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Die Kommunikation des Aufstands

Berlin
Ausstellung

 
»Als Marie Rotkopf, die erste Hälfte des Mitglieds von l’Internationale Surplace, mich gefragt hat, ob ich einen Text über die Gruppe schreiben könnte, war ich eigentlich nur halb überrascht.

»Als Marie Rotkopf, die erste Hälfte des Mitglieds von l’Internationale Surplace, mich gefragt hat, ob ich einen Text über die Gruppe schreiben könnte, war ich eigentlich nur halb überrascht. Unser erstes Treffen fand nach dem Auftritt von Lanzmann im Übel und Gefährlich statt. Frau Rotkopf hatte mich gebeten, dass unsere Begegnung unter uns bleibt. Aus ihrer totalen Verachtung für den Popjournalismus machte sie keinen Hehl. Im Gegenteil, nachdem ich ihr gesagt hatte, dass ich in der Redaktion von Spex tätig bin, schüttete sie mir ihren Sekt Aperol auf mein Blackberry. Um nicht als Antisemit zu gelten, schwieg ich. Man weiss ja wie schwierig es ist, als Deutscher eine saubere Haltung zum Nahostkonflikt zu haben. Man weiss auch wie empfindlich die Juden sind, wenn man über die Kulturindustrie spricht. Und obwohl wir scheinbar als Feinde auseinander gingen, reichte ich ihr meine Visitenkarte, nachdem sie sich trotzdem entschuldigte.

Einige Zeit danach besuchte ich eine Ausstellung der Gruppe, und wir redeten noch mal zusammen, auch mit Daniel Megerle, der zweiten Hälfte. Natürlich nicht über Politik. Sondern über Kunst und ihre Vermittlung. Wir sprechen über die kommende Ausstellung:

»Die Kommunikation des Aufstands« und wie sich das Konzept von Paradies, Purgatorium und Hölle durch die Räume ziehen. Das Paradies wird durch den Durchgang des Purgatoriums erreicht, was hier die Zerstörung der bestehenden Welt meint. Da das Paradies als Natur gedacht ist, jedoch Zyklen unterworfen und dadurch instabil ist, fällt der abendländische Mensch in seiner Erwartungshaltung in die Hölle einer absurden Hoffnung zurück, wie dies auch von Giorgio Agamben in seiner Figur des homo sacer formuliert worden ist. Auch in der derzeitigen Systemkrise des postfordistischen Kapitalverwertungsmodells scheint dieser geschichtsteleologische Imperativ auf, wie mir von den beiden versichert worden ist.

Ich denke nun, zweieinhalb Jahre nach der Wahl von Barack Hussein Obama, die als großer change im globalen Popdiskurs -one groove, one nation- gehandelt wurde, dass der point of no return im Niedergang nicht nur von Detroit erreicht scheint. Die black power der Negation der riots in den amerikanischen Vorstadtsiedlungen, geht als Aschewolke in den banlieus von Tripolis nieder. Und das Aschemonster von
Island befindet sich jetzt in Fukushima. Genau.

Adel verpflichtet. Aus diesem Grund formuliert Internationale Surplace seine Inhalte in den derzeit international verhandelten ästhetischen Diskurs-Parametern. Sie läuten das Revival der 90’er ein und rufen mit Paul Feyerabend: Anything goes! Hier ist nun – wenn ich das mal so formulieren darf – Schicht im Schacht für den formalistischen neo romantic-Eskapismus der Nullerjahre. Fotografie trifft auf Skulptur; digitale Slideshow auf Bleistiftzeichnung. Eine force de frappe direkt aus den postavantgardistischen Schützengräben zwischen den globalisierten Schlachtfeldern der Kulturelite.

»Internationale Surplace übersetzt sich mit auf der Stelle treten. Dies meint die Betonung auf die gegenwärtige Realität. Man kann nicht wissen wie die Zukunft sein wird. Ob der gegenwärtige Zustand ein Fort- oder Rückschritt ist, oder ob es letztlich eh nur einen status quo gibt.«, meint Megerle. Rotkopf hingegen: »Nachdem ich das Interview im Katalog zur Ausstellung The elephant behind the clown zwischen
Herrn Tal R und Herrn Florian Waldvogel gelesen habe, wurde mir klar, wohin die Zirkuswelt geht, von der
die Künstler träumen. Aber das weiss nur ich.«

Text: Max Dax

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