Schon verblüffend, wie echt der Kugelschreiber-Script-Font LiebeHeide aussieht. Dafür sorgt nicht nur das Kalligrafie-Know-how der Schriftgestalterin Ulrike Rausch, sondern auch der Einsatz neuster Fonttechnologie
PROJEKT Gestaltung des Kugelschreiber-Script-Fonts LiebeHeide DESIGNERIN Ulrike Rausch, Inhaberin der Foundry LiebeFonts, Berlin TOOLS Papier und Kugelschreiber, Scanner, Photoshop, Glyphs ZEITRAUM März bis September 2020
An ihren Lettering- und Kalligrafie-Skills gibt es nichts auszusetzen, mit ihrer Handschrift aber war Ulrike Rausch nicht zufrieden. Weil sie nun aber einen Color Font gestalten wollte, der mit Kuli Geschriebenes so authentisch wie möglich wiedergibt, hieß es für sie zunächst mal: üben, üben, üben. Angeleitet von dem Buch »Improve Your Handwriting« von Rosemary Sassoon und Gunnlaugur S. E. Briem, füllte die Berlinerin Blatt um Blatt. »Dabei sollte man unbedingt Wörter und Sätze statt einzelner Buchstaben schreiben, sonst bekommt man keinen natürlichen Fluss hin«, sagt sie.
Die deutliche Struktur, die Kugelschreiber auf dem Papier hinterlassen, gab den Ausschlag für dieses Werkzeug, ein Filzstift etwa hat sehr viel glattere Linien. »Ich hatte mir extra einen sehr schönen, teuren Kugelschreiber für dieses Projekt gekauft, musste dann aber feststellen, dass er so weich und glatt schrieb, dass kaum Struktur zu erkennen war.« Also griff Ulrike Rausch lieber auf die »10 Stück für einen Euro«-Modelle zurück, um die Unregelmäßigkeit einer echten Handschrift authentischer nachahmen zu können.
Bitmap-Color-Fonts: Fotorealistische Buchstaben
Seit Einführung des OpenType-SVG-Formats 2016 lassen sich mehrere Farben oder auch Verläufe in Schriften einbetten. Vorher ging dies nur mit Layer-Fonts, die aus mehreren Ebenen bestehen und in einer Gestaltungssoftware übereinandergelegt werden. Es dauerte aber noch, bis sich das Format durchsetzte – mit Unterstützung durch die meisten Browser und Programme der Creative Cloud nimmt es jetzt richtig Fahrt auf.
Wer einen Color Font in OpenType SVG anlegt, hat die Möglichkeit, entweder mit Vektoren oder mit Pixelbildern zu arbeiten. Ersteres hat den Vorteil, dass sich der Color Font beliebig skalieren lässt und seine Dateigröße überschaubar bleibt. Der Nachteil: Die vektorisierten Linien sind glatt und ohne Struktur. Bitmap-Color-Fonts dagegen basieren auf Bildern. Man tippt sozusagen mit einem Foto. So lassen sie sich zwar nicht beliebig groß skalieren, dafür aber ganz andere Tonwerte und feine Farbabstufungen darstellen. »Mit Bitmap-Color-Fonts entstehen quasi fotorealistische Buchstaben, genau richtig für meine Kulischrift«, so Ulrike Rausch.