PAGE online

Kunduz, 4. September 2009. Eine Spurensuche

Literaturhaus München
Ausstellung

 

Tahir Mohammed, Bruder des Toten Faiz Mohammed
 
Eine Fotoausstellung von Christoph Reuter und Marcel Mettelsiefen
 
»Zwischen 17 und 142 Menschen« – so der Nato-Untersuchungsbericht – seien beim Luftangriff auf vermeintliche Aufständische südlich von Kunduz in der Nacht zum 4.

Tahir Mohammed, Bruder des Toten Faiz Mohammed

Eine Fotoausstellung von Christoph Reuter und Marcel Mettelsiefen

»Zwischen 17 und 142 Menschen« – so der Nato-Untersuchungsbericht – seien beim Luftangriff auf vermeintliche Aufständische südlich von Kunduz in der Nacht zum 4. September 2009 ums Leben gekommen. In der Annahme, es handle sich um Taliban, die um zwei von ihnen entführte Tanklaster standen, hatte der deutsche Bundeswehr-Oberst Klein die Bombardierung angeordnet. Inzwischen hat sich der amerikanische Befehlshaber der Nato-Mission in Afghanistan für die Zivilisten unter den Opfern entschuldigt. In Deutschland stürzten ein Minister, ein Staatssekretär und der oberste Militär wegen des Angriffs und der Versuche der Vertuschung. Was bisher jedoch kaum thematisiert wurde, ist die Frage, wer dort eigentlich getötet wurde. Eine Antwort darauf versucht die Ausstellung »Kunduz, 4. September 2009. Eine Spurensuche« zu finden. Sie ist das Ergebnis monatelanger Recherchen des stern-Korrespondenten Christoph Reuter und des Fotografen Marcel Mettelsiefen. In eindrucksvollen Fotografien wurden die Angehörigen der Opfer porträtiert. Es entstanden Bilder von Schmerz, Zorn und Verwirrung. Bilder von alten Männern in ihren Trachten, die ihre Söhne und Enkel verloren haben. Bilder von Kindern, deren Väter starben. Bilder aus einer schwer zugänglichen Welt, in der die klare Unterscheidung zwischen Taliban und Zivilisten oft nicht mehr möglich ist.

Das Literaturhaus München zeigt die Ausstellung innerhalb des Themenschwerpunktes »Innenansichten des Krieges« (Lesungen und Diskussionen vom 1. Bis zum 8.2., Ausstellung bis zum 20.2.2011). Die Lage in Afghanistan verschlimmert sich stetig. Darauf und auf die Selbsttäuschungen der gegenwärtigen Politik machen Ausstellung und Themenschwerpunkt aufmerksam.

Marcel Mettelsiefen, 1978 in München geboren, ist Fotojournalist, lebt in Berlin und bereist die Konfliktregionen in der islamischen Welt. Er studiert außerdem Medizin und leitet die Bildredaktion des Orientmagazins »zenith – Zeitschrift für den Orient«.

Christoph Reuter, Jahrgang 1968, arbeitet seit 2008 als Korrespondent des stern in Kabul und ist der einzige deutsche Journalist, der dauerhaft in Afghanistan lebt. Sein Buch »Mein Leben ist eine Waffe – Selbstmordattentäter« (C. Bertelsmann) wurde in acht Sprachen übersetzt.

Publikationen: Das Buch zur Ausstellung mit Fotografien von Marcel Mettelsiefen und Texten von Christoph Reuter ist erschienen bei Rogner & Bernhard.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren