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Events unter Corona-Bedingungen: Sarah-Christina Fitzke von der Eventagentur sparket im Interview

»Viele der klassischen Eventagenturen sind nicht darauf ausgerichtet, spontan umzudenken und Veranstaltungen digital stattfinden zu lassen.«

InterviewFitzke

Sarah-Christina Fitzke gründete vor einem knappen Jahr mit Sparket eine Eventagentur für Tech-Unternehmen. Als kleine, flexible Firma kann sie sich schnell an die veränderten Bedingungen anpassen und darauf fokussieren, den aktuellen Bedarf für digitale Veranstaltungen zu decken. So organisierte sie gerade die virtuelle Konferenz Future of Events, in der sie Event-Managern Tipps und Hilfestellung gibt, wie man mit der momentanen Situation umgehen kann, wie man als Veranstalter ein geplantes Event in die digitale Welt überträgt und wie es nach Corona dann weitergehen kann.

Vor etwa einem Jahr hast du sparket gegründet. Wie viele Events konntest du realisieren, bevor die Corona-Beschränkungen kamen?

Kurz nach meiner Gründung habe ich die code.talks mit organisiert, eine der größten Entwicklerkonferenzen in Europa. Die Veranstalter kenne ich bereits gut, da ich in meiner vergangenen Position als Event und Marketing Manager bei About You die code.talks verantwortet habe. Darüber hinaus habe ich mit einigen Software Startups im B2B Bereich zusammengearbeitet und für diese kleinere Events organisiert. Side Events für große Branchen-Veranstaltungen sind auch immer sehr gefragt.

Wie viel Prozent deiner Aufträge sind durch Corona weggebrochen und wie schaffst du es, trotzdem optimistisch zu bleiben?

Glücklicherweise sind mir keine Aufträge direkt weggebrochen. Natürlich wurden viele Events nach hinten verschoben. Bei einigen ist es auch noch fraglich, wann diese in der Art, wie sie geplant waren, stattfinden können. Mit den meisten Kunden spreche ich aber darüber, die Veranstaltungen in anderer Form, nämlich virtuell, stattfinden zu lassen.

Was mich und meine Firma angeht, bleibe ich definitiv optimistisch. Ich bin überzeugt, dass man viele Events in die digitale Welt transportieren kann und, dass dort noch viel Potenzial ist. Zudem habe ich auch in der Zeit vor Corona schon Konzepte entwickelt, wie Hybrid-Veranstaltungen aussehen könnten, da ich festgestellt habe, dass die Nachfrage dafür da ist. Allein aus Gründen des Umweltschutzes, sehe ich es als wichtig an, diesen Event Bereich auszubauen und mit regulären Veranstaltungen zu verknüpfen. 

»Wollen Teilnehmer überhaupt bald wieder auf Großveranstaltungen mit tausenden von Gästen oder hat sich das Bewusstsein grundlegend verändert?«

Du sagst, die klassischen Event Agenturen haben die Digitalisierung verschlafen. Ist das hauptsächlich in Deutschland so? Und können Sie das nötige Know-How dafür jetzt so schnell aufholen, dass sie nicht in die Insolvenz rutschen?

Es gibt sicherlich auch Ausreißer, um das Ganze nicht so sehr zu verallgemeinern. Aber es ist Fakt, dass viele Eventagenturen sich auf reine Präsenzevents gestützt haben. Das ist auch kein Wunder, denn es gab in vielen Bereichen einen mehrjährigen regelrechten Boom. Konferenzen und Messen wurden größer, aus klassischen Messen wurden Festivals. Die Durchführung dieser Formate, wie wir sie kennen kennen, ist bis auf unabsehbare Zeit erstmal vorbei und niemand weiß, wie sich die Bereitschaft der Besucher nach der Krise wandelt. Wollen Teilnehmer überhaupt bald wieder auf Großveranstaltungen mit tausenden von Gästen oder hat sich das Bewusstsein grundlegend verändert? 

