Toolsübersicht und Prozessanalyse: Mutabor Geschäftsführer und Chief Digital Officer Burkhard Müller versucht bei aller Unruhe die positiven Aspekte der Krise zu sehen.
Anfang letzter Woche sind wir bei Mutabor in der Technologies Abteilung nahezu vollständig auf Homeoffice gewechselt. Das Büro ist kein Sperrgebiet, wir nutzen es aber nur in Ausnahmefällen. Kundentermine haben wir auf digitale Kanäle verlagert, genauso wie interne Abstimmungsmeetings.
Das Coronavirus ist unser New Work Bootcamp
Jetzt wird sich zeigen, welche Unternehmen für die Zukunft vorbereitet sind. Die Krise ist ein Stresstest, durch den wir viel lernen können. Ich war positiv überrascht, wie reibungslos die Umstellung bei uns funktioniert hat. Homeoffice und Remote Work konnten Mitarbeiter in meinem Team zwar schon im Vorfeld nach eigenem Ermessen nutzen, doch obwohl alle mit MacBooks ausgestattet sind, waren im Schnitt nur 10 bis 20 Prozent der Mitarbeiter gleichzeitig im Homeoffice. Jetzt sind es 80 bis 90 Prozent. Bislang ohne negative Auswirkungen auf Projekte, Timings und Termine.
Drei entscheidende Faktoren, um in der Corona-Krise erfolgreich zu arbeiten
Teams ist Microsofts Antwort auf Slack. Für uns hat es das „über den Tisch rufen“ digitalisiert. Wir haben für jeden Kunden Teams und für jedes Projekt eigene Kanäle um kurzfristige Informationen zu teilen und Abstimmungen im Alltag ohne ständige Meetings abzuhalten. Außerdem können mehrere Menschen gleichzeitig dieselben PowerPoint-Präsentationen bearbeiten, was besonders im Pitch-Alltag enorm viel Arbeit spart.
Vorteile:
Weniger Meetings
Keine E-Mails
Dezentrale und zeitversetzte Kommunikation
Alles bleibt nachvollziehbar dokumentiert
Gemeinsames Bearbeiten von Präsentationen
Im Gegensatz zu Skype funktioniert der Video-Chat
Miro
Miro hat das Whiteboard digitalisiert. Das Tool stellt eine Canvas bereit und ermöglicht dezentrale Brainstormings zur Entwicklung von Konzepten. Jeder sieht in Echtzeit, was die anderen Teilnehmer machen. Man kann chatten, editieren und jedem beim Denken zusehen. Wir haben gerade erst begonnen, das Tool zu nutzen, aber es ist jetzt schon vielversprechend.
Vorteile:
Gemeinsames Denken
Dezentrales und zeitversetztes Arbeiten am gleichen Dokument
Eine schöne Handschrift ist nicht erforderlich
Gedanken sind direkt digitalisiert
Figma und Sketch
Figma und Sketch sind unsere wichtigsten Tools zum Gestalten. Beide Tools eigenen sich zum Visualisieren von Konzepten, dem Erstellen von Clickdummies bis hin zu High Fidelity-Designs zur Übergabe an Developer. Ihre Stärke ist, dass sie für das Entwickeln von Designsystemen mit wiederkehrenden Atomen, Molekülen etc. ausgelegt sind und dass nur Werkzeuge zum Gestalten bereitstehen, die auch ein Developer in Code realisieren kann. Alles was hier entsteht, kann auch so programmiert werden.
Bei uns im Team setzen wir vor allem auf Figma. Genauso wie Miro arbeitet man hier gemeinsam auf einer Canvas und sieht in Echtzeit, was Kollegen machen. Das spart Abstimmungen, Zeitaufwände und das sehr fehleranfällige Synchronisieren von Arbeitsständen. Sketch ist etablierter als Figma, bietet aber erst seit einer Weile mit Sketch for Teams die gleichen Möglichkeiten.
Vorteile:
Gemeinsames Gestalten
Arbeitsstände immer synchronisiert
Dezentrales und zeitversetztes Arbeiten am gleichen Projekt
Entwicklung von Designsystemen
Erstellen und Sharing von Clickdummies
Einfaches Handover an Developer
Confluence
In Confluence von Atlassian ist unser Wissensspeicher. Es kommt häufig die Frage auf, wann etwas in Teams und wann etwas in Confluence hinterlegt werden muss. Teams ist für die tägliche Regelkommunikation. In Confluence werden Ergebnisse final dokumentiert. Hier werden Konzepte spezifiziert, um sie zum Beispiel an einen Developer zu übergeben. Wir nutzen Confluence außerdem teamintern zum Festhalten von Meetingregeln, Anleitungen für den Plotter und sonstigen Informationen, die für jeden Mitarbeiter wichtig sind.
