Bei der Entwicklung der Schriftfamilie CV Dida mussten Viktor Nübel und Botio Nikoltchev vieles im Kopf haben: Grundschüler und Abiturienten, Fibeltexte und Mathegleichungen, gedruckte Bücher und Lern-Apps
PROJEKT Gestaltung der Schriftfamilie CV Dida für die Lernmedien des Cornelsen Verlags DESIGNERViktor Nübel, Schriftgestalter; Botio Nikoltchev, Schriftgestalter und Gründer der Foundry Lettersoup , beide Berlin
KUNDECornelsen Verlag, Berlin TOOLS Papier, Stifte, Laserdrucker, FontLab 7 mit der Python Library TypeRig, Glyphs 2, FontDrop! ZEITRAUM seit Herbst 2019
Es war eine Mammutaufgabe, vor der Viktor Nübel im Herbst 2019 stand. Der Berliner Typedesigner hatte den Pitch zur Entwicklung einer Sans- und Serif-Schriftfamilie für die rund 10 000 Lernprodukte des Cornelsen Verlags gewonnen – Schulbücher, Arbeitshefte, Lektüren, Online-Angebote und Lern-Apps. Schon seit 2016 hatte er das Unternehmen gelegentlich in Schriftfragen unterstützt. Mal ging es um zusätzlich benötigte Zeichen, mal um technische Updates oder Beratung bei Lizenzthemen. Und jetzt also die Gestaltung eines Custom Fonts. Viktor Nübel war klar, dass er dieses umfangreiche Projekt nicht allein stemmen konnte, und holte den Typedesigner Botio Nikoltchev ins Boot, mit dem er bereits bei kleineren Projekten kooperiert hatte und der praktischerweise bei ihm um die Ecke wohnt.
»Schon um Lizenzierungskosten zu sparen, ist eine eigene Schrift für Cornelsen sinnvoll«, so Viktor Nübel. »Aber selbstverständlich auch, weil dies zur Markenbildung beiträgt. Außerdem war die Anzahl der verwendeten Fonts inzwischen einfach zu groß.« Schulbücher sind oft Reprints, bei denen ab und an einzelne Kapitel aktualisiert werden. Dazu kommen neue digitale Lernanwendungen – mit wieder anderen Schriften. So finden sich in den Cornelsen-Medien nicht nur die FF Schulbuch von 1990 und die Century Schoolbook aus dem Jahr 1924, sondern noch eine Reihe weiterer, zum Teil vom Verlag selbst entwickelter Fonts. Zeit für ein großes Aufräumen.
Mehr Luft für die Buchstaben
Zunächst verschafften sich die beiden Typedesigner einen Überblick über die Produktvielfalt und versuchten zu verstehen, was wann wo eingesetzt und gebraucht wird. »Es war eine Herausforderung, das zu durchblicken. Nach und nach trat der hohe Anspruch des geforderten Anwendungsspektrums zutage: vom Leseanfänger, der die einzelnen Buchstaben kennenlernt, bis zu Materialien für Abiturienten oder die Erwachsenenbildung, in denen die Schrift in den Hintergrund tritt und es in erster Linie um den Inhalt geht – das Ganze natürlich für Print und Digital«, erklärt Viktor Nübel. Schnell war ihm klar: Eine einzige Schrift wird dem nicht gerecht, es braucht eine Schriftfamilie mit mehreren Varianten.