Serifenlose Norbert: Ganz schön schräg
Inspiriert von kyrillischen Bleilettern an einem Gebäude in St. Petersburg, spielt Norbert mit Widersprüchen und bedient sich dabei einiger Extreme.
Das Ergebnis ist eine detailreiche und authentische Grotesk, die gar nicht so verkehrt ist, wie ihr Schöpfer Philipp Neumeyer anfangs dachte. Der Berliner bezeichnet sich zwar selbst als professionellen Balletttänzer und nur mittelmäßigen Typedesigner und Möchtegern-Typografen. Das ist aber wohl eher Understatement, denn er absolvierte 2015 den Masterstudiengang TypeMedia in Den Haag und Norbert ist durchaus eine professionelle, ernstzunehmende Schriftfamilie.
Sie besteht aus den beiden Familien Breit und Schmal, jeweils in den Schnitten Mager, Normal und Fett, alle gibt es in geradestehend, kursiv und kontra, also nach links geneigt. Kombiniert man die Stile wirkt Norbert gelegentlich etwas wild, was daran liegen mag, dass Philipp Neumeyer absichtlich auf eine reguläre Weite, schnöde interpolierte Zwischengewichte oder den modernen Variable Font verzichtete.
Norbert ist eben ein Freigeist, der sich nicht um Regeln schert, sondern lieber mit individuell gezeichneten Schriftschnitten glänzt und seine Stärke und Vielseitigkeit in Branding- und Editorial-Projekte einbringt. Ein Arbeitstier ist Norbert eher nicht, aber eine Schrift, die sich je nach Anlass zart und edel oder auch grob und rau zeigen kann. Und die über ein paar schöne Pfeile verfügt.
Inspiration fand Philipp Neumeyer in kyrillischen Bleilettern an einem Gebäude in St. Petersburg, deshalb spricht Norbert fließend Russisch und unterstützt darüber hinaus sehr viele weitere kyrillische und natürlich auch lateinische Sprachen.
Seine bisherigen Fonts Theodor, Arnold und Rainer veröffentlichte Philipp Neumeyer unter dem Pseudonym Rüdiger bei Future Fonts. Norbert erscheint jetzt bei TypeMates, der Foundry von Jakob Runge, Nils Thomsen und Lisa Fischbach. Noch bis zum 15. Mai gibt es die Familie zum halben Preis, komplett für knapp 180 statt 360 Euro Brutto, Breit und Schmal jeweils für gut 110 Euro. Einzelschnitte sind nicht reduziert, sie kosten knapp 60 Euro. Zum Ausprobieren kann man sich nach Erstellen eines Accounts Demofonts mit reduziertem Zeichensatz herunterladen.
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