Jetzt im Kino: Apple Stories
No more iSlaves: Rasmus Gerlach erforscht das System Apple – von Ruanda über China, Ägypten bis hin in den Deutschlands größten Store in Hamburg.
No more iSlaves: Rasmus Gerlach erforscht das System Apple – von Ruanda über China, Ägypten bis hin in Deutschlands größten Store in Hamburg.
Man möchte es natürlich gar nicht wahrhaben. Lieber sein hochglänzendes Spielzeug ganz unbeschwert in den Händen hin- und herwandern lassen und dem Produktfetischismus frönen, der das iPhone umweht.
Aber es nützt ja nichts. Seit längerem ist bekannt, unter welchen menschenunwürdigen Umständen die iPhones hergestellt werden, wie hermetisch abgeriegelt ihr Betriebssystem ist und auch, dass die Mitarbeiter wie zum Beispiel in Deutschlands größtem Apple Store am Hamburger Jungfernstieg, bis in die Umkleidekabinen hinein videoüberwacht werden.
Der Dokumentarfilmer Rasmus Gerlach (»Aldi – Mutter der Discounter«) erfuhr erstmals über die Arbeitsprozesse und Arbeitsverhältnisse hinter dem iPhone, als er sein 3GS zum Reparaturdienst der Großfamilie von Semiha Cöloglu in St. Pauli brachte, findige Schrauber in Sachen Handyreparatur und allem was dazu gehört – und eben auch in Sachen Herstellungsprozessen.
Die Reparaturwerkstatt ist einer der Orte, an denen Gerlach um die schwierigen und komplexen Fragen rund um das iPhone kreist. Andere sind Erzminen in Ruanda, in denen Arbeiter für 40 Euro im Monat Schwerstarbeit in den Minen leisten, in Flip Flops und ohne Helm das Zinn schürfen, das für die Handys so zentral ist. Er trifft in Hongkong die Aktivisten der NGO Sacom, die »No more iSlaves« fordern, und hat Zutritt zu einer chinesischen Fabrik für Produkt-Piraterie, die das iPhone 1:1 kopiert. Er reist nach Kairo, wo es mehr Handys als Menschen gibt, und nach Shenzhen in China, wo der Apple-Zulieferer Foxconn wegen der zahlreichen Selbstmorde in seiner Fabrik Fangnetze an den Wohnheimen aufgespannt hat. Angesprochen auf die Situation bei Foxconn hatte Steve Jobs in einem Interview gesagt: es gibt Restaurants, Kinos, Krankenhäuser und Swimming-Pools dort, als Fabrik gesehen ist es eine wirklich schöne Fabrik.
Der Film aber macht es sich nicht einfach, es gibt kein Schwarzweiß und keine einfachen Lösungen. Eher ein Staunen. Über eine junge Hamburgerin, die sagt, das iPhone sei »ihr Heiligtum«, über Ringo Starr, der über soziale Ungerechtigkeiten singt und sich gleichzeitig eine goldene Nase an dem Verkauf von Klingeltönen verdient. Über den Druck, den der angeblich so lässige Konzern auf seine Mitarbeiter ausübt – und über die verschlungenen Wege, die aus den afrikanischen Erzminen über dubiose Mineralienhändler nach China und in den Rest der Welt führen.
Ein Gespräch, das Gerlach geführt hat, kommt in dem Film nicht vor – und dessen Inhalt ist umso frustrierender. Gerade mal ein Euro mehr würde ein ethisch einwandfrei hergestelltes Handy in der Produktion kosten, hatte man ihm beim Chemieriesen HC Starck in Goslar vorgerechnet. Was bis heute einzig fehle, wäre ein verpflichtendes System der Kontrolle …
Apple Stories, Regie: Rasmus Gerlach, Dtl. 2012, 83 Minuten. Ab heute in den Kinos.
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