Wie kommt es, dass ein Designstudio ein Magazin herausbringt? Gibt es nicht schon genug? Und genug Arbeit sowieso? Was hat die Kreativen von formdusche dazu angetrieben? Wir haben ihnen einige Fragen zu BÄM gestellt.
Braucht es eigentlich noch ein Magazin? Diese Frage stellt sich das Berliner Designstudio formdusche selbst. Und antwortet mit einem Nö. Aber ein Magazin sei nun mal das urvertraute Medium, um sich mit dem zu beschäftigen, was sie interessiert.
Wie das Magazin BÄM entstanden ist, wie sie dabei ihre Leichtigkeit wiedergefunden haben, was das Schöne an Papier – und was ihr Anspruch an das Magazin ist, erzählt formdusche hier.
Wie ist die Idee zu einem eigenen Magazin entstanden? Auf einer Konferenz, beim Feiern oder in ganz anderen Zusammenhängen?
formdusche: Nach einem internen Workshop über Haltung und Werte von formdusche wurde uns schnell klar: Wir wollen wieder selbst ran. Uns interessieren eine Menge Themen, die umherschwirren und die wir in unseren anderen Projekten nicht in der Tiefe bearbeiten können. Um diese festzuhalten, zu ordnen und nutzbar zu machen, schien uns als formdusche ein Magazin genau das richtige Medium.
Wir merkten dann im Prozess schnell, dass wir diese Sammlung von Gedanken und Erkenntnissen nicht nur für uns behalten, sondern gerne teilen wollten, und so begann die Arbeit am BÄM-Magazin. Es tut dem ganzen Team super gut, mal wieder miteinander und nur für uns selber zu arbeiten. Wir haben eine schöne Leichtigkeit wiederentdeckt.
Es heißt, ihr bleibt durch BÄM in Bewegung. Wodurch beim Magazinmachen genau?
Das Reiben an Inhalten und Ästhetiken, der Effekt des unerwarteten Zusammentreffens von Bildern und Ideen, das zu neuen Erkenntnissen oder einfach nur Spaß führt. Magazine sind tolle Verpackungen für sehr diverse Themen. Freies Assoziieren und Recherchieren führt zu Überraschungen. Viel Input durch viele verschiedene Beiträger mit verschiedenen Perspektiven reizt uns. Und die Erkenntnisse fließen dann manchmal direkt, manchmal subtil, manchmal nur unbewusst in unsere anderen kreativen Projekte und Aufträge. Diese Erkenntnisse bringen uns somit inhaltliche, ästhetisch und menschlich weiter. Wer weiß wozu das anfänglich nutzbefreite Wissen über dies oder jenes einmal nützlich sein wird?
Das Format der jeweiligen Magazin-Ausgabe ist vom Thema anhängig. Es kann als Microsite, Plakat, Stickerkampagne oder eben als Magazin erscheinen. So wie die erste Ausgabe zum Thema Sharing. Warum wurde das Thema auf Papier behandelt?
Weil das Rascheln von Papier, der Duft der Druckerschwärze, das schnell Erfassbare einer aufgeschlagenen Doppelseite uns schon immer getriggert hat. Ohne auf die Entschleunigungs-Achtsamkeits-Phrasen zurückfallen zu wollen, aber ein Magazin fordert deine Konzentration anders als ein digitaler Screen, mit seiner Endlosigkeit des Scrollens. Wir digital eingesponnen Wesen wissen den Step back immer wieder aufs Neue zu würdigen. Und man kann Papier besser sammeln! Wir sind allesamt Magazin- und Buch-Junkies und eine Ausgabe #1 sollte anfassbar sein.
Die Themen reichen von Nachhaltigkeit über Typografie zu einer neuen Wahrnehmungsästhetik durch KI. Immer aber auch führt es in eure Agentur, zum Beispiel zu euren Kernwerten. Ist das Magazin eine Form der Selbstdarstellung?
Jede Art der Öffentlichkeit beinhaltet Selbstdarstellung. BÄM ist aber kein kalkulierter Versuch Werbung für uns zu machen, eine Leistungsschau zu veranstalten oder Portfolios zu polieren. Wir beschäftigen uns mit Themen und lassen andere daran teilhaben – am Prozess wie auch an unseren Fazits. Dem einen hilfts bestenfalls, der anderen leider nicht, aber das darf auch so sein. Wir glauben fest an den Wert, Wissen oder Fragen weiterzugeben. Im stillen Kämmerlein zu werkeln hilft womöglich nur dir, aber erst der Austausch mit Anderen ermöglicht wirklich Veränderung. Unser Magazin heißt ja nicht umsonst in aller seiner Vieldeutigkeit »Magazin für Gestaltung« im Untertitel.
Ist es da nicht schwierig, eine kritische journalistische Distanz zu wahren?
Diesen Anspruch verfolgen wir mit BÄM nicht. Wir experimentieren, lassen uns treiben, bereiten unsere Recherchen zwar nach journalistischen und grafischen Standards auf, wollen aber niemanden belehren oder objektiv unterrichten. Nur teilhaben lassen an unseren Erkundungen. Mal oberflächlich, mal tiefschürfend, mal albern, mal ernst. Schlüsse muss jeder für sich selbst ziehen. Wir machen auf unsere Art und Weise Angebote.
Gleichzeitig führt es mit den QR-Codes, die zu verschiedenen Manifesten, die vom Anti-Design des Studio Vernacular über Charles James zu Stefan Sagmeister reichen … Habt ihr schon weitere Themenfelder im Kopf?
Ja, sehr viele. 13 Leute im Team, 13 neue Vorschläge … Aus aktuellem Anlass sind die Themen Macht, Demokratie und Freiheit weit vorn. Mal sehen, was es wird.
Es wirkt so, als wollt ihr eure Tätigkeit gleich mehrfach erweitern, denn ihr habt auch eine Plattform für Nachhaltigkeitstipps geplant. Ist das so? Und wie kam es zu der Idee für die Plattform?
Es ist zunächst eher eine Mini-Plattform und sie ist tatsächlich ein Nebenprodukt, das unsere Erkenntnisse und Recherchen zum Nachhaltigkeitskosmos sammelt. Die Grenzen sind unscharf, es ist recht viel Bewegung drin und aktuell scheint es noch etwas wildstyle, aber studio-intern ist sie bereits ein guter Alltagshelfer, um all die Links, Infos, Zertifikate und Tipps in einer digitalen Sammlung festzuhalten. Wir sind dran und lassen euch gerne wissen, wenn die Site offen online geht.