhorse« oder »Free« ankreuzen. Daraufhin werden aus einer Auswahl von 330 wenig abgenutzten Schriften passende vorgeschlagen. Wem das zu umständlich ist, der kann sich auch gleich die Top 10 der Rubriken »Expressive«, »Sans«, »Serif«, »Workhorse«, »Progressive« und »Daring« anzeigen lassen.

Fonts identifizieren

Wem irgendwo eine Schrift ins Auge sticht, der kann mit WhatTheFont herausfinden, um welche es sich handelt. Das Tool von MyFonts kann man kostenlos im App Store oder bei Google Play herunterladen, mit einem ordentlichen Foto liefert es recht zuverlässige Ergebnisse: Der Text muss möglichst horizontal fotografiert werden. Außerdem sollten es nicht zu wenig Buchstaben sein, die sich nicht berühren und groß genug sind, etwa 100 Pixel.

Um Fonts auf Websites zu bestimmen, ist die von Developer Chengyin Liu entwickelte Chrome-Extension WhatFont wunderbar praktisch. Nach der Installation braucht man nur mit der Maus über einen Text zu fahren und ­bekommt zuverlässig angezeigt, um welche Schrift es sich handelt.

Typo für Instagram

Wer sein Instagram-Profil unterscheidbarer machen möchte, kann igfonts.io nutzen. Der Font Generator erzeugt Texte in verschiedenen Schriften, die sich dann per Copy-and-paste in die Bio einfügen lassen. Auch die Gestaltung eines eigenen Fonts ist möglich. Allerdings muss man mit Symbolen und Icons etwas aufpassen, gelegentlich verweigert In­stagram deren Darstellung.

Schriften mischen

Auf fontpair.co präsentieren die drei Kreativen Hayden Mills, Dakota Weatherford und Sydney Mills gut zusammenpassende Google Fonts und zeigen sie auch gleich in der Anwendung auf Websites.

Auch auf typ.io drehen sich die gezeigten Schrift­kombinationen vor allem ums Webdesign. Man kann sich entweder von ausgewählten Sites inspirieren lassen oder gezielt nach Kombinationen suchen, zum Beispiel nach Sans- und Serifpaaren oder nach passenden Fonts für Header und Content.

Tiefer ins Thema einsteigen kann man mit dem 2020 erschienenen Buch »Schrifttypen – Verstehen Kombinieren« (9783035611137,   www.degruyter.com  ). Philipp Stamm, Professor für Schriftgestaltung und Typografie in Basel, vermittelt viele Erkenntnisse, berücksichtigt bei den Anwendungsbeispielen aber leider kaum neuere Fonts. 

Typografische Inspiration: Die besten Plattformen

 TYPE01

Mit der Plattform TYPE01 und der Foundry Type Department bietet Amber Weaver ­Inspiration und praktisches Know-hows

Es begann mit einem Buch. 2019 gab die briti­sche Designerin Amber Weaver den Band »Femme Type« heraus, der Schriften von 46 Typedesignerin­nen aus aller Welt vorstellte. Das reichte ihr aber nicht und sie startete www.femme-type.com. Die Plattform will vor allem Frauen in der Kreativbranche fördern, bietet aber auch darüber hinaus spannende Einblicke, aktuell etwa mit einem Beitrag über die boomende Typoszene in Warschau. Anstatt sich nun entspannt zurückzulehnen, gründete Amber Weaver TYPE01 Ltd als Dach für diese und weitere Aktivitäten im Bereich Typografie.

Mit der Website https://type-01.com bietet die Designerin eine Fülle an Informationen: Vorstellun­gen von Fonts und Foundries, Interviews mit bekann­ten und weniger bekannten Kreativen, Tuto­rials zur Animation von Buchstaben oder Ratgeber­artikel, etwa wie man als selbstständiger Typedesigner über­leben kann. Auch wer einfach nur auf der Suche nach Fonts ist, ist dort richtig. Denn es gibt noch Type Department, die Foundry von TYPE01, in der man Fonts unabhängiger Schriftgestalter:innen kaufen kann.

