Die Suche nach Schriften für ein Projekt kann schnell ausufern. Wir verraten, wo Sie jenseits des Mainstreams tolle Fonts und Anregungen finden und welche Tools bei der Auswahl helfen können
Gerade wogt mal wieder ein Meer aus aufgeschlagenen Büchern auf dem Schreibtisch von Christina Schmid – die Gestalterin und Verlegerin aus Stuttgart sucht Schriften für ein Buchprojekt. »Lesetypografie beurteile ich lieber in Texten auf Papier als am Bildschirm«, sagt sie. Irre viel Freiheit hat sie ohnehin nicht, denn Gewohnheit spielt dabei eine große Rolle. Eigentlich arbeitet sie gerne mit Groteskschriften, greift dann aber doch oft zu den für Lesetypo üblicheren Antiquas. Eine besonders große Herausforderung ist es jedes Mal, passende Fonts für ihre eigenen Publikationen zu finden: »In meinem Blog etwa nutze ich seit Jahren eine Serifenlose, die Neuzeit S von Linotype. Ich kenne die Texte in dieser Schrift und habe mich daran gewöhnt.« Liest sie die Texte dann mit Serifen, zum Beispiel in einem Buch, beschleicht sie das Gefühl: Hier stimmt etwas nicht. Für eine neutrale Beurteilung fehlt ihr der Abstand.
Zum Glück gibt es Simon Malz, Partner des Designstudios Lichtsignale in Offenbach am Main. Mit ihm arbeitet Christina Schmid nicht nur häufiger gemeinsam an Projekten, er ist für sie auch eine wertvolle Recherche- und Inspirationsquelle. »Sehe ich irgendwo eine Schrift, die mir gefällt, mache ich ein Foto und schicke es Simon. Er weiß fast immer, um welchen Font es sich handelt«, erzählt sie. »Außerdem hat er immer viel mehr Schriften im Kopf, die er ausprobieren möchte, als Projekte. Er schickt mir dann eine Reihe von Vorschlägen, bei denen eigentlich immer etwas Passendes dabei ist.« So stößt sie auch öfter mal auf Foundries, die sie noch nicht kannte. Eine Lieblingsschrift der Gestalterin ist momentan die Founders Grotesk von Kris Sowersby. »Das ist eine unglaublich wandelbare, charakterstarke Serifenlose. Ich habe zwei Erscheinungsbilder mit ihr gestaltet, die völlig unterschiedlich wirken. Das kann längst nicht jede Schrift.«
Orientierung im Typo-Meer
Wer keinen Simon Malz zur Hand hat, muss auf anderen Wegen nach Schriften suchen. Instagram etwa taugt wunderbar als Rechercheplattform. Gibt man dort Suchbegriffe ein wie »Foundry«, »Typedesign«, »Schrift« oder »Fonts in Use«, bekommt man jede Menge Fonts und Anwendungen präsentiert. Schaut man dann noch, wer die jeweiligen Foundries und Gestalter:innen abonniert hat, stößt man wieder auf jede Menge spannende Leute – und muss gewaltig aufpassen, sich nicht zu sehr zu verzetteln.
Genau hier liegt das Problem: Die Auswahl ist überwältigend. Allein Adobes Creative Cloud bietet Abonnenten tausende Schriften, von den zigtausend Google Fonts gar nicht zu reden. »Das Angebot ist uferlos«, so Christina Schmid. »In der Creative Cloud schaue ich eigentlich nie, weil ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll, zu suchen. Einmal habe ich eine Type für ein Buch ausgewählt und erst dann gemerkt, dass sie in der Cloud enthalten ist. Das war natürlich praktisch, weil ich sie nicht extra kaufen musste.«