PAGE online

Atilla Korap im Interview

Der Font-Spezialist spricht im PAGE-Interview über die neue Technologie Monotype Spark, die sich für Smart Watches genauso einsetzen lässt wie für das Internet of Things oder Connected Cars.

Atilla Korap

Atilla Korap arbeitet seit mehr als 14 Jahren bei der Monotype GmbH (ehemals Linotype) in Bad Homburg. In den ersten Jahren als Font Engineer, ab 2008 für mehrere Jahre als Leiter der Font Entwicklung. Seit August 2013 ist er im Bereich Rapid Response/Customer Engagement tätig. Nebenbei spielt er Gitarre und singt in der Band Komaläufer. Wir fragten ihn, warum Spark für unsere Displays ein Segen ist.

PAGE: Warum kommt Spark gerade jetzt?

Atilla Korap: Weil heute alles vernetzt ist. Man weiß plötzlich nicht mehr, wo und in welcher Sprache Inhalte herkommen. Das heißt, ein System, egal ob im Auto, in einer Uhr oder einem Telefon, muss robust und flexibel sein, sonst sehen wir nur seltsame Zeichen oder Informationen, deren Sinn sich verändert. Dabei ist es wichtig, dass man Standards wie Unicode unterstützt und keine proprietären Lösungen baut, die zwar in sich funktionieren, bei der Kommunikation mit der Außenwelt aber versagen. Die meisten Bitmap-basierten Systeme sind zu statisch. Mit Spark kommt Flexibilität in diese Systeme.

Also nicht, weil die Technik jetzt erst möglich ist?

Die technischen Hürden gibt es längst nicht mehr. Aber da Bitmap-Schriften lange gut genug funktioniert haben, war der Bedarf nicht da. Weil einzelne Komponenten günstiger wurden, kam Bewegung ins Spiel. Zum Beispiel ist immer noch nur begrenzter Speicher und begrenzte Rechenleistung möglich, aber das Display kann schon tausende Farben darstellen. Eine Schrift dann nur in Schwarz-Weiß darzustellen, lässt einen mit dem Gefühl zurück: Hmmm, da nutze ich die ganzen Möglichkeiten gar nicht.

Ist Spark »nur« eine Frage der Ästhetik oder gibt es auch andere Gründe, wie zum Beispiel Lesbarkeit, die für den Einsatz der SparkTypes sprechen?

Eine Frage der Ästhetik ist es in jedem Fall, weil es Gestaltungsspielräume eröffnet. Ich kann jetzt ein Mockup mit der Schrift erstellen und muss mich nicht damit abfinden, dass alles in einer Punktgröße dargestellt werden muss.

Das ist essenziell. Man muss sich nur vorstellen, was auf so einem Display dargestellt werden soll. In einem Auto zum Beispiel die aktuelle Geschwindigkeit, daneben die verbleibende Reichweite des Tanks und unten drunter läuft der Titel der aktuellen MP3 über den Bildschirm. Natürlich sollten die wirklich wichtigen Dinge leichter zu erkennen sein.

Wer ist die Zielgruppe, vor allem die Autoindustrie?

Nein, nicht nur. Wir erleben den Umschwung von Bitmapfonts zu skalierbaren Lösungen immer wieder. Bei Mobiltelefonen zum Beispiel ist das bereits einige Jahre her. In anderen Bereichen steht es kurz bevor und hat vor allem mit der Vernetzung und den oben genannten Gründen zu tun.

Viele Autohersteller möchten umsteigen, aber auch Hersteller von Wearables, medizinischen Geräten, weißer Ware et cetera. Im Prinzip alle Geräte, für die es immer attraktiver wird, variierende Inhalte darzustellen. Und zwar so darzustellen, dass sie auch nach UI-Design-Gesichtspunkten funktionieren. Man gewinnt an Freiheit, ohne dass die Kosten für die Komponenten steigen.

