
Packaging Design: Mockup-Methoden von 2D bis 3D
Scribbeln, gestalten, basteln, 3D-drucken, rendern – Mock-up-Methoden fürs Packaging Design gibt es viele. Welche Vorgehensweise wann passt, orientiert sich an den verschiedenen Phasen des Gestaltungsprozesses



Da der Kunde meist auch Zwischenschritte sehen will, gestalten die Designer selten gleich das ganze Packaging. Häufig präsentieren sie zunächst die Vorderseite als 3D-Darstellung. »Das hilft dabei, Inhalte sinnvoll zu platzieren und die Versuchung abzuwenden, alles auf der Vorderseite zeigen zu wollen«, erklärt Daniele Gasparini. In dieser Phase beschränkt sich die Agentur auf in Dimension erstellte Visualisierungen. Fotorealistische High-Quality-Renderings produziert sie erst, wenn das Design endgültig feststeht, diese kommen dann auch auf der Website des Kunden, in Social Media oder in Kampagnen zum Einsatz.
In der Formentwicklung zählt die Haptik
Bei der von Florian Schaake und seinem Team entwickelten neuen Mezzo-Mix-Flasche standen ebenfalls Moodcharts und Handskizzen mit ersten Formentwürfen am Anfang. Es folgte die Gestaltung der Flasche in den 3D-Programmen Rhino und Cinema 4D. »Zum einen sind diese CAD-Konstruktionen visuelle Mock-ups – mit denen wir in der Agentur die Wände vollpinnen, um Varianten auszuwählen –, zum anderen dienen sie der konkreten Definition der Form unter Berücksichtigung aller technischen Restriktionen«, erklärt Schaake.





Im nächsten Schritt produzierte das Team im agentureigenen 3D-Drucker eine Reihe von Arbeitsmodellen. »Wir haben bestimmt zehn verschiedene gedruckt, um herauszufinden, wie etwa die Riffelstruktur gestaltet sein muss, um gut auszusehen und angenehm in der Hand zu liegen. Bei solchen haptischen und ergonomischen Fragen reichen 3D-Visualisierungen naturgemäß nicht aus«, so Florian Schaake. Wenn die Form steht, beginnen die Designer mit den High-Quality-Renderings, die das Objekt samt Etikett mit seinen Material- und Oberflächeneigenschaften fotorealistisch darstellen. Hier können auch Animationen ins Spiel kommen. »Wenn wir das Objekt ohnehin in 3D generiert haben, ist der Schritt zum Bewegtbild gar nicht mehr so groß. Dadurch bekommt der Kunde noch einmal einen etwas anderen, umfassenderen Eindruck und kann das Produkt von allen Seiten betrachten.«
Am Ende steht ein 1 : 1-Modell, erweitert um die haptische Dimension – in der Regel in Form eines 3D-Drucks. »Vielleicht gibt es noch zwei Varianten und für die endgültige Entscheidung möchte der Kunde sie gern in die Hand nehmen«, sagt Florian Schaake.
Erst durch die Haptik und den realen Eindruck werden alle Sinne angesprochen, die für die Beurteilung des Produkts relevant sind.
Von einem Mock-up mag er hier aber eigentlich nicht mehr sprechen, für ihn ist es mehr eine realitätsgetreue Produktsimulation.
Physische Dummys: Muster zum Anfassen
Auch physische Dummys zählen zu den Mock-ups, bei der Peter Schmidt Group verwendet man diese Begriffe synonym – schließlich sind beides Visualisierungen des Arbeitsstands. Gerade im Packaging Design spielen sie eine wichtige Rolle – sei es gebastelt oder aus dem 3D-Drucker. Nur mit ihrer Hilfe lässt sich das Handling einer Verpackung testen. »Bei einer Kartonagenverpackung zum Beispiel macht es einen Riesenunterschied, ob ich einen Stülpdeckel wähle oder sie mit Magneten schließe«, erklärt Florian Schaake. Für solche Ergonomie- und Haptiktests fertigt die Agentur oder der potenzielle Hersteller des späteren Packagings schon frühzeitig im Gestaltungsprozess sogenannte Weißmuster, die genau das sind: komplett weiß, ohne ablenkende grafische Gestaltung.
Da physische Mock-ups Zeit und Geld kosten, beobachten die beiden Designdirektoren, dass Kunden immer häufiger bereit sind, ausschließlich mit 3D-Abbildungen zu arbeiten. Dummys werden aber oft noch gebaut, wenn man Konsumenten befragen will und noch mehrere Designs im Rennen hat. »Dann ist es meist effizienter, drei Packagings auf den Tisch zu stellen«, so Florian Schaake. »Sinnvoll sind sie auch, wenn man etwa die Geschäftsführung überzeugen will, die vielleicht nur sieben Minuten Zeit hat, sich ein Bild von dem Produkt zu machen.«
Klassisches Shooting als Mock-up-Methode versus 3D
Ganz ohne physische Dummys kommt die Designagentur WIN Creating Images mit Hauptsitz in Aachen aus. Was daran liegt, dass sie in erster Linie Designs für Verpackungen entwickelt, etwa für neue Sorten oder einen Relaunch. »Bei einem neuen Projekt ist oft klar, dass es die und die Form mit den und den Maßen wird, und in der Regel haben wir auch schon eine Stanzzeichnung«, berichtet Kreativdirektor Patrick Stöppler. Allerdings arbeiten die Designer lieber mit einem 3D-Objekt. »Bei Joghurtbechern zum Beispiel ist die Stanzform ein lang gezogenes Rechteck, das dann später die Banderole wird. Gestalten wir rein zweidimensional, ist es schwerer, sich vorzustellen, was dann nachher wirklich frontal auf dem Becher zu sehen ist.«

