Im Interview erklärt Suzanne Dean, Creative Director bei Penguin Random House, London, wie man auch für alte Klassiker neue, schöne Cover gestaltet.
Beim Thema schöne Buchcover geht kein Weg an Penguin Books vorbei. Speziell die Umschläge der Reihe Vintage Classics überzeugen durch besonders ästhetisches und inspirierendes Design. Wir fragten Suzanne Dean, Creative Director im Verlag Penguin Random House, nach ihren Lieblingen und wie man es schafft, das Niveau hochzuhalten.
Die Vintage-Classics-Serie existiert seit zehn Jahren. Ist es nicht schwer, für vielfach veröffentlichte Klassiker immer wieder neue, spannende Cover zu gestalten?
Suzanne Dean: Einige haben tatsächlich schon ikonische Titel, da ist es dann eine wirkliche Herausforderung, etwas Neues zu entwickeln, das trotzdem zu den klassischen Texten passt. Ich beauftrage in diesen Fällen gerne einen Illustrator oder Fotografen mit einem unverbrauchten Stil. Das zeigt oft überraschende Ergebnisse. Und wir nahmen uns die Freiheit, das Wort »klassisch« zu erweitern. Wir haben auch zeitgenössische Autoren wie Martin Amis, Ian McEwan oder Salman Rushdie im Programm, die das Potenzial haben, Klassiker zu werden.
Außerdem gibt es die Vintage-Classics-Sondereditionen. Worin unterscheiden sie sich?
Die special editions gehören zu meinen Lieblingsprojekten. Sie sind als Sonderausgaben konzipiert. Jedes Jahr bekomme ich ein neues Thema, sechs Titel und freie Hand. Das Spektrum reicht von Charles Dickens über Jane Austen und Virginia Woolf bis zu »The Russians«. Zur Zeit arbeite ich an zwei neuen Themen: »The Europeans« und Iris Murdoch.
Wie viele Cover gestalten Sie denn gleichzeitig?
Meist ungefähr dreißig, die sich alle in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden.
Wie behält man da den Überblick?
Ich arbeite gerne mit Moodboards, die können dann aber auch durchaus mal so groß sein, dass die Wände meines Büros kaum ausreichen.
Letztes Jahr sorgten vor allem die reduzierten Cover mit den Illustrationen von Noma Bar für Aufsehen. Ist ein prominenter Illustrator ein Erfolgsrezept für ein Buch?
Schaden tut es sicher nicht, aber es ist trotzdem deutlich wichtiger, dass der Gestaltungsstil zum Inhalt des Buches passt. Der Zeitplan bei »The Handmaid’s Tale« war sehr knapp, da fand ich es sinnvoll, mit einem so versierten Illustrator wie Noma Bar zu arbeiten, dessen Stil sich zudem ideal mit meiner eigenen Vorstellung vom Cover deckte. In vielen anderen Fällen arbeite ich sehr gerne auch mit noch unbekannten Kreativen zusammen.
Wo finden Sie die?
Zum Beispiel besuche ich jedes Jahr die Abschlussausstellungen der Hochschulen. An der Londoner Kingston School of Art entdeckten wir die höchst talentierte Illustratorin Charlotte Ager, die dann das Cover für »A Place for Us« illustrierte. Der amerikanische Holzschnittkünstler Bryn Perrott erhielt den Auftrag, das Cover von Tommy Oranges Erstlingsroman »There There« zu gestalten. Diese beiden »neuen« Künstler brachten jede Menge Schwung und frische Energie in unser Verlagsprogramm.
Gibt es einen typisch englischen Stil?
Auf Reisen verbringe ich möglichst viel Zeit in lokalen Buchhandlungen, um zu sehen, wie andere Designer rund um die Welt Cover gestalten. Jedes Land hat seine einzigartige Sicht auf die Dinge, das ist in Großbritannien nicht anders. Trotzdem glaube ich nicht, dass es typisch britische Buchumschläge gibt – es ist ein so vielfältiger Aufgabenbereich.
Haben E-Books die Covergestaltung Ihrer Ansicht nach beeinflusst?
Eigentlich nicht. Der Boom der E-Reader hat ja geradewegs dazu geführt, dass man dem Look-and-feel des physischen Buches wieder viel mehr Beachtung schenkt. Ich bin überzeugt, dass analoge und digitale Bücher auch künftig friedlich nebeneinander existieren werden. Wir machen bei der Gestaltung erstmal keinen Unterschied, prüfen aber natürlich, wie das Cover in kleinen Größen am Screen aussieht und justieren dementsprechend vielleicht noch das ein oder andere Designelement.
Sie gestalten ja nicht alle Buchtitel selbst, was gehört noch zu Ihrem Job?
Meine Aufgabe ist es zum Beispiel auch, mir Gedanken darüber zu machen, welchen ersten Eindruck ein Cover hinterlassen wird. Jedes Buch, an dem ich arbeite, ist für mich ein Einzelstück, ich behandle sie alle individuell. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich sie selbst gestalte oder jemanden beauftrage. Hauptsache, es entsteht ein kreatives, einzigartiges Cover, das das gesamte Wesen des Buches auf einer Seite wiedergibt. Gerade die Formatbeschränkung macht diesen Designbereich ja so spannend. Meine Aufgabe ist es also, dafür zu sorgen, dass bei den Penguin Vintage Classics elegante, zugängliche, experimentelle und überraschende Buchtitel entstehen, die sich dann auch noch gut verkaufen.
Noch viel mehr schönere Buchcover und ein Interview – mit Dr. Andreas Rötzer, Verleger, Matthes & Seitz Berlin lesen Sie in der PAGE 10.2018, die Sie hier bestellen können.
Es ist nicht leicht, für vielfach veröffentlichte Klassiker immer wieder neue Cover zu designen. Penguin gelingt das ausgezeichnet – mit Unterstützung externer Gestalter wie Leanne Shapton, die die Jane-Austen-Serie gestaltete.