Im Internet of Things muss Schrift ganz schön was aushalten. Umso wichtiger, bei smarten Anwendungen besonderes Augenmerk auf die Typografie zu legen!
Zugegeben, beim Thema Internet der Dinge denken nur wenige sofort an Typografie. Eher an Alexa oder Siri und herumfuchtelnde Menschen, die ihre Geräte mittels Gesten steuern. Wichtig ist Typografie trotzdem, davon ist Marlene Rudolph, UX-Designerin bei giinco und Verfasserin der Masterarbeit »Die Rolle der Typografie im Internet der Dinge«, überzeugt: »Viele smarte Anwendungen werden über Apps gesteuert und ausgewertet, da spielt Schrift eine große Rolle. Sprach- und Gestensteuerung mag zu Hause gut und schön sein, aber im Bus oder auf der Straße ist die Kommunikation mittels Text in der Regel der bessere Weg: klar, leise und privat.«
Die meisten Apps sind typografisch auf recht gutem Niveau – anders die diversen Displays, die mit weniger Raum und Speicherkapazität auskommen müssen. Viele Spül-, Wasch- und Kaffeemaschinen setzen nach wie vor Pixelfonts ein – nicht gut, wenn man einen konsistenten Unternehmensauftritt anstrebt. Bosch ist da einen Schritt weiter. Ob vernetzte Rauchmelder, Heizungsthermostate, Rasenmähroboter oder Überwachungskameras: Auf den Displays erscheint stets die 2005 von Erik Spiekermann und Christian Schwartz gestaltete Bosch Sans. »Sie dominiert die Interaktion am Display und bestimmt auch dessen Ästhetik«, erklärt Christoph Ortmann, Head of User Interface Design bei der Robert Bosch Hausgeräte GmbH. »Die Schrift soll unsere Markenwerte Präzision und Simplicity transportieren. Deswegen verwenden wir auf den Screens ausschließlich den Light-Schnitt, er vermittelt Exaktheit und Leichtigkeit, ist besonders klar und leserlich.« Möglich wird das durch die grafischen User Interfaces, die mit TFTDisplays ausgestattet sind, sodass sich Grafiken und eben auch Outline-Fonts darstellen lassen.
Schriften werden smart
Im Internet of Things gibt es viele neue Medien, die – über den Bildschirm hinaus – Anforderungen an die Typografie stellen. »Wir müssen flexible Systeme entwickeln, mit denen Interfaces und die Fonts selbst auf diese Herausforderungen reagieren können«, so Marlene Rudolph. »Da bieten sich variable Fonts an, die man künftig mit Sensoren koppeln könnte, sodass sie sich automatisch an bestimmte Einflussfaktoren anpassen.« Ein interaktives Schaufenster könnte dann beispielsweise ermitteln, wo ein Betrachter steht oder wie das Umgebungslicht ist, und die Schrift bestmöglich darstellen. »Dazu bräuchte man einen Abstandsmesser und eine Kamera «, so die UX-Designerin, »außerdem einen variablen Font mit den Designachsen Entfernung und Umgebungslicht. Wenn es draußen dämmrig ist, würde sich der Font anpassen und für gute Lesbarkeit in jeder Situation sorgen.« Eine Designachse Entfernung könnte zum Beispiel aus optischer Größe und Kontrast aufgebaut sein, die Achse Umgebungslicht aus Kontrast und Strichstärke. »Aus der Kombination von vorhandenen Designachsen könnten so völlig neue en stehen. Und genau diese werden für das Internet of Things gebraucht«, so Marlene Rudolph.
Noch viel mehr Infos und weitere Projekte zum Thema Typografie im Internet of Things finden Sie in PAGE 5.2019, die Sie hier bestellen können.
Das ist Design wert! ++ UX Design: Typo fürs Internet of Things ++ CD/CI: Designkonzepte effektiv einführen ++ TDC New York ++ Kollaborationstools & die DSGVO ++ Teambuilding
Moderne Interfaces wie dieses am Bosch- Backofen nutzen TFTDisplays, die auch Outline- Fonts und somit die Unternehmensschrift darstellen können.
In ihrer Bachelorarbeit beschäftigte sich Lisa Reckeweg mit der Frage, auf welche äußeren Einflüsse variable Schriften reagieren können. Für vier Faktoren – Umgebungshelligkeit- und -lautstärke, Tonfall einer Aussage sowie Position des Betrachters – gestaltete sie diese Plakate in HTML, CSS und JavaScript.
Der variable Font Step Counter, den Marlene Rudolph für ihre Masterarbeit entwickelte, reagiert auf die Landessprache. Je nach Wortlänge läuft er enger oder weiter.
Mit einer Skizzensammlung stellt Marlene Rudolph die Vorteile von smarten Fonts fürs Internet der Dinge dar. Sie können zum Beispiel für einen konsistenten Unternehmensauftritt sorgen, auf die Umgebungssituation reagieren oder Barrierefreiheit herstellen, indem sie auf die Sehschärfe und den Betrachtungsabstand etwa von Museumsbesuchern Rücksicht nehmen.