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Slow-Motion-Spot

Elastique. produzierte einen Slow-Motion-Imagespot für die Automobil-Skulptur, die Mercedes-Benz bei der Detroit Auto Show 2010 präsentierte. Beim Dreh kamen die High-Speed-Kamera Phantom HD Gold und ein spezieller Motion-Control-Arm zum Einsatz.


Elastique. produzierte einen Slow-Motion-Imagespot für die Automobil-Skulptur, die Mercedes-Benz bei der Detroit Auto Show 2010 präsentierte. Beim Dreh kamen die High-Speed-Kamera Phantom HD Gold und ein spezieller Motion-Control-Arm zum Einsatz.

Mehr Kunstobjekt denn Designstu­die für reale Fahrzeuge ist die ungewöhnliche Skulptur, die die Essenz der Mercedes-Formensprache darstellen soll. Sie zeigt einen Automobilkörper in Originalgröße, der sich fließend aus der Ebene heraus entfaltet, als hätte man ihn aus einem großen Metallblock geformt. Auf der Detroit Auto Show wur­de die Präsentation der Skulptur von einem Spot unterstützt, der den Entstehungsprozess und die Formensprache mit Elementen wie Wasser, Feuer und Glasperlen visualisiert. Die bei dem Event federführende PR-Agen­tur Oliver Schrott Kommunikation engagierte die Kölner Agentur Elastique. (www.elastique.de) für die Umsetzung des Imagefilms.

Claudius Nowak, Kreativdirektor bei Oliver Schrott Kommunikation, hatte sich die Skulptur in Sindelfingen an­geschaut und war beeindruckt: »Voll­stän­dig aus Metall getrieben und sil­b­rig glän­zend sieht sie aus, als käme sie aus einer anderen Welt.« Entsprechend abstrakt wirken sollte der Spot, der zum großen Teil aus Detailaufnahmen besteht. Ein 3-D-Objekt der Skulptur in Cinema 4D half in der Konzeptions­pha­se, die visuell spannenden Kame­raper­spektiven zu finden; und mittels Screenshots aus Cinema 4D konnte das Filmteam später beim Dreh die ent­sprechenden Details leicht lokalisieren.

»Wir wollten einen Film machen, bei dem die Elemente mit der Skulptur interagieren und so ihre Form und Li­nien­führung beschreiben«, erläutert Andreas Schimmelpfennig, Regisseur und Geschäftsführer von Elastique. Als beson­deres Stilmittel setzte das Team Hochgeschwindigkeitsaufnahmen ein, bei de­nen ein Modell der Skulptur im Maß­stab 1 : 4 Verwendung fand. Für die Kamerafahrten beim High-Speed-Dreh kam ein programmierbarer Ka­mera­arm zum Einsatz, eine Eigenentwicklung der in Hamburg beheimateten Special-Effects-Firma The Marmalade (www.themarmalade.com) – nach eigenen Angaben der bisher erste dieser Art (Details ebenso wie die Bilder des Spe­zi­al­arms werden streng gehütet, sodass wir sie an dieser Stelle leider nicht zeigen können).

Andreas Schimmelpfennig ist froh, den Spot in Realaufnahmen produziert zu haben. Natürlich ist es auch in 3-D-Programmen möglich, komple­xe Partikel­ani­mationen zu kreieren – und das günstiger als im Realdreh. Das Ergebnis wirkt aber, gerade wenn Wasser im Spiel ist, stets etwas synthetisch. Und genau das galt es bei dem Spot zu vermeiden.


Making of

1. Die Stimmung des Films festlegen
Die Konzeptionsphase begann mit der Planung der Audioebene, die für die Erzeugung von Emotionen grund-
legend ist. Wenn man am Anfang die Musik produziert und die Tonalität festlegt, weiß das ganze Team, vom Kameramann bis zu den Animatoren, wohin die Reise geht. Für die Realisierung der Audioebene war Composer Volker Pannes aus Berlin verantwortlich. Danach näherte sich das Elastique-Team um Designer Thomas von den Driesch mit groben Skizzen und ersten Styleframes, die das Look-and-Feel beschreiben, dem grundsätzlichen Ablauf des Films.


2. Grobes Animatic erstellen
Das Spiel mit den Elementen Wasser und Feuer sowie Luft, abstrakt dargestellt durch winzige Perlen, visualisierten wir in einem Animatic. Allerdings sind wir keine Fans perfekt durchproduzierter Animatics, da das leicht Missverständnisse provoziert. Die Kunden fragen dann: Sind das schon der Look und das Design? Wir bevorzugen einfache Bleistiftzeichnungen. Da weiß jeder sofort: Hier geht es um Struktur, Ablauf und Inhalt. Für den Schnitt und die Standbildanimation verwen­deten wir Final Cut Pro, weil es einen intuitiven Umgang bei geringen Renderzeiten erlaubt. Das Animatic legte die ungefähr angestrebte Shotzahl und Länge des Films fest. Davon ausgehend setzten wir drei Tage für den High-Speed-Dreh an.


