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Jetzt im Handel: PAGE 08.2014

Editorial: Fair is foul …

 

Wie haben Sie William Shakespeares »Macbeth« gelesen? Gedruckt, in einem Reclam-Heftchen? Digi­tal, auf Ihrem Handy? Freiwillig oder doch eher ge­zwun­genermaßen? – Sie ahnen sicher schon, worauf ich hinauswill. Genau, auf die perfide SMS-Attacke, mit der ein gewisser Edd Joseph einen betrügeri­schen Online-Händler folterte. Der Grafikdesigner schick­te mal eben Shakespeares gesammelte Wer­ke, in einzel­ne Kurzmitteilungen portioniert, aufs Mobiltelefon seines Opfers. Wie er das anstellte? Er zog den gesamten Text aus dem Internet, kopier­te ihn ins Nach­rich­tenfeld seines iPhones und – Ach­tung, nicht nach­ahmen! – tippte auf »Send«. Den Rest erle­digte die Textnachrichtenfunktion. Sie zerstückelt lan­ge Tex­te automatisch in mehrere SMS. Bei rund 836 200 Wörtern kommen da gut und gerne 29 300 Text­nach­rich­ten à 160 Zeichen zusammen.

Nun, mag der Typograf und Gestalter in uns gedacht haben, Edd Joseph ist eben vom Fach. Lange Texte lassen sich auf einem Handydisplay sowieso nicht lesen. Oder aber: Gib ihm! E-Books sind Gift für die Augen . . . – Und schon sind wir mittendrin im leidigen Thema »Typografie auf digitalen Devi­ces«. Klar, es steht außer Frage, kaum ein klassi­sches Printprodukt wird heute nicht auch digital angeboten; Unternehmenskommunikation findet me­dien­übergreifend statt; wir passen unsere Designs den unterschiedlichsten Ausgabegeräten an. Aber warum nur geben wir uns in Sachen Typografie immer wieder geschlagen? Liefern Retina-Displays nicht längst ein viel besseres Schriftbild als Magazine, Bü­cher oder eben jene Reclam-Bändchen?

Dass auch das Rezipieren langer Texte am Bildschirm und ein über alle Medien hinweg typografisch konsistenter Markenauftritt letztlich nur eine Frage professionellen Typedesigns ist, zeigen wir in unse­rer Titelgeschichte ab Seite 24. Und für den geneig­ten Nachahmer – ja, in diesem Fall ist die Nachahmung ausdrücklich erwünscht! – beantworten wir auch gleich alle Fragen zu Technik, Einbindung und Lizen­zen von Web- und App-Fonts . . . »and foul is fair«!

Gabriele Günder,
Chefredakteurin/Publisher

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