
»Das beste Interface ist kein Interface«
Die Niederländerin Lieke Ypma studierte Design und Engineering. Nach Stationen bei Audi und Vodafone gründete sie im April 2022 das auf UX Design spezialisierte Telling Studio in Berlin. Wir sprachen mit ihr darüber, worauf es bei der Gestaltung für Mobility-Systeme ankommt.
Kannst du ein Beispiel nennen?
Bei mit dem Internet verbundenen Fahrrädern ist zum Beispiel das Schloss eine Herausforderung. Ob es abgeschlossen ist oder nicht, kann man direkt am Rad und in der App signalisieren. Wir müssen herausfinden, wann Nutzer:innen wo hinschauen. Dazu kommen praktische Überlegungen: Entscheidet man, es am Fahrrad zu signalisieren, dauert die Umsetzung bestenfalls ein halbes Jahr, in der App wenige Wochen. Aber wenn das Handy keinen Empfang hat oder der Akku leer ist, kann ich das Fahrrad nicht auf- oder abschließen. Idealerweise sind Fahrrad und App immer online, signalisieren dasselbe zur selben Zeit, und das Abschließen funktioniert auch ohne Netz.
E-Bikes sind dein Steckenpferd. Was fasziniert dich daran?
Hier gibt es noch so viel Luft nach oben. Zum Beispiel die Integration intelligenter Systeme wie ein Antiblockiersystem – dafür bräuchte es gar nicht unbedingt ein großes Display. Die Funktion könnte einfach im Hintergrund Sicherheit geben. So, wie ich weiß: Fahre ich einen Volvo, ist das Licht an, immer und zuverlässig.

Das Interface am Dance-Bike kommt mit wenigen farbigen Status-LEDs und Tasten aus. Eindeutig gestaltet, erlauben solche einfachen proprietären Interfaces am IoT-Gerät – ganz ohne Display – eine Nutzung ohne Ablenkung.
Aber für andere Dinge wie die Akkuladung braucht man ja schon ein Display …
Natürlich muss absolut klar sein, ob der Akku voll oder leer ist, das Licht an oder aus. Aber dafür reichen ein paar Status-LEDs und Icons, sodass man sich aufs Fahren konzentrieren kann. Ich finde, wo es geht, müssen wir weg von großen Displays.
Zumal gewöhnliche Fahrradcomputer ja häufig auch visuell nicht gerade überzeugend sind.
VanMoof hat eine sehr schöne Lösung entwickelt und die Anzeige in den Rahmen integriert. Beim neusten Modell ist das Interface auf vier Tasten und mehrere Status-LEDs reduziert. Dazu gibt es eine Halterung für das Smartphone, sodass die App als zusätzliche Schnittstelle zur Maschine gilt. Die E-Bike-Brand Dance geht einen ähnlichen Weg, wobei hier die Tasten mit einem Icon beschriftet sind.

Beim VanMoof X3 ist die Anzeige in den Rahmen integriert und zeigt dort die gleichen Inhalte wie die App.
Die Kombination aus Status-LEDs und Smartphone-App bietet also für jeden, was er braucht. Wer gar nicht so viele Infos haben will, kann das Handy einfach in die Tasche stecken.
Richtig. Die App bietet volle Kontrolle und Details für Tech-Verliebte. Das Fahrrad-Interface ohne App bietet alles Notwendige, ohne Ablenkung. Wir sollten mit IoT-Geräten nicht das anbieten, was technisch möglich, sondern das, was für eine gute Erfahrung wünschenswert ist. Nicht die Technik entwickeln und sie dann den Nutzer:innen erklären, sondern das System aus Nutzer:innensicht designen und die Anforderungen an die Technik daraus ableiten.

Darum ist das Internet of Things ein Wachstumsmarkt für Designer
Von Küchengeräten über Autos bis zur Hightech-Medizin: Dank immer mehr smarter Geräte gibt es für UX- und UI-Designer:innen viel zu tun. Wir zeigen, was die Gestaltung von Interfaces für das Internet of Things so interessant macht und welches Know-how man für die Gestaltung der Interfaces für all die smarten Devices benötigt.
Dieser Artikel ist in PAGE 07.2023 erschienen. Die komplette Ausgabe können Sie hier runterladen.