Rüdiger Schlömers Knit Grotesk ist nicht nur vom Stricken inspiriert, man kann ihre Buchstaben tatsächlich auch wunderbar stricken. Wir zeigen das Making-of …
»Etwas so Formvollendetes und Elegantes wie eine Futura auf einen Bitmap-Font herunterzubrechen ist eigentlich eine unmögliche Aufgabe – dieser Ansatz hat mich an der Futur X fasziniert«, sagt der Designer Rüdiger Schlömer, Leiter der Visuellen Kommunikation des Museums Rietberg in Zürich. Für sein 2018 bei Hermann Schmidt erschienenes Buch »Pixel, Patch und Pattern« hatte er einige strickbare Schriften gesammelt, darunter auch die Low-Res-Futura-Adaption des Designstudios Laucke Siebein.
Das A der Futur X hatte er damals in Hebemaschentechnik gestrickt, und im dafür erstellten Strickmuster entdeckte der Designer ganz eigene typografische Details wie zum Beispiel die unterbrochenen Linien, die durch das Doppelreihenprinzip beim Hebemaschenstricken entstehen. Jetzt wollte er auf dieser Basis eine Fontfamilie entwickeln, die sich sowohl grafisch nutzen als auch stricken lässt.
PROJEKT Gestaltung der Knit Grotesk als Strickschrift und als OpenType-Font DESIGNERRüdiger Schlömer, Zürich FOUNDRYNouvelle Noire, Zürich TOOLS Illustrator, Glyphs (OpenType-Font), Karopapier, Stricknadeln, Wolle (Strickschrift) ZEITRAUM Herbst 2019 bis Frühjahr 2023
Vektoren und Wolle
Ein Faible für Buchstaben und textile Strukturen hat Rüdiger Schlömer schon lange. Zum Stricken kam er durch das Projekt »Schalalala« anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, bei dem Fanschal-Originale digital remixt und einige davon nachgestrickt wurden. »Typografisches Stricken ist Denksport«, erklärt der 44-Jährige, »es erfordert ein ständiges Übersetzen zwischen dem physischen Strickprozess, grafischer Notation und dem visuellen Ergebnis.« Anton Studer von der Foundry Nouvelle Noire in Zürich erkannte das in den Strickbuchstaben schlummernde Potenzial für einen OpenType-Font und überzeugte Schlömer, das Projekt Knit Grotesk anzugehen.