Welche Skills benötigen Art Buyer? Welche Ausbildungswege sind möglich? Was verdienen sie?
Art Buyer brauchen an der Schnittstelle zwischen Fotografen, lllustratoren und Kunden kreatives Urteilsvermögen, kaufmännisches Wissen und oft gute Nerven.
Jobbezeichnung: Artbuyer
Ausbildung: Es gibt keine offizielle Ausbildung. Häufig bildet eine kaufmännische Ausbildung die Grundlage, etwa als Kaufmann/-frau für Marketingkommunikation. Über mehrjährige Berufspraxis in einer Werbe- oder Bildagentur und einschlägige Weiterbildungen, etwa zum Thema Bildrecht, wächst man in den Beruf hinein
Gehälter (brutto): Als Junior Artbuyer zwischen 30 000 und 40 000 Euro im Jahr, als Senior mit Personalverantwortung bis zu 80 000 Euro
Nach ihrer Ausbildung zur Werbekauffrau arbeitete Kerstin Mende drei Jahre als Assistentin, dann als Art Buyerin bei BBDO. Sie wechselte zu FCB und übernahm dort die Leitung der Art Buying-Abteilung. Danach arbeitete sie eine Weile als Freelancerin. Seit elf Jahren ist sie Head of Art Buying bei Scholz & Friends in Hamburg, wo sie von drei Mitarbeiterinnen unterstützt wird. Wir sprachen mit der erfahrenen Art Buyerin, worauf es in ihrem Job ankommt und wie er sich durch die Digitalisierung verändert hat.
Die Bezeichnung Art Buyer ist ein bisschen irreführend, oder? Es geht doch um einiges mehr als darum, »Kunst einzukaufen«.
Kerstin Mende: Unser Job besteht etwa zu gleichen Teilen aus der Beurteilung von kreativem Talent – meist von Fotografen oder Illustratoren – und kaufmännischen Aufgaben. Da wir Künstler mit anspruchsvollen Kreativen und Kunden zusammenbringen, braucht es außerdem sehr gute Menschenkenntnis. Denn nicht nur die Mappe muss zum Briefing passen – auch die Chemie muss stimmen.
Kennen Sie demnach alle Kreativen in Ihrer Kartei persönlich?
Im Prinzip schon. Die Menschen, die wir interessant finden, laden wir zu uns ein, beurteilen ihre Arbeiten und bekommen im Gespräch ein Gefühl dafür, wie sie kommunizieren, wie sie sich verkaufen – letztlich wie sie ticken. Wenn möglich, gehe ich auch mit auf Shootings und mache mir dort selbst ein Bild davon, wie sie arbeiten. Ist das nicht möglich, hole ich mir nach dem Job Feedback von der Kreation. Es gibt natürlich auch Fotografen, deren Arbeiten ich sensationell finde, die aber, sagen wir mal, schwierige Charaktere sind. Das geht dann definitiv nicht mit jedem Kunden und meist auch nicht mit mir (lacht).
An welcher Stelle eines Projekts kommt das Art Buying ins Spiel?
Nach dem Briefing vom Kunden macht sich die Kreation Gedanken zur Umsetzung und bezieht uns im Idealfall da schon ein. Sind die Ideen mit dem Kunden abgestimmt, setzen wir gemeinsam mit der Beratung ein Timing auf und fangen an, passende Umsetzer zu suchen. Ich schlage fünf bis sieben Leute vor, von denen etwa drei in die engere Auswahl kommen. Wir schauen, dass sie auch verfügbar sind, und dann geht es an die Verhandlungen. Es gibt kaum einen Kunden, der weniger als drei Angebote haben will. Meine Aufgabe ist es, die höchstmögliche kreative und handwerkliche Qualität zu einem angemessenen Preis auszuhandeln.
Und dann gibt es irgendwann eine Freigabe.
Richtig. Da die Timings oft sehr knapp sind, muss es dann sofort losgehen: mit der Locationsuche, dem Casting und so weiter. Darum kümmern wir uns gemeinsam mit dem Fotografen und dessen Team. Anschließend gibt es ein sogenanntes PPM – ein Pre-Production Meeting –, in dem Kunde, Fotograf und Agentur zusammensitzen und verbindlich Locations, Modelle und so weiter festlegen. Dann hört meine Arbeit erst mal auf, es sei denn, es treten unvorhersehbare Probleme auf.
Zum Beispiel?
