Motion Designer Gabriel Weiß zeigt, wie er die SVG-Illustrationen für den interaktiven Beratungstisch der Zürcher Kantonal Bank in After Effects animiert hat
Der Lusee-Beratungstisch in der neuen Stettbacher ZKB-Filiale basiert auf einem lichtsensiblen Beamer, der auf Lichtunterbrechung durch kleine Holzobjekte reagiert. In unserem Fall repräsentieren die Holzfiguren die verschiedenen Bedürfnisse der Bankkunden, die im Zentrum des Beratungsangebots stehen, wie etwa eine Palme für einen Urlaubswunsch.
Zunächst haben wir mit dem ZKB-Team die Animationen geplant und passende Illustrationen aus unserer Bibliothek ausgewählt. Motive, die uns noch fehlten, etwa ein Globus oder Rechnungsbeleg, haben wir in Illustrator gestaltet und als Vektordateien im 1 : 1-Format angelegt, um der technischen Anforderung einer quadratischen Darstellung auf dem Tisch gerecht zu werden. In unserem Beispiel, der Animation zum Thema Online-Shopping, swipt eine Figur in einem stilisierten Browser durch diverse Produkte und legt am Ende einen Sneaker in den Warenkorb.
1 Illustrationen für die Animation vorbereiten
Um eine Figur in After Effects in Bewegung zu bringen, müssen ihre Arme, Beine, Finger et cetera jeweils separat an einem Skelett mit Gelenken hängen. Das bedeutet, dass wir unsere Illustrationen zunächst in einzelne Formen gesplittet haben. In unserem Beispiel teilen wir den erhobenen Arm der Frau in Unter- und Oberarm, die später getrennt animiert werden. Dazu zerlegen wir die Form in zwei einzelne Vektoren und konstruieren eine Art rundes Gelenk als Überlappung.
Um die einzelnen Assets strukturierter in After Effects importieren zu können, sollte man sie unbedingt auf Ebenen und/oder Gruppen mit Unterebenen aufteilen. Wichtig ist dabei, dass man pro Objekt eine Einheit bildet.
2 After-Effects-Projekt erstellen
Wenn ich eine neue After-Effects-Komposition anlege, achte ich immer darauf, dass sie dieselbe Pixelauflösung hat wie die Illustrationen, die ich importiere. Hilfreich ist hierbei das Illustrator- und After-Effects-Plug-in Overlord, das Vektorebenen und -gruppen aus Illustrator automatisch als Formebenen in After Effects exportiert. Das erspart uns bei so vielen Assets das manuelle Umwandeln.
3 Assets für die Animation anordnen
Jetzt ordnen wir die Formebenen und Assets auf der After-Effects-Timeline an und benennen sie. Es lohnt sich, gegebenenfalls Unterkompositionen für einzelne Assets zu erstellen, um die Hauptkomposition strukturiert und übersichtlich zu halten. Einige Objekte müssen wir noch neu skalieren oder positionieren, damit die Kompositionsfläche in After Effects ausgefüllt wird.
4 Body-Rig: Körper animieren
Damit die Körperteile der Charaktere sich abhängig voneinander bewegen lassen, erzeugen wir zunächst ein Rig. Für einfachere Animationen reicht es, die einzelnen Formebenen aneinanderzuketten und die Ankerpunkte der Objekte an den Gelenkstellen auszurichten. In unserem Fall Schulter, Ellbogen, Handgelenk und Fingerknochen. Anschließend animieren wie die Körperteile mit einzelnen Keyframes.
Für komplexere Animationen, etwa eine gehende Person, empfehlen sich professionelle Rigs mit Walk-Cycle-Funktionen. Um die Charaktere der ZKB zum Laufen zu bringen, verwenden wir das Plug-in Duik.
5 Face-Rig: Mimik erzeugen
Einfaches Augenzwinkern oder eine leichte Drehung setzen wir ohne Rig um und animieren sie in einzelnen Keyframes. Komplexere Gesichtsausdrücke und die Rigs dafür realisieren wir mit Joysticks ’n Sliders. Diese Erweiterung ermöglicht es, Gesichter mit der Maus oder dem Zeichenstift direkt zu manipulieren – was nebenbei einen leichten 3D-Effekt erzeugt.
6 Mikrobewegungen generieren
Für den Zugschalter der Leuchte haben wir den Objektpfad mit seinen Ankerpunkten und Bézierkurven manuell verzerrt. Auch das Browserfenster und die Swipe-Bewegung mit Einkaufswagen und Turnschuh sind Keyframe-basierte Animationen. Details wie der schwingende Rock oder die leicht schaukelnden Blätter der Topfpflanzen entstanden mit dem »CC Bender«-Effekt. Ansonsten arbeiten wir auch viel mit Expressions, mit denen sich Keyframe-unabhängige – also kompositionsübergreifende Animationen wie Wackeln, Schweben oder Drehen – generieren lassen.
7 Animationen exportieren
Die finalen Clips speichern wir als MOV-Dateien mit Alphakanal. So können wir später noch den Kontrast und die Farbwiedergabe der Animationen auf den physischen Steintisch und die Lichtverhältnisse im Raum abstimmen und sie in die eigens programmierte Software des Lusee-Systems integrieren. Als finales Ergebnis fließen unsere Animationen in eine stimmige digitale Experience für die Kunden der Zürcher Kantonalbank ein. Das finale Ergebnis des Shopping-Beispiels sieht man hier:
Und das sind alle finalen Animationen für den Lusee-Tisch.
Als Motion Design Director übernimmt Gabriel Weiß bei allen Animations- und Filmprojekten von KMS TEAM die Art Direction. Außerdem gilt seine Leidenschaft dem »Star Wars«-Universum.
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