Viele Typedesigner machen ihre Leidenschaft zum Beruf und gründen eine eigene Foundry. Diese Tipps des französischen Typedesigners Jean-Baptiste Levée helfen dabei.
Jean-Baptiste Levée startete 2014 mit seiner Foundry Production Type, die heute fünf Mitarbeiter hat. Zudem schreibt Levée, der schon mehr als 100 Schriften gestaltete, Artikel, organisiert typografische Ausstellungen und Symposien und unterrichtet an der École supérieure d’art et de design d’Amiens sowie an der Università di Corsica Pasquale Paoli. Hier gibt er zehn praktische Tipps für das Gründen einer Foundry.
1. Stelle einen Plan auf
Damit meine ich nicht nur, eine Idee über den Schwerpunkt der Foundry zu haben. Ein konkreter Businessplan hilft wunderbar bei der Ausarbeitung einer Idee. Plan meint auch, zum Start der Foundry wenigstens drei Familien fertig zu haben, einen Releaseplan für das nächste Jahr und eine grobe Vorstellung darüber, welche Fonts man in den nächsten zwei oder drei Jahren veröffentlichen will.
2. Schaffe Qualität
Je geringer die Qualität deiner Produke ist, desto mehr musst du in Marketing investieren. Matthew Carter sagte einmal: »It can be good or interesting, rarely both.« Technische Qualität ist viel leichter zu erreichen als künstlerische, deshalb sollte auf Letzterer das Hauptaugenmerk liegen.
3. Definiere eigene Standards
Welchen Zeichenumfang haben deine Fonts, welche OpenType-Features? Lege das fest und bleibe dabei.
4. Schriften machen ist nicht romantisch
Es reicht nicht, leidenschaftlicher Typedesigner zu sein, man muss auch Business und Marketing mögen. Wer sich informiert, wie Start-ups und »normale« Unternehmen vorgehen, kann einiges lernen, denn der Prozess ist vergleichbar.
5. Liebe deine Kunden
Telefonate, E-Mails beantworten, Meetings, Rechnungen schreiben: All das ist Teil des Jobs, die Beziehungspflege ist ein stets unterschätzter Part. Übrigens: Seit wir für unsere Schriften Trial-Fonts anbieten, haben wir viel weniger Support zu leisten.
6. Schließe dich mit Grafikdesignern kurz
Sie können wunderbar Betatests machen und ein ehrliches Feedback geben. Finden sie die Schrift nett, sehen aber keinen echten Nutzen, wird sie sich auch nicht gut verkaufen.
7. Halte den Kaufprozess einfach
Schriften kaufen soll schlicht, schnell und schön sein. Man kann schon mal ein paar Fonts bei der Konkurrenz kaufen, um zu schauen, wie die das machen. Einfache Formulare und Bezahlvarianten wie PayPal und Kreditkarte sollten sein, auch wenn sie für den Shopbetreiber recht teuer sind.
8. Lizenzvereinbarungen anpassen
Welche End User Licence Agreements (EULAs) braucht man, welche kann man vielleicht vernachlässigen? Denk daran, dass der Schutz geistigen Eigentums von Land zu Land sehr verschieden ist. In Frankreich ist er sehr gut, in den USA eher schlecht, in Pakistan nicht vorhanden. Es macht Sinn, einen darauf spezialisierten Anwalt um Unterstützung zu bitten, auch wenn das Geld kostet. Wie sagt man so schön: »Get a lawyer when you don’t need one.«
9. Marketing ist kein Schimpfwort
Wer dich nicht kennt, kann bei dir keine Schriften kaufen. Arbeite an deinen Kanälen, egal ob Newsletter, Presseaussendungen, Social Media oder durch die Teilnahme an Awards. Gedruckte Type Specimens sind wunderschön, aber auch ein teurer Spass. Ich würde das Geld lieber in eine gute Website stecken.
10. Du bist nicht allein
Tonnen von Informationen und Dokumentationen schwirren durchs Netz. Die Typogemeinschaft ist auskunftsfreudig und hilfsbereit. Rat von Kollegen gibt es in der Regel unkompliziert und kostenlos.