Der deutsche Designer entwirft Bildwelten, die Unsichtbares sichtbar machen. Wir sprachen mit ihm über die Ästhetik des Neuen.
Mit seinem Londoner Studio Thomas Traum schafft der deutsche Designer Thomas Eberwein seit zehn Jahren (bewegte) Bilder für Kunden wie Kenzo, Uniqlo, »Süddeutsche Zeitung« oder das Plattenlabel M.A.N.D.Y. Durch den Einsatz neuer, oft designfremder Techniken und Werkzeuge entwirft er Bildwelten, die bislang Unsichtbares sichtbar machen.
Wir sprachen mit ihm über seinen explorativen digitalen Ansatz, die Überbewertung des Authentischen und die Entwicklung neuer Ästhetiken:
Was zeichnet Ihre Arbeit aus? Thomas Eberwein: Wir schaffen eine virtuelle Welt, einen dreidimensionalen Raum, bei dem allein wir bestimmen, wie er aussieht und was dort passiert. Allerdings ist es mir sehr wichtig, dass sich bei kommerziellen Projekten alles auf das Produkt, die Marke oder die Kollektion bezieht. Ich hasse nichts mehr, als wenn sich Designer als Künstler verstehen und keine Bezugspunkte zum eigentlichen Produkt herstellen. In dem Sinne arbeiten wir sehr klassisch, auch wenn die Methodik innovativ ist.
Auf Ihrer Website wird man mit den Worten »New Images For A New World« begrüßt. Was macht die neuen Bilder, die neue Welt aus?
Ich glaube, dass niemand die moderne oder neue Welt so richtig versteht und dass die menschliche Wahrnehmung hinter der Realität hinterherhinkt. Ein Teil meiner Arbeit besteht darin, Navigationshilfen durch diese neue Welt zu schaffen, in dem ich sie sichtbar mache und ihr eine eigene Bildsprache verleihe. Das Kreieren von neuen Welten und das digitale Reproduzieren von realen Räumen, Objekten und Welten ist unglaublich spannend. Zugleich spielen auch dort ganz handfeste Dinge eine Rolle, zum Beispiel welche Uhrzeit es in einer Szene ist und wie hoch die Sonne steht.
Welche Rolle spielt Technik?
Wir probieren konstant neue Technologien aus und versuchen, sie in unsere Arbeit einzubinden. Ich lese sehr viel über die Prozesse und Entwicklungsmethoden von Programmierern oder Visual-Effects-Studios. Da hinkt das Design Lichtjahre hinterher. Wir nutzen diese Ansätze und Tools aber nie, um »cool« zu sein und sie als »Hipness«-Bonuspunkte auflisten zu können. Sie sind Mittel zum Zweck. Uns geht es um das Ergebnis, das damit erst möglich wird.
Und das Experiment?
Ich bevorzuge den Ausdruck »Research & Development«. Wir wissen meist zu Beginn ziemlich klar, was wir wollen – also wie sich das Endprodukt anfühlen und was es vermitteln soll –, aber wir wissen oft nicht genau, wie wir das erreichen. Wir gehen bei jedem Projekt aufs Neue durch das Tal der harten Arbeit, bevor wir das finden, was unserem Ziel entspricht.
»Zukunft ist kein Stil, sondern Praxis und Haltung«
Und was bedeutet Zukunft für Sie?
Ich war schon immer fasziniert von der Zukunft. Damit meine ich jetzt weniger Virtual Reality oder Science-Fiction, sondern die Zukunft, in der wir uns gerade befinden. Dinge, die jetzt passieren, und Werkzeuge, die bereits verwendet werden, aber nicht primär für das Design oder die visuelle Kommunikation erfunden wurden. Wie zum Beispiel Software, die in den großen Hollywoodstudios für fluide Simulationen zum Einsatz kommt.
Glauben Sie, dass Kreativen und Designern heute ein positiver Begriff von Zukunft fehlt?
Ganz im Gegenteil. Ich denke, dass die Zukunft im Moment zu sehr in Mode ist. Jeder versucht, sich als progressiv und zukunftsorientiert darzustellen. Dabei vergessen viele, dass ihre Arbeit zuallererst Sinn machen muss – egal, welche Programme sie nutzen oder über was sie reden. Allein, dass etwas neu, reicht noch nicht. Zukunft ist kein Stil, sondern Praxis und Haltung.
Wie sehen Sie den Hype des Authentischen im Design?
Ich finde den Trend absurd und verstehe ihn primär als Marketinginstrument von Marken, denen es an Selbstvertrauen mangelt. Wie bei fast jedem Trend gab es hier am Anfang durchaus einen guten Gedanken, der wurde dann allerdings so schnell vermarktet, dass am Ende nichts mehr von ihm übrig blieb. Grundsätzlich glaube ich, dass die Zukunft und die Gegenwart immer authentischer sein werden als die Vergangenheit.