Das erste Mock-up bei WIN ist ein digitales Weißmuster in 3D, das der Form des fertigen Produkts entspricht. Diese Weißmuster fertigen die Designer selbst. Handelt es sich um eine einfache Faltschachtel, geht das in Photoshop: ein Rechteck aufziehen und Licht und Schatten setzen. Im Fall eines Flowpacks – also nicht formstabilen Tüten – oder eines Zylinders ist es dagegen sinnvoll, gleich in Cinema 4D das 3D-Objekt zu bauen, das man später für Präsentationen und Renderings ohnehin braucht. Es gibt aber auch Produkte, die sich in 3D schwieriger umsetzen lassen. Etwa in Kunststoff verpackte Wurstscheiben. »Das klingt zwar simpel, ist mit 3D-Software aber sehr anspruchsvoll. Da ist es leichter, die Verpackung zu fotografieren und dann in Photoshop das Label und die restliche Gestaltung draufzusetzen.«
Das klassische Shooting als Mock-up-Methode hat also noch nicht ausgedient, wird aber von 3D-Visualisierungen zunehmend verdrängt. Auch im Fall der Flowpacks, die WIN für Henry’s Snacks gestaltete. »Als die Muster bei uns ankamen, hatten sie unter dem Transport ein bisschen gelitten. Das hätte fotografische Mock-ups schwierig gemacht und viel Retusche erfordert«, erklärt Patrick Stöppler. Generell eignen sich bei Flowpacks 3D-Visualisierungen besser, weil man hier mehr Kontrolle über die Falten hat. Steht das Design so weit, setzt auch WIN für die Kundenpräsentation auf hochwertige 3D-Renderings. Dafür nutzt die Agentur Cinema 4D im Zusammenspiel mit dem Renderer Redshift, um die Ausgabegeschwindigkeit zu erhöhen.
Alles in 3D: Kosten reduzieren bei Mock-up-Shootings
Mock-up-Shootings gibt es bei der Agentur Packaging Circus aus München nur noch selten. 3D-Darstellungen, so die Gründerinnen Sandra Tennemann und Laura Haberkorn, seien einfach viel flexibler. Um die Kosten klein zu halten, suchen sie zunächst nach fertigen Vorlagen, etwa auf mockupworld.co, free-mockup.com, creativemarket.com oder yellowimages.com. Darauf mappen sie dann ihre Gestaltung und können so dem Kunden ihre Ideen zeigen. Diese Vorlagen taugen aber wirklich nur für die Präsentation der Entwürfe, denn genau die Box, Flasche oder Schachtel, die man sich vorgestellt hat, ist auf den Plattformen nicht zu finden.