Und dann ist da noch ein gedruckter Ableger: Im November 2020 erschien die erste Ausgabe des gedruckten Magazins »TYPEONE«, ein weiteres Informations- und Ideenfeuerwerk. Eine dritte Ausgabe ist bereits in Arbeit. Geplant sind zwei Hefte jährlich, das Jahresabo kostet 20 britische Pfund. Die ­Finanzierung ihrer Projekte läuft größtenteils über Crowdfunding und Sponsoren. Und natürlich bewältigt Amber Weaver nicht alles alleine, sondern hat ein Team zur Seite. Trotzdem: Von der Energie dieser Frau würde ich mir gerne ein Scheibchen ­abschneiden.

Die zweite »TYPEONE«-Ausgabe widmet sich dem Thema Kinetic Type – ein Bereich, in dem sich nach Geschmack von Herausgeberin Amber Weaver noch zu wenig Frauen tummeln. Nach der Lektüre dieser tollen Ausgabe werden sich sicherlich mehr Typedesignerinnen dafür begeistern. Ganz unten: Auch eine Foundry hat die britische Designerin gestartet Bild: Yeshen Venema

Stereo Typefaces

Prozessorientiert und ergebnisoffen entstehen bei Stereo Typefaces variable Fonts – und ein spannendes Magazin

Schon im Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig fokussierten sich Mark Julien Hahn und Jan Robert Obst auf Schrift: »In gemeinsamen Projekten und ersten Auftragsarbeiten probierten wir uns aus und merkten schnell, dass durch eigene Schriftentwürfe Eigenständigkeit und Individualität beim Gestalten entsteht.« Einige dieser Fonts bauten sie dann weiter aus. Die Head­line­variante der Protest Grotesk zum Beispiel entwickelten sie ursprünglich für das Erscheinungsbild des Vereins Stadtlücken e. V. Nach und nach wurde daraus eine komplette Familie.

Generell testen die beiden ihre Schriften gerne schon in frühen Stadien und nehmen die Erfah­rungs­werte aus der gestalterischen Praxis wieder mit in den Typedesignprozess. »Dadurch lassen sich unse­re Fonts nach zeitgemäßen Anforderungen für Web- und Printanwendungen optimieren.« Anfang des Jahres gründeten sie Stereo Typefaces als Plattform für »variable font research, generative design tools and contemporary type design«. Im Herbst sollen ihre bislang vier Schriften dort zu kaufen sein. Schon jetzt bieten sie dort Automat an, ein Onlinetool, mit dem sich, basierend auf einem variablen Rasterfont, generativ Entwürfe gestalten, speichern und downloaden lassen.

So selbstverständlich sich Mark Julien Hahn und Jan Robert Obst im Digitalen bewegen, gedruckte Bücher und Magazine üben ebenfalls eine starke Anziehungskraft auf sie aus. Beides zusammen bringen sie in ihrem Magazin »Type as Image«. Auf den 153 Seiten setzen sie ihre variablen Schriften ein, mal als Texte, mal als typografische Illustratio­nen. Darüber hinaus generierten sie mittels Coding und 3D-Rendering in einem ergebnisoffenen Prozess fragmentarische Digitalornamente, die bewusst ihren programmierten Ursprung zeigen und nichts figürlich Darstellendes haben. Demgegenüber stehen 3D-modellierte Skulpturen, die durch gezielte Lichtstimmung und einen Schattenfall eine gewisse Räumlichkeit imitieren.

Mit ihren ursprünglichen Typedesigns haben die­se Visualisierungen nur noch wenig zu tun. Vielmehr ging es den Designern darum, zu zeigen, dass jede Schrift auch etwas Bildhaftes hat, was durch die subjektiven Vorstellungen und Assoziationen der Betrachtenden entsteht. »Type as Image« steckt voller spannender Konzepte, die die beiden ästhetisch überzeugend präsentieren. Wer sich für das Magazin interessiert, schreibt einfach eine E-Mail an info­ (at) stereotypefaces.com.

Mal konkret, mal abstrakt: In ihrem Magazin »Type as Image« präsentieren Mark Julien Hahn und Jan Robert Obst ihre Schriften und typografischen Experimente

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Dieser Artikel ist in PAGE 08.2021 erschienen. Die komplette Ausgabe können Sie hier runterladen.

PDF-Download: PAGE 08.2021

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