Ob Packaging, Geschäftsbericht oder Lizenzbedingungen in der App – überall dort, wo viel Text auf wenig Platz trifft, kommt es für gute Lesbarkeit ganz besonders auf die Wahl der richtigen Schrift an. Was solche Fonts können müssen und welche Ausstattung sie haben sollten – so findet man richtige Schrift für Anwendungen mit wenig Platz
»Meine Augen werden immer besser statt schlechter«, freute sich meine 60-jährige Schwester, als sie mir flüssig und ohne Brille die in Weiß auf rotes Plastik gedruckten Inhaltsstoffe auf einer Kosmetikverpackung vorlas. Schön für sie, es könnte allerdings auch daran liegen, dass Designer:innen sich vermehrt um die ganz kleine Typo kümmern und versuchen, sie so lesbar wie möglich zu gestalten. Am einfachsten ist es, fürs Kleingedruckte von vornherein eine Schrift einzusetzen, die dafür geeignet oder sogar eigens für kleine Texte konzipiert ist.
»Oft können wir als Gestalter die Typo aber gar nicht frei wählen, weil der Kunde schon eine Hausschrift hat, an die wir gebunden sind«, sagt Frederik Wilken, Creative Director bei wirDesign in Braunschweig. »In diesem Fall kann man aber mit einer besseren Zurichtung viel erreichen, indem man etwa einen etwas fetteren Schnitt wählt – Medium statt Regular – und die Laufweite erhöht.« Hilfreich kann es auch sein, das Medium zu wechseln. »Barrierefreiheit wird immer wichtiger«, so Wilken. »Damit auch Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen die 5 Punkt großen AGB im Anhang des Briefbogens lesen können, kann man etwa einen QR-Code danebendrucken, um so eine Brücke ins Digitale zu bauen, wo sich die Schrift auf dem Bildschirm entsprechend vergrößern lässt.« Damit man einschätzen kann, ob ein Font in kleinen Graden funktioniert, empfiehlt der Designer, die Minuskeln genau unter die Lupe zu nehmen. »Besonders das e ist ein guter Gradmesser, denn seine obere Schlaufe läuft bei nicht geeigneten Schriften ganz schnell zu.«
Optische Größen auch für Variable Fonts
Für den eigenen, 2021 redesignten Auftritt entschied sich wirDesign für die Helvetica Now von Monotype. Die 1983 gegründete Agentur wünschte sich einen Klassiker, der mindestens so alt ist wie sie selbst, sich dabei nicht zu wichtig nimmt und natürlich hervorragend lesbar ist. Die 2019 erschienene, komplett überarbeitete Version des Originals von Max Miedinger und Eduard Hoffmann verfügt über drei optische Größen: Micro, Text und Display, die für ihre jeweilige Verwendung optimiert sind.
Die Helvetica Now Micro bietet auch in Texten von 4 bis 7 Punkt Lesekomfort – dank offenerer Formen, breiterer Lettern, einer größeren Mittellänge und großzügigerer Buchstabenabstände. »Gerade in der Geschäftsausstattung, in Präsentationen und in Formularen ist der Einsatz einer Schrift mit optischen Größen sinnvoll«, sagt Frederik Wilken. »Unternehmen aus der Finanz- oder Versicherungsbranche etwa verschicken oft Briefe mit umfangreichen AGB und seitenlangen Formularen. Eine Schrift, die in 4 Punkt so lesbar ist wie eine andere in 6 Punkt, kann einen großen Unterschied hinsichtlich der zu druckenden Seiten und damit der Portokosten machen.«
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