Im nächsten Schritt erzeugt Packaging Circus 3D-Mock-ups mit Cinema 4D, 3ds Max und Fusion sowie der Renderingsoftware V-Ray. Zwar ist ein 3D-Rendering aufwendig und damit zunächst teurer als ein Produktshooting, durch seine Flexibilität ist es dann aber letztlich meist doch günstiger. So kann man das Layout, zum Beispiel bei neuen Sorten, schnell anpassen. »Gerade auch für Social Media braucht man ja ständig neues Futter. Es wäre ein Wahnsinn, wenn man dazu jedes Mal wieder Fotos machen müsste«, sagt Sandra Tennemann.

Verpackungen gestalten: Vom Design zur Produktion
Trotz aller Perfektion in 3D, an einem physischen Dummy geht für Sandra Tennemann kein Weg vorbei: »Man kann nicht einfach drauflosproduzieren, sondern muss schon die Materialität und Handhabbarkeit prüfen. Vom Design zur Produktion ist es ein Riesenschritt, der oft unterschätzt wird. Da geht es um die richtigen Druckfarben und -verfahren, Material und Veredelungen. Hier müssen Verpackungstechniker und Gestalter Hand in Hand arbeiten.«
Packaging Circus vereint beide Kompetenzen – Design und produktionstechnisches Know-how – und denkt auch deshalb schon bei der Präsentation von Mock-ups daran, dass sich die Verpackung auch tatsächlich innerhalb des gegebenen Budgetrahmens umsetzen lässt. Das ist nicht selbstverständlich, nicht selten gibt es schöne Mock-ups, die in der Realität nicht funktionieren. Weil sie sich in den Maschinen der Hersteller nicht produzieren lassen oder spezielle Werkzeuge angefertigt werden müssten, die das Budget sprengen würden.
Mehr und mehr Agenturen drängen in den lukrativen Markt des Packaging Designs, nicht immer aber haben sie auch die dafür notwendige Expertise. Denn Produktioner, die es früher in jeder Agentur gab, verschwinden mit der zunehmenden Digitalisierung und aufgrund von Kosteneinsparungen von der Bildfläche. Allen Kreativen, die keine eigene Produktionsabteilung im Haus haben, sei empfohlen, möglichst früh im Gestaltungsprozess mit den Verpackungsherstellern Kontakt aufzunehmen. Dann hält man am Ende auch das Packaging in Händen, das man am Bildschirm gesehen hat.
Mock-ups im Packaging am Beispiel fritz-kola
Puristisch, mit prägnanter Schulter und einigen markanten Details, etwa der Prägung des Markennamens oder der versteckten Botschaft »den Wachen gehört die Welt« im Boden – Superunion Deutschland und Werksdesign entwickelten die 0,2-Liter-Gastro-Flasche für fritz-kola. Bis zur fertigen Flasche waren einige Mock-up-Schritte notwendig:








Webshop für nachhaltige Verpackungen: Aussuchen, gestalten, bestellen
Auf www.suprtrue.com kann man zwischen verschiedenen Verpackungsarten und -größen wählen, Photoshop-Dateien als Mock-ups downloaden und später genau diese Vorlage produzieren lassen

