Künstliche Intelligenz gehört mittlerweile zum Alltag in Kreativagenturen und Designstudios. Aber wie sieht es im Bereich der Schriftgestaltung aus? Wir haben sieben Typedesigner:innen gefragt und uns zwei zukunftsweisende Hochschulprojekte angesehen.
Abbildung aus dem Projekt »Typografie & künstliche Intelligenz« von Mert Celenk und Alexander Scherban. Betreuung: Prof. Eva Kubinyi, © FH Aachen
Der lesenswerte Artikel »The AI Dilemma In Graphic Design: Steering Towards Excellence In Typography And Beyond« von Filip Paldia und Jamie Clarke im »Smashing Magazine« entwirft folgendes Szenario: Stell dir vor, wir schreiben das Jahr 2028 und du sitzt an deinem Arbeitsplatz. »Hey KI«, sagst du, »ich brauche ein paar Schriftoptionen für diese Headline…« Bevor du zu Ende sprechen konntest, unterbricht dich dein KI-Assistent, den du liebevoll TypeMaster3000 nennst, eifrig: »Etwas Kühnes und doch Skurriles? Oder vielleicht eine Serifenschrift, die auf subtile Weise sagt: Ich bin kultiviert, aber weiß, wie man feiert?”
Du verdrehst die Augen: »Zeig mir einfach zehn Möglichkeiten. Und dieses Mal keine Disco-Serifen.« Vorbei sind die Zeiten der klobigen, künstlich generierten Schriften, die nur mit Mühe konsistente, hochwertige Designs hervorbringen. Lizenzierungsprobleme? Ein Ding der Vergangenheit. Die KI des Jahres 2028 präsentiert mehrsprachige, einfallsreiche Schriftfamilien, bei denen jede Glyphe bis zur Perfektion ausgearbeitet ist. Aber Perfektion ist nicht ohne Tücken.
Während TypeMaster3000 seine sofort generierten Schriftoptionen ausrollt, scheint jedes Design einen Hauch von deinem letzten Urlaub am Meer zu haben. Es gibt die Sandy Serif und die Desert Island Display. Du seufzt. »Weniger Strand, mehr Business, bitte.« »Verstanden«, zwitschert TypeMaster3000. »Ich schalte zurück in den Unternehmensmodus.«
Du entdeckst eine Schrift, die dir gefällt, und mit einem Fingertipp fügt sie sich in dein Design ein, wobei sie proportional und positionell so ausgerichtet wird, als wäre sie schon immer dort vorgesehen gewesen.
KI steuern
Auch wenn TypeMaster 3000 noch Zukunftsmusik ist, kommen wird ein KI-gesteuerter Wandel in der Typografie sicherlich. Filip Paldia und Jamie Clarke finden es deshalb außerordentlich wichtig, diesen Wandel nicht nur zu akzeptieren, sondern zu steuern, indem wir unser Fachwissen, Geschmack und Urteilsvermögen einsetzen. »Gemeinsam müssen wir die Integration von KI in die Typografie so lenken, dass sie nicht nur automatisiert, sondern verbessert. Unser Ziel ist eine dynamische, präzise und kontextabhängige Typografie, die über den statischen Nutzen von Schriftarten hinausgeht.« Wird die KI mit kollektiver Kreativität und Erkenntnissen gesteuert, würde sie nicht nur die Kreativität steigern, sondern auch die Designstandards erhöhen und die gesamte Zivilisation bereichern.
Abbildung aus »Smashing Magazine« vom 23. Januar 2024.