Wenn etwa das Modell krank geworden oder das Wetter wider Erwarten schlecht ist, sodass nicht fotografiert werden kann. Da muss ich schnell reagieren und eine Lösung finden, ohne große zusätzliche Kosten zu generieren. Darauf folgt dann die Rechnungskontrolle. Bei einer zweiwöchigen Fotoproduktion umfasst die Abrechnung gerne einen Aktenordner. Zu meinem Job gehört im Übrigen auch, mich bei Testimonial-Kampagnen um die Prominenten zu kümmern. Mit ihnen in Kontakt zu treten, für die Idee zu begeistern und Honorare mit ihnen auszuhandeln.
Laufen die Produktionen immer schön nacheinander oder auch parallel?
In der Regel arbeiten wir an mehreren Produktionen gleichzeitig. Was auch völlig in Ordnung ist, es handelt sich ja nicht immer um Großprojekte.
Kaufen Sie auch Fotos bei Bildagenturen?
Ein großer Teil unseres Jobs besteht darin, Bilder einzukaufen und Nutzungsrechte zu verhandeln. Beim Thema Urheberrecht muss man sich deshalb richtig gut auskennen. Sonst ist die Gefahr groß, juristische und dadurch letztlich finanzielle Probleme zu bekommen. Wir arbeiten viel mit Bildagenturen, da ist das meist gut geregelt. Aber wenn wir von Fotografen Bilder direkt kaufen, achten wir sehr darauf, dass die Buy-outs der Modelle geklärt sind und das Bild nicht schon für einen anderen Kunden verwendet wird. Da muss man wirklich aufpassen.
Das sind komplexe Aufgaben – warum gibt es keine offizielle Ausbildung?
Vielleicht, weil es nicht so viele Art Buyer gibt. Viele haben, wie ich, eine Ausbildung zur Werbekauffrau. Andere sind einfach quer eingestiegen; so war eine Kollegin vorher Fotografin, eine andere Bookerin in einer Modellagentur. Ein Kommunikationsdesignstudium reicht definitiv nicht, denn man braucht kaufmännisches Wissen. Das Thema Bildrechte habe ich mir unter anderem durch Seminare und langjährige Berufserfahrung angeeignet.
Durch die Digitalisierung haben sich die Recherchemöglichkeiten enorm vereinfacht. Denken Agenturen vielleicht, sie brauchen kein extra Artbuying mehr, weil sie selbst einen passenden Fotografen finden können?
Tatsächlich sehen es viele als Luxus. Ich bin überzeugt, gutes Art Buying rechnet sich. Denn einen Überblick über den Markt zu haben und zu beurteilen, was angemessene Preise sind, können Berater oder Art Directors meist nicht leisten. Und wenn etwas schiefgehen sollte, weil beispielsweise Nutzungsrechte verletzt wurden, wird es richtig teuer und beliebt beim Kunden macht man sich damit auch nicht. Zudem lässt sich das Menschliche durch den Besuch einer Webseite definitiv nicht klären.
Wie hat sich Ihr Job durch die Digitalisierung verändert.
Vor allem ist mein Büro jetzt nicht mehr mit Arbeitsproben vollgestapelt. Ich habe stattdessen eine große Datenbank, die mit den Webseiten der Fotografen, Agenten, Illustratoren und so weiter verlinkt ist. Was die Recherche angeht, schaue ich dank Internet heute weltweit nach Talenten. Außerdem gibt es mehr Möglichkeiten der Umsetzung.
Bei Automobilfotografie etwa stellt sich heute oft die Frage, ob man klassisch fotografieren möchte oder das Bild in 3D umgesetzt werden kann. Für mich bedeutet das, dass ich nicht nur einen Fotografen, sondern auch ein passendes 3D-Studio suche. Der Fotograf übernimmt dann die Regie am Bildschirm und gibt Anweisungen, wie der CGI-Operator das virtuelle Licht setzt. Die digitalen Werkzeuge sind eine enorme Bereicherung, es gibt inzwischen so viele Möglichkeiten, zu einem guten Bild zu kommen. Letzten Endes aber geht es immer um die Frage: Was ist ein gutes Bild? Wie es entsteht, ist völlig egal.
Was würden Sie jemandem raten, der gerne Art Buyer werden möchte?
Die wichtigste Voraussetzung ist, sich für Fotografie, Illustration, Trends und – allem voran – für Menschen zu interessieren und dabei stets neugierig zu bleiben. Man sollte über kaufmännische Kenntnisse verfügen oder zumindest ein Gefühl für Zahlen zu haben. Eine Ausbildung im Bereich Marketingkommunikation ist dafür ein guter Anfang.
Was macht für Sie den Reiz des Jobs aus?
Viele interessante Menschen kennenzulernen und sich täglich neuen Herausforderungen zu stellen.
Sehr guter Bericht. Tolle Job-Definition. Spitzen-Artbuyerin!