Wer mit Mock-up-Vorlagen von der Stange arbeitet, muss sein Design in der Regel noch mehrfach an die tatsächlichen Produktionsbedingungen der Verpackung anpassen. Für alle, die das vermeiden wollen, arbeitet die Agentur Packaging Circus mit Hochdruck am für Anfang November geplanten Launch von suprtrue.com, einem Webshop für nachhaltige Verpackungen.
Zunächst wählt man dort ein Kartonmodell aus – es gibt verschiedene Faltschachtel-, Beutel- und Dosenformen – und lädt diese Vorlage als Photoshop-Datei herunter. Die Stanzkontur ist in dieses Mock-up integriert, so kann man realistisch mit Proportionen und Maßen gestalten. Außerdem lassen sich verschiedene Labels und zwei Materialien – Graspapier und ein Recyclingkarton – ausprobieren, mit der eigenen Gestaltung versehen und dann Mock-ups für die Präsentation vorm Kunden erstellen. Steht das Design fest, kann man das Muster mit oder ohne Label mit dem eigenen Wunschlayout realisieren lassen, bereits ab einer Menge von 50 Stück. Die Produktion erfolgt in Kooperation mit ausgewählten Partnern aus der DACH-Region.
Darüber hinaus bietet die Website vielfältige Informationen zu Materialien und Druckverfahren, aber auch allgemein zu Recycling und zur Entwicklung neuer Materialien. »Wir versuchen, diese komplexen Themen herunterzubrechen und für Gestalter und Kunden verständlich aufzubereiten«, sagt Packaging-Circus-Gründerin Sandra Tennemann. Gerade Kreative, die zwar mit Packaging Design vertraut sind, nicht aber mit der Herstellung, werden hier sicher hilfreichen Input finden.
Glänzen lassen: Metalliceffekte auf Packaging-Mock-ups
Das Webtool illoom Visualizer erlaubt es, Metalliceffekte auf Packaging-Mock-ups zu simulieren
Dem Kunden vorab demonstrieren, wie gut sich ein paar metallische Highlights auf seiner Kosmetikverpackung machen würden – in Photoshop ist das so gut wie unmöglich. Für den Pigmenthersteller Eckart entwickelte die auf Packaging spezialisierte Designagentur Schawk aus Nürnberg jetzt das Webtool illoom Visualizer, mit dem man genau solche Effekte simulieren kann. Designs aus Photoshop und Illustrator lassen sich ebenso verarbeiten wie PNG-Files. Auch Blender-Dateien kommen infrage, wenn man ein eigenes 3D-Objekt angelegt hat und nicht auf einen der fünf in der Größe veränderbaren Standardkörper zurückgreifen will.
Nach Anmeldung auf https://illoom-visualizer.com und dem Auswählen der Verpackungsform generiert illoom Visualizer eine Stanze, die sich speichern und dann in Gestaltungsprogrammen wie Illustrator oder Photoshop öffnen lässt. Neben der Stanze findet sich die Beschreibung, wie man die Effekte in den Ebenen anlegt. Diese müssen keine expliziten Benennungen oder Strukturen haben – nur die Reihenfolge muss beibehalten werden. Hat man sein Artwork gespeichert und anschließend wieder in illoom Visualizer geladen, erstellt das Tool ein animiertes 3D-Objekt. Über einen Farbkreis lassen sich stufenlos die Farben verändern, man kann die Sättigung erhöhen oder reduzieren oder auch einfach die Standard-Metallicfarben Gold, Silber, Roségold und Kupfer wählen. Hintergrund und Objekt lassen sich einzeln oder auch zusammen einfärben.
»Natürlich könnte man auch ein statisches Mock-up machen«, sagt Andreas Albert, Kreativdirektor bei Schawk, »aber den metallischen Effekt erzielt man nur über die Interaktion mit einer Lichtquelle oder dem Umgebungslicht.« Ist alles fertig, generiert illoom Visualizer bei Klick auf »skip guide« einen Weblink, den man dem Kunden schicken kann. Zum Anschauen braucht dieser nur einen WebGL-fähigen Browser. Wer stattdessen auf »continue« klickt, kann weitere Fragen zur Umsetzung beantworten und wird wenig später per E-Mail von Eckart kontaktiert.
Mit den so erzeugten Mock-ups kann man unkompliziert verschiedene Anmutungen durchspielen, wie sich ein metallischer Farbeffekt auf einem 3D-Packshot machen würde. Aber auch wenn die Mock-ups sehr echt aussehen, sind sie doch keine 1:1-Darstellung, leichte Abweichungen zwischen den Farben auf dem Monitor und den gedruckten muss man hinnehmen. Allerdings sind die Visualizer-Ergebnisse besser als jeder Proof, der Metalliceffekte gar nicht darstellen kann. Nur an der Intuitivität der Benutzerführung könnten die Visualizer-Macher an der ein oder anderen Stelle noch etwas feilen.



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