Leidtragende der Krise und der Transformation der Branche sind nun die, die ihr Geschäftsmodell nicht so leicht umstellen können, wie beispielsweise Messebauer. Eventagenturen sind davon grundsätzlich ausgenommen: sie können ihr Angebot anpassen und Gebrauch von neuen Technologien machen. Viele Agenturen sind aber an interne Strukturen und Prozesse gebunden und müssen zunächst ihr organisatorisches Gerüst komplett umbauen. 

Ergeben sich dadurch auch Chancen für dich und dein Unternehmen?

Momentan sehe ich einen großen Vorteil für sparket. Das Unternehmen ist klein und agil, wir konnten uns schnell an die neuen Rahmenbedingungen anpassen und fokussieren uns nun voll auf den aktuellen Bedarf für digitale Events und die Zeit nach Corona. Dabei steht der primäre Fokus von uns einerseits auf virtuellen Events, andererseits auf der Transformation von traditionellen Events, um in Post-Corona-Zeiten wieder einsatzbereit zu sein. Dabei gibt es viel zu berücksichtigen, wie die nun sicher dauerhaft notwendigen Hygiene- und Social Distancing-Maßnahmen. 

»Eins ist klar: für Post-Corona-Events sind nun ganz andere Kompetenzen gefragt.«

Ist schon abzusehen, wie Events zukünftig stattfinden können?

Eins ist klar: für Post-Corona-Events sind nun ganz andere Kompetenzen gefragt. Man benötigt neue Experten wie Ton-Techniker, die mit Streaming und der Akustik im Homeoffice erfahren sind, sowie Expertise bei Streaming- und Eventplattformen und deren individuellen Anpassungsmöglichkeiten. 

Auch traditionelle in-person Events werden nach Corona eine große Transformation erleben. Man muss sich mit Themen wie speziellen Versicherungsschutz beschäftigen, sowie Hygieniker, Soziologen und Epidemiologen zu Rate ziehen. Was empfehlen die Experten zur Einhaltung der Social Distancing-Maßnahmen, was ist unverzichtbar für einen guten zwischenmenschlichen Austausch und was raten Hygieniker hinsichtlich Einlasskontrollen und Desinfektionsstationen? All das sind Fragen die in der Post-Corona Eventbranche wohl gang und gäbe werden. 

Workshops, Konferenzen, Seminare ok. Aber wie kann ich mir eine digitale Messe vorstellen?

Mit der entsprechenden Technologie können ganze Messehallen digital nachgebaut werden. Jeder virtuelle Messestand besteht dann aus einem 2 oder 3D Modell, welches der Besucher online erkunden kann. Die Teilnehmer können wie bei normalen Messen, die Hallen entdecken, verschiedene Stände besuchen, Konferenzräume betreten oder am Informationsstand Fragen stellen. 

Unternehmen können an ihren Ständen Marketingmaterialien hinterlegen und über eine Chat-Funktion kann der Teilnehmer ein Gespräch mit einem Mitarbeiter des Unternehmens live anfordern. Alternativ können Produktvorführungen auch live in einem Produktionsstudio durchgeführt werden und diese mit dem digitalen Messetand verbunden werden. Viele Anbieter arbeiten inzwischen auch mit Virtual und Augmented Reality. Die Möglichkeiten sind inzwischen nahezu unendlich. 

Wie sehen deine beruflichen Pläne für die nächsten Monate aus?

Ich fokussiere mich zunächst auf virtuelle Events. Das ist für mich einfach umzusetzen, da ich nicht den Ballast der Strukturen einer klassischen Eventagentur trage. Momentan plane ich eine virtuelle Konferenz für die Eventbranche. Diese findet am 14. Mai statt und zeigt auf, wie Unternehmen und Veranstalter digitale Events umsetzen und mit der momentanen Situation umgehen können.

Darüber hinaus stelle ich ein Expertengremium zusammen, um Unternehmen beraten zu können, wie Veranstaltungen nach der Krise sicher und verantwortungsbewusst durchgeführt werden können. Ich denke, man sollte die Krise dafür nutzen, um auch über Corona hinaus umzudenken, geschaffenen Formate beizubehalten und Events allgemein umweltfreundlicher zu gestalten. Dafür bereite ich einen Maßnahmenkatalog vor. 

 

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Dieser Beitrag ist erstmals am 03. Juni 2020 erschienen.

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