In welcher Hinsicht sind die Fonts optimiert, wie unterscheiden sie sich von »normalen« Schriften?

In die Fonts sind spezielle kleine Hinting-Befehle eingebaut, mit denen sich die Ausgabe der Zeichen pixelgenau für jede Punktgröße steuern lässt. Diese Befehle benötigt die Spark Software, um richtig interpretiert zu werden.

Für die Layout-Features der komplexen Schriftsysteme wie Arabisch, Thai, et cetera gibt es derzeit zwei Möglichkeiten: OpenType-Layout-Features und Apple-Advanced-Typography-Features. Spark nutzt Letztere, weil sie weniger Speicher benötigen. Aber beides sind offene Standards und können von jedem erstellt werden.

Was ist die Rolle der Designer bei den neuen Displays? Haben sie überhaupt eine?

Spark funktioniert auf jedem Display und auf den meisten Plattformen. Es befreit das Design ein Stück weit von den Abhängigkeiten zu den Systemressourcen. Unterschiedliche Schriftgrößen sind jetzt ohne großen Speicherverlust möglich. Es sollte die Spannungen zwischen Designer und Techniker – falls es so etwas überhaupt gibt – ein wenig entspannen.

Ist es nicht wahnsinnig kompliziert, so komplexe Skripte wie Chinesisch oder Arabisch auf so kleine Dislplays zu bringen?

Man muss zwei Arten von Komplexität unterscheiden. Im Bereich CJK besteht die größte Komplexität darin, dass es so unglaublich viele Zeichen gibt. Bei einem normalen chinesischen Font hat man es immer gleich mit mehreren tausend Zeichen zu tun. Der Rest ist ziemlich einfach: Jedes Zeichen ist kodiert und über seinen Unicode direkt zugänglich. Eine andere Schwierigkeit im Bereich CJK sind Zeichen mit vielen Strichen. Manchmal reicht die Pixelanzahl nicht, um alle Querstriche getrennt voneinander darzustellen. Sparkhints erlauben es aber, das pixelgenau zu kontrollieren.

Anders verhält es sich mit Schriftsystemen wie Arabisch, Thai und den verschiedenen indischen Schriftsprachen. Hier reicht es nicht, jedes Zeichen zu kodieren, denn je nach Kontext verändert sich seine Form oder Position. Entsprechend gibt es in diesen Fonts etliche Varianten für jedes Zeichen und auch Zusammenschlüsse möglicher Zeichenkombinationen.

Im Font stehen dann Regeln, die, abhängig vom getippten/angezeigten Kontext, die Form oder Position eines Zeichens verändern.

Richtet sich die Spark-Testwebsite mehr an Entwickler oder an Gestalter?

Sie richtet sich an Entwickler, Projektmanager und Gestalter. Der Entwickler weiß jetzt, dass er nicht mehr an Bitmaps gebunden ist. Er muss sich nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, wie er komplexe Schriftsysteme unterstützt.

Den Projektmanager wird interessieren, dass seine Plattform gar kein Update benötigt, um skalierbare Schriften zu unterstützen. Bei großen OEM-Projekten ist das ein relevanter Faktor.

Und der Gestalter weiß jetzt, dass er größere Freiheit beim HMI-Design hat. Er hat nun nicht mehr die Beschränkung auf eine Punktgröße und durch die bereits existierenden Spark Fonts schon eine breite Unterstützung verschiedener Sprachen.

Welche Schriften kann ich mit Spark verwenden?

Zu Spark gehören unter anderem Klassiker wie Avenir, Frutiger, Helvetica oder Univers. Außerdem lässt sich jede beliebige Schrift auf Wunsch und relativ einfach mit Spark Hints versehen.

Produkt: Download PAGE - Type Foundries gründen - kostenlos
Download PAGE - Type Foundries gründen - kostenlos
Report: Existenzgründung im Bereich Type Foundries – Marketing, Lizenzfragen, Kundenpflege, Rechtsformen, Versicherung

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren