Von Designern wird häufig befürchtet, dass der Kunde von einem Auftrag absähe, wenn dem Angebot eine Seite mit kleingedruckten Allgemeinen Vertragsgrundlagen (AVG), auch als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) bekannt, beiliegt. Ein Mythos?
Friederike Sobiech von der Allianz deutscher Designer (AGD) erklärt, was das Vertragsrecht beinhaltet, wie man ganz einfach schon beim Angebot Klarheit über die Allgemeine Vertragsgrundlagen (AVG) schafft, was eine Designer-AVG beinhalten sollte und warum es nicht mehr als ein Mythos ist, dass diese den Kunden verschreckt.
Es könnte die kürzeste Kolumne aller Zeiten werden: Auch wenn Sie keine AVG haben – haben Sie welche: das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt das für Sie und Ihren Kunden.
Warum dann das Kleingedruckte?
Das BGB regelt alle Vertragsverhältnisse, sei es die Wohnwagenmiete für den Urlaub, den Handschlag-Auftrag mit der Malermeisterin über das Streichen des Wohnzimmers oder eben die Designleistung. Da das BGB alles nur sehr generell und auf das Allernotwendigste beschränkt behandelt, ergänzen und präzisieren Allgemeine Vertragsgrundlagen die vereinbarte Zusammenarbeit. Deswegen gibt es den Mietvertrag für den Wohnwagen nur mit vielen Seiten Kleingedrucktem, die Malermeisterin hat die AGB auf der Rückseite ihres Auftragsformulars drucken lassen und jeder Online-Einkauf geht nur mit dem Häkchen bei »AGB gelesen und akzeptiert«.
AVG ermöglichen es Ihnen, ein übersichtliches Angebot zu erstellen, in dem Sie nur noch die konkreten Leistungen des Auftrags beschreiben. Alles, was Sie im Angebot ausdrücklich formulieren »überstimmt« dabei das Kleingedruckte im Anhang, Sie brauchen dort also nichts zu ändern, wenn es mal spezielle Kundenwünsche gibt. Die Alternative zum Paket Angebot plus AVG wäre ein ausführlicher Vertrag, der quasi »großgedruckt« genau die Punkte festhält, die in den AVG abgehandelt werden sollten. Welche das sind, dazu gleich mehr.
Aber niemand liest das!
Das stimmt vermutlich für die Mehrzahl der so geschlossenen Verträge. Es ändert aber nichts an der Wirksamkeit des Vertrags. Legen Sie Ihrem Angebot(!) die AVG bei, dann gelten die Bestimmungen darin als von beiden Seiten vereinbart. So schaffen Sie Klarheit für zahlreiche Situationen und Fragen im Laufe des Projekts. Viele Konflikte, zu denen wir am Telefon beraten, wären durch AVG sehr einfach vermeidbar gewesen.
Es reicht nicht aus, das Kleingedruckte ins Netz zu stellen und darauf zu verweisen, fügen Sie es dem PDF bei, das Sie mailen – besser noch schicken Sie beim ersten Angebot alles noch einmal per Post auf Ihrem schönen Briefpapier zum Kunden. Bei späteren Angeboten können Sie auf die »bekannnten AVG« verweisen, sie beizufügen ist trotzdem der noch etwas bessere Service. Achten Sie darauf, dass im Angebot der Standard-Satz steht: »Es gelten die beigefügten Allgemeinen Vertragsgrundlagen«.
Wie geht es dem Kunden mit dem Kleingedruckten?
Wie geht es Ihnen damit? Auch Ihre Welt ist voll davon: Softwarelizenzen, Bank-AGB, Beförderungsbedingungen in der Straßenbahn, Nutzungsbedingungen bei Facebook… Ihre Kunden haben – in den allermeisten Fällen jedenfalls – selbst AGB, die sie in ihrem Geschäftsalltag verwenden. Ab und zu werden Sie sogar auf Kunden treffen, die von vornherein Ihre AVG ablehnen und eigene einbringen. Bei den Einkaufsabteilungen von Konzernen oder Verwaltungen ist das so – denn dort wollen sie nicht die juristische Abteilung mit dem Kleingedruckten aus aller Welt beschäftigen.
Das alles heißt: es ist Alltag für Kunden, AGB und AVG zu akzeptieren.
Was sollte in Designer-AVG geregelt werden?
Einige Stichpunkte zu den wichtigsten Inhalten von AVGs:
* Der Umgang mit den AGB des Vertragspartners – bestenfalls die eigenen Vereinbarungen als verbindlich erklären, wenn nicht ausdrücklich widersprochen wird. So kommen sich die (meist ungelesenen) Aufhebeparagrafen in verschiedenen AGB nicht in die Quere.
* Umgang mit sogenannten offenen Daten oder Originalen von manueller/analoger Gestaltung – sie gehören nur dann zum Lieferumfang, wenn entsprechend vereinbart.
* Vergütung – alle Leistungen sind kostenpflichtig, auch Sonder- oder Mehrleistungen.
* Umgang mit Verzögerungen durch den Auftraggeber, z.B. in Form einer zusätzlichen Abschlagszahlung.
* Welche Auswirkung haben Vorschläge des Auftraggebers oder seiner Mitarbeiter/innen auf die Vergütungshöhe – keine.
* Fälligkeit, Abnahme und Verzug.
* Die enthaltenen Nutzungsrechte und der Umgang mit ihnen, z.B. wie können sie auf Dritte übertragen werden?
* Die Namensnennungspflicht.
* Korrekturen, Produktionsbegleitung, Belegexemplare und die Nutzung des Entwurfs durch den Designer als Referenz
* Sonderleistungen, Neben- und Reisekosten
* Haftungsfragen – Haftungsausschluss wo nötig, insbesondere für Leistungen Dritter.
* Vertragsauflösung, Stornokosten, Gerichtsstand
Wo finden Sie Vertragsgrundlagen?
Never ever bedienen Sie sich bitte an den AGB anderer, die Sie zum Beispiel im Netz finden. Noch gefährlicher wird es, wenn Sie eigenhändig aus verschiedenen Beispielen »das Beste« zusammenkopieren. Das AGB-Recht ist in Deutschland knallhart, denn es muss dafür sorgen, dass in den AVG und AGB keine Betrügereien oder Übervorteilungen enthalten sind. Fehlerhafte Formulierungen und ungültige Klauseln können deswegen von Mitbewerbern oder potentiellen Auftraggebern abgemahnt werden. Außerdem können die gesamten AGB ihre Gültigkeit verlieren.
AVG für Designer finden Sie im Buch »Designers’ Contract«, das Sie zur Zeit leider nur gebraucht bekommen. Die AGD kann Mitgliedern Muster-AVG zur Verfügung stellen und mediafon.net von ver.di hat einen Ratgeber für Freie/Selbständige herausgebracht, der hierzu ebenfalls Material liefert.
Sobald Ihr Geschäftsmodell Änderungen an Muster- AVG erfordert, sollten Sie rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Das ist in jedem Fall billiger als eine Abmahnung oder ein Kundenkonflikt, in dem Sie den Kürzeren ziehen könnten.
Fazit
Allgemeine Vertragsgrundlagen ersetzen den ausführlichen Vertrag. Schaffen Sie Klarheit: kein Angebot ohne Ihre AVG. Ein Link reicht nicht!
Hier finden Sie alle bisherigen Teile unserer Berufspraxis-Kolumne.