3. Spezialeffekte planen und Riggs produzieren
Da es darum ging, Objekte mit außerordentlicher Präzision durch das Bild zu bewegen oder zu schießen, kamen nun die Special-Effects-Experten von The Marmalade ins Spiel: Obwohl sie nur eine Woche Vorbereitungszeit hatten, konnten sie ungewöhnliche Shots umsetzen, etwa Aufnahmen von zwei einzelnen Wassertropfen, die mitten in der Luft kollidieren – und das auf den Millimeter genau immer wieder an derselben Stelle.


4. Slow Motion mit Motion-Control-Arm aufnehmen

Gedreht wurde mit der High-Speed-Kamera Phantom HD Gold und dem Motion-Control-Arm. »Er erlaubt genau definierte Kamerafahrten auch bei Aufnahmen mit 1000 oder 2000 Bildern pro Sekunde«, erklärt The-Marmalade-Geschäftsführer Fiete Girardet. »Der Arm muss sich so schnell bewe­gen, dass auch bei normaler Abspielge­schwindigkeit von 25 Bildern pro Sekunde eine normal schnelle Kamerabewegung sichtbar bleibt. Man kann schon erschrecken, wenn er in einer halben Sekunde zwei Meter Weg zurücklegt.« Die Digital­technik ist bei einem solchen High-Speed-Dreh besonders vorteilhaft, da man nach jedem Take beurteilen kann, ob er gelungen ist oder nicht. Pro Take, der je nach Auflösung im Schnitt 2 Sekunden dauert, entstehen Files mit einer Datenmenge von gut 4 Gigabyte, die die Kamera zwischen­speichert. In der sofort verfügbaren Echtzeit-Preview, die wir an HD-Monitoren beurteilten, entschieden wir, welche Takes wir final sicherten. Die beim Dreh erzeugte Datenmenge belief sich auf gut 1 Terabyte.


5. Gewünschten Filmlook simulieren
Bei einigen Shots erfolgte ein Pre­grading mit einem After-Effects-System direkt am Set. Dabei ging es vor allem um die Simulation des final gewünschten Looks, aber auch um die Überprüfung ver­schiedener Perspektiven, damit sich das real gedrehte Material später optimal mit den geplanten 3-D-Elementen kombinieren ließ. So konnten wir Licht- oder Perspektivkorrekturen direkt vornehmen.


6. Skulptur filmen
Eine  Herausforderung war für The-Marmalade-Kameramann Eike Rieche die stark spiegelnde Skulptur. Bei den vielen Nahaufnahmen musste er darauf achten, dass die Kamera nicht einspiegelt. Daher versteckte er sie in einer schwarzen Molton-Bahn. Der Dreh hat ihm viel Spaß gemacht: »Vor allem hat mich begeistert, dass die Skulptur als Ganzes eine große Spannkraft und Dynamik besitzt, die Detailansichten aber extrem weiche und leichte Linien zeigen, die zum Teil surreal wirken«, erzählt Eike Rieche. Für das Licht-Setup verwen-
dete er vornehmlich ARRI-X-Scheinwerfer mit einer Gesamtleistung von gut 20 000 Watt, die für einzelne Shots zusätzlich geboosted wurden. Nur so gab es für den High-Speed-Dreh genug Licht, um Bilder ohne nennens-werte Bewegungs­unschärfe zu erzeugen.


7. Glitzernde Farbstimmung erzielen
Damit das Material im fertigen Film auch so glitzernd und silbrig wirkt, wie es sich das Team vorgestellt hatte, bearbeitete es WeFadeToGrey in Köln (www.wefadetogrey.de), deren Spezialgebiet die Farb­kor­rektur von digital erzeugtem Filmmaterial ist. In diesem Fall mit folgendem Workflow: Die Phantom-Kamera speichert ihre Daten im Cineon-Format. Die Daten wurden dann mit der Software Glue Tools zur Weiterverarbeitung in DPX-Sequenzen umgewandelt. Dieses echt­zeitoptimierte 10-Bit-Format lässt sich im Assimilate-Scratch-Color-Grading-System von WeFadeToGrey bis zu einer Auflösung von 4K in Echtzeit farbkorrigieren. Dabei sind auch mehrere Farbkorrekturlayer möglich, ohne dass das System seine Echtzeitfähigkeit einbüßt. Das System eignet sich zudem sehr gut als Versionierungstool: So lässt sich sehr schnell zwischen verschiedenen Fertig­stellungszuständen oder Alternativen eines Shots wechseln, was eine Beurteilung im Gesamtkontext extrem erleichtert.


8. 3-D-Objekte ergänzen
Nachdem das Material roh gegradet worden war, fügten schließlich die Animatoren von Deine Freunde (www.deine-freunde.tv), ebenfalls aus Köln, 3-D-Elemente hinzu, beispielsweise den Mercedes-Stern der Skulptur.

(veröffentlicht in PAGE 06.2010)

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