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Neue Modelle der Schriftlizenzierung erobern den Markt

Nutzungsrechte kaufen, mieten oder Modelle kombinieren – wir zeigen Vor- und Nachteile …

Anders als bei Software, wo uns das Abomodell quasi aufgezwungen wird, stehen bei Fonts alle Möglichkeiten offen. Der Anwender kann frei entscheiden, ob er die Nutzungsrechte für eine Schrift – ganz klassisch – einmalig kaufen möchte, ob er sie für einen gewissen Zeitraum mieten oder aber beide Modelle kombinieren will – oder ob er sich gleich eine Lösung maßschneidern lässt. Eines gilt allerdings für jede dieser Varianten: Das Lesen der Lizenzbedingungen ist Pflicht.

Kaufen

Das älteste Lizenzmodell ist noch immer weit verbreitet: einmal lizenziert, ewig nutzen – oder zumindest so lange, bis das Format nicht mehr unterstützt wird. Was man mit der Schrift anstellen darf, ist von Foundry zu Foundry jedoch sehr unterschiedlich. Die FontFont-Library gestattet etwa nicht nur die Ausgabe auf Papier und das Erstellen von Druckvorlagen, sondern auch das Einbetten der Fontdateien in PDFs und E-Books. Andere Foundries haben für jede Anwendung eigene Regeln, die Verwirrung bei Nutzern ist oft groß.

Einen neuen Weg der Schriftlizenzierung geht Carrois Apostrophe. Weil das sechsköpfige Team um Ralph du Carrois separate Print- und Weblizenzen nicht zeitgemäß findet, heißt es bei ihnen: One For All (OFA). Der Nutzer kann zwischen sechs Lizenzvolumen von S bis XXL wählen. Ganz einfach. Wer mehr oder andere Pakete braucht, bekommt diese maßgeschneidert auf Anfrage.

»OFA ist aus Überzeugung heraus entstanden, aber auch aus einer techni­schen Notwendigkeit«

erklärt Ralph du Carrois. »Denn es ist auch eine Möglichkeit, komplizierte Check-out-Prozesse mit vielen Kaufvarianten zu umgehen. Wir arbeiten nämlich mit einem Standard-Shopsystem, das wir gut handeln können.«

Aus Typedesigner-Sicht:
Ob sich das anwenderfreund­liche und flexible OFA-System auch für Carrois Apostrophe rechnet, wird sich zeigen. Die Produktionskos­ten verringerten die Designer zum Beispiel, indem sie manuelles TrueType-Hinting nur auf Wunsch anbieten, immer bessere Displays und Rendering-Engines könn­ten dies ohnehin bald obsolet machen. Die gesparte Zeit nutzen sie lieber, um an Updates zu arbeiten, denn sie betrachten digitale Schriften als Software – und diese ist updatefähig.

Schriften selbst zu verkaufen hat den Vorteil, dass der Erlös komplett beim Urheber bleibt. Doch den Aufwand, eine funktionierende Verkaufsplattform aufzubauen, darf man nicht unterschätzen. Auch fehlt es kleineren Foundries oft an Marketing-Know-how, da sind größere Anbieter wie Monotype, aber auch HypeForType oder YouWorkForThem, die den Typedesignern in der Regel zwischen 25 und 35 Prozent des Erlöses zahlen, oft einen Schritt voraus.

Mieten

Wer für wenig Geld auf Tausende von Schriften zugreifen möchte, ist mit Abomodellen gut bedient. Mit dem Monotype Library Abonnement bekommt man für rund 10 Euro monatlich (120 Euro im Jahr) Zugriff auf etwa 2200 Schriftfamilien und kann diese für Web und Print nutzen. Jeder Font lässt sich für eine Stunde kostenlos ausprobieren. Enthalten sind Schriften aus den Schriftbibliotheken von Monotype, Linotype, ITC, Bitstream und Ascender, inklusive legendärer Schriftfamilien wie Helvetica, Avenir, Gill Sans oder Frutiger. Sobald diese Quellen neue Fonts herausgeben, wird Ihr Abonnement aktualisiert. Das Abomodell bietet den Vorteil, viel ausprobieren zu können, etwa für Pitches und Mockups.

Wer die Creative Cloud abonniert hat, bekommt auto­matisch Zugang zum Portfolio-Plan von Adobe Type­kit, der sonst etwa 50 Dollar im Jahr kostet. Dieser umfasst tausende Desktop- und Web-Fonts. Darun­ter Schriften vieler bekannter Foundries wie Emigre, FontFont, BuroDestruct, TypeTogether oder HVD Fonts, aber kaum Klassiker. Installierte Schriften kann man nicht nur in Adobe-Programmen nutzen, sondern zum Beispiel auch in Microsoft-Office-Anwendungen.

Vor allem bei Web-Fonts sollte man allerdings daran denken, was passiert, wenn man das Abo kündigt, die Schriften stehen dann nämlich nicht mehr zur Verfügung. Wenn also ein Designbüro für alle Kunden die Ver­waltung der Schriften übernimmt und sein Nut­zer­kon­to schließt, kann es zu Ärger kommen, da die Schrif­ten auf den Webseiten nicht mehr dargestellt werden.

Aus Typedesigner-Sicht:
So schön Abomodelle für Anwender sind, sie gehen auf Kosten der Urheber. Denn die prozentuelle Beteiligung ist deutlich geringer als bei klassischen Lizenzen.

Erst mieten, dann behalten

Einen Mix aus Abo und Kauf bietet die vor knapp drei Jahren von Peter Bil’ak, Ondrej Jób und Andrej Krátky vorgestellte Desktop-App Fontstand. Mit ihr kann man bis zu zehn Fonts am Tag eine Stunde lang auf dem eige­nen Rechner in jeder Anwendung testen. Ist man von einer Schrift überzeugt (oder auch von mehreren), kann man diese monatsweise mieten – für 10 Prozent des regulären Preises. Für einen Aufpreis von 2 Prozent kann man sie mit einem anderen Fontstand-Nutzer teilen – gut für Gestalterteams, die nicht im selben Büro sitzen. Wer eine Schrift zwölf Monate am Stück mietet, hat sie abbezahlt, die Miet- wird zur normalen Desktop-Lizenz.

Seit Kurzem kann man Fontstand-Schriften auch im Web nutzen, die monatliche Miete für den Desktop-Font umfasst bis zu 10.000 Page Views. Für 2 Prozent mehr er­höhen sich die Seitenaufrufe auf 100.000. Behält man nach einem Jahr den Font, kann man ihn für monatlich 10.000 Seitenzugriffe weiter im Web nutzen. Momentan lässt sich bei Fontstand zwischen mehr als 1200 Schrift­familien von 48 Foundries wählen, das Angebot erweitert sich langsam, aber stetig.

Aus Typedesigner-Sicht:
Für Schriftgestalter ist Fontstand eine gute Möglichkeit, ihre Schriften in den Markt einzuführen, zumal das Unternehmen mit 50 Prozent ei­nen vergleichsweise hohen Anteil an sie zahlt. Kommt der Kunde von der jeweiligen Foundry- oder Typedesigner-Website zu Fontstand, sind es sogar 70 Prozent.

Statements aus der Branche zum Thema Abomodelle

Alles, was es einfacher macht, Schriften zu verwenden, ist gut
Ein Kommentar zum Thema Abomodelle von Erik Spiekermann, Schriftgestalter und Autor aus Berlin

Ist Fontstand eine faire Alternative?
Ein Kommentar zum Thema Abomodelle von Ludwig Übele, Typedesigner aus Berlin

 

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