Von einer fünfköpfigen Jury ausgewählt und mit 10.000 Euro dotiert: Der Preis der Stiftung Buchkunst wurde gestern Abend in Frankfurt vergeben. Das ausgezeichnete Buch »Holy Smoke« ist ein Erlebnis – und jedes Exemplar ein Unikat.
Schon alleine das Thema lässt staunen. In ihrem Buch »Holy Smoke« stellt Beate Fricke Gefäße vor, in denen »Heiliger Rauch« zubereitet wurde, um Botschaften an höhere Mächte zu senden und Verbindung mit etwas aufzunehmen, das über einem schwebt und größer ist als man selbst.
Und von diesem Rauch erzählt das Buch nicht nur und führt dabei durch die verschiedenen Religionen und Epochen, sondern knüpft in der Gestaltung auch eine besondere Bindung mit den Lesenden.
Dafür sorgt der Schweizer Typograf und Gestalter Kaj Lehmann, der das Buch mit einer glühend orangefarbenen Banderole versehen hat, die sich um dünnes Kohlepapier legt, mit der »Holy Smoke« eingeschlagen ist.
Entfernt man das Kohlepapier, hat man dessen Schwärze an den Fingern und hinterlässt auf dem grauen und makellosen Gewebe des Einbands schwarze Schlieren, Fingerabdrücke und Flecken, während sich Kohlenstaub auf den Schnitt legt.
Das ist ungewohnt und fällt schwer und widerspricht der Sorgfalt, mit der man mit Büchern umgeht. Aber gleichzeitig wird man dadurch Teil des Themas – und verwandelt jedes Exemplar in ein Unikat.
Durchscheinendes Papier und feine Details
Gleichzeitig sind auf den Einband schwarze und poröse Silhouetten von Räuchergefäßen geprägt, die das Thema darüber hinaus haptisch werden lassen. Und die an Holzkohlebröckchen erinnern, wie es von der Autorin Beate Fricke heißt.
Das alles trifft im Buchinneren auf dünnes, leicht durchscheinendes Papier und hoch präsente Abbildungen.
Ihre gedruckte Qualität sei fast verwunderlich, heißt es, und dass selbst polierte Bronze und auch Glasuren auf dem absorbierenden Papier ihren Glanz behalten.
Der Satzspiegel hingegen verschränkt symmetrische mit asymmetrischen Merkmalen. Breite Außen- und Fußstege erinnern an Zeiten, in denen Bücher so intensiv genutzt wurden, dass Buchbinder sie immer neu aufbereiten mussten – und bieten gleichzeitig Raum für die kohleverschmierten Schmutzfinger.
Mutige Buchgestaltung
Der mit 10.000 Euro dotierte Preis der Stiftung Buchkunst wurde gestern Abend im Museum für Angewandte Kunst in Frankfurt am Main vergeben.
»Mit dem Preis der Stiftung Buchkunst sollen mutige Entscheidungen in der Gestaltung und Herstellung gewürdigt
werden«, sagt Geschäftsführerin Birte Kreft. »›Holy Smoke‹ ist dies wunderbar gelungen: Die besondere Verpackung des Buches über religiöses Räucherwerk führt die Leser:innen bereits mit rauchigen Händen zum Inhalt. Ein inspirierendes Beispiel dafür, was mit guten Ideen in der Buchproduktion möglich ist.«
Eine fünfköpfige Jury wählte das preisgekrönte Buch aus den 25 »Schönsten Deutschen Büchern« aus, die im Juni aus
rund 600 Einsendungen hervorgegangen waren.
Erschienen ist »Holy Smoke« im Hirmer Verlag, München. Gestaltung: Kaj Lehmann, Reproduktion: Reproline Mediateam, Herstellung: Zumrad Ilyasova, Rainer Arnold, Druck: Druckerei Vogl, Bindung: Buchbinderei Terbeck, Konfektionierung: CP Chronos Papertime ISBN 978-3-7774-3948-8 | Preis: 49,90 Euro