Wichtig: Confluence ist nur so gut, wie es gepflegt wird. Überlegt euch genau, was dokumentiert wird und macht euch im Vorfeld Gedanken über eine klare Struktur.
Vorteile:
Wissen ist zentral gespeichert – „Single Point of Truth“
Dezentrales und zeitversetztes Arbeiten am gleichen Projekt
Industriestandard
Jira
In Jira planen wir unsere Projekte nach Scrum, Kanban oder auch Scrumban. Projekte werden auf einzelne Tasks heruntergebrochen, priorisiert und auf das Team verteilt – so weiß jeder im Team, welche Themen am wichtigsten sind und wer gerade an welchen Aufgaben arbeitet.
Wichtig: Jira ist nur so gut, wie es gepflegt wird. Vermeidet Tickets wie „App konzipieren“. Schreibt für jeden Task ein eigenes Ticket, sonst ist Chaos garantiert.
Vorteile:
Aufgaben sind für jeden transparent
Jeder Task ist priorisiert
Konkrete Aufgaben werden konkreten Personen zugewiesen
Dezentrales und zeitversetztes Arbeiten
Industriestandard
2. Prozesse und Workflows
Die besten Tools bringen nichts, wenn man schlechte Prozesse und Workflows hat. Agiles Arbeiten ist als Dienstleister mit mehreren parallelen Kunden und Projekten besonders herausfordernd – aber es geht: Unser Team hat dafür ein Playbook mit Regeln für Meetings, die Arbeitsweise und Regeltermine entwickelt.
Meetings
In Outlook terminieren
Agenda vorbereiten
Pünktlich starten
Pünktlich beenden
Protokoll in Confluence verfassen
Arbeitsweise
Störungen vermeiden
Remote Work & Homeoffice sind Alltag und kein Goodie
Die besten Tools nutzen
Transparenz zum Kunden gewährleisten
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Regeltermine
Daily – täglich, 15 Minuten
Hier klären wir auf täglicher Basis Fortschritte und Herausforderungen. Über Teams, Skype, Hangout, Zoom etc. lässt sich das problemlos aus dem Homeoffice erledigen. Wir besprechen: „An was arbeite ich gerade?“ und „Gibt es Blocker?“
Prio-Runde – Wöchentlich, 1 Std.
Wir haben in Jira ein Multi-Projekt-Board erstellt. Damit sind wir in der Lage, gleich mehrere Projekte übersichtlich zu planen – so weiß jeder was gemacht werden muss. Nur wichtige Themen werden bearbeitet. Unwichtige Themen werden mit der Zeit wichtig oder erledigen sich von selbst. Auch dies lässt sich aus dem Homeoffice einfach organisieren: Einer bedient Jira und teilt den Screen per Video-Chat.
Niedrig = Eilt nicht
Mittel = Sollte bald gemacht werden
Hoch = Muss gemacht werden
Blocker = Kann nicht warten
Retro – 2-wöchentlich, 1,5 Std.
Jeder im Team gibt offen Feedback. Damit die wichtigsten Tasks besprochen werden, nutzen wir Fun Retro (FunRetro.io). Hier sammeln alle ihr Feedback, clustern und priorisieren es anschließend. Für die wichtigsten Punkte besprechen wir anschließend Lösungen. Das sorgt für eine stetige Verbesserung. Wie bei der Prio-Runde lässt sich das komplett aus dem Homeoffice organisieren. Wir besprechen, was gut und was schlecht läuft und welche Maßnahmen wir ergreifen können.
3. Verantwortung & Vertrauen
Die gesamte Zusammenarbeit funktioniert nur durch das Teilen von Verantwortung und Vertrauen. Jeder einzelne Mitarbeiter darf, aber muss auch Verantwortung für sich und sein Team übernehmen.
Es braucht klare Regeln:
Offenes Feedback
Feste und definierte Termine
Arbeit mit Tickets
Team-Regeln
Letztlich profitieren alle davon:
Das Coronavirus hat unseren Alltag in kürzester Zeit auf den Kopf gestellt. Ich bin meinem Team dankbar, dass es in den letzten Monaten Workflows und Prozesse etabliert hat, die es uns nun ermöglicht haben, schnell zu reagieren, ohne dass laufende Projekte darunter gelitten haben. Im Gegenteil, wir sehen bereits nach wenigen Tagen diese positiven Ergebnisse:
Kontinuierliche Verbesserung
Transparente Kommunikation
Eigenverantwortung + Vertrauen
Effizienz
Das ist nun unser New Work Bootcamp, in dem wir alles Gelernte einem Stresstest unterziehen. Bei allem Chaos sehe ich die Chance, viel für die Zukunft zu lernen. Ich hoffe, meine Erfahrungen von Mutabor helfen euch weiter.