Die Belegschaft in deutschen Agenturen ist jung, wenig international und an der Führungsspitze männlich. Das zeigt die erste Studie des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen GWA zu Diversität in ihren Mitgliedsagenturen
Die GWA hat für ihre aktuelle Diversity Studie rund 2.000 anonymisierte Personaldaten von Agenturmitarbeiter:innen aus 21 deutschen Mitgliedsagenturen ausgewertet und so das Geschlechterverhältnis, Herkunft, Altersstruktur, Betriebszugehörigkeit, Arbeitszeiten und schließlich in einer Onlineumfrage unter 84 Agenturen Relevanz von Diversity ermittelt.
Mehr Frauen auf zweiter Führungsebene
Ein erfreuliches Ergebnis zuerst: in der zweiten Führungsebene bewegt sich etwas in Sachen Gleichstellung. Waren laut der GWA Human Resources Management Studie vor vier Jahren nur ein gutes Viertel der Management-Supervisor und Gruppenleiter Frauen, so sind es inzwischen mehr als die Hälfte. Ganz an der Spitze wird die Luft dann aber wieder dünner, denn obwohl 60 Prozent der Agenturbelegschaft weiblich ist, stellen Frauen nur 18 Prozent der Geschäftsführer:inne.
Auch was die Gehälter angeht, werden die Unterschiede deutlicher, je weiter oben auf der Karriereleiter man sich befindet. Am größten ist der Pay-Gap im mittleren Management mit rund 10.000 Euro/Jahr, etwas kleiner im C-Management mit 4.000 Euro/Jahr. Über alle Agenturmitarbeiter:innen beträgt er 6,5 Prozent, wobei er in bestimmten Arbeitsbereichen wie Data & Insights, Technology und Kreation besonders ausgeprägt ist und Männer deutlich besser bezahlt werden. Nur in der Strategie gibt es leichte Gehaltsvorteile für Frauen.
Herkunft, Alter & Betriebszugehörigkeit
Die größten Defizite in Sachen Diversität weisen Agenturen in ihrer Altersstruktur und bei der Nationalität ihrer Mitarbeiter:innen auf. Nur acht Prozent haben keinen deutschen Pass und nur sieben Prozent der Belegschaft sind 55 Jahre und Älter – der größte Anteil dieser älteren Mitarbeiter:innen findet sich dafür in Führungsfunktionen. Immerhin ist ein gutes Drittel der Geschäftsführung jünger als 45 Jahre. Zum Vergleich: nur rund sechs Prozent der DAX-30-Vorstände sind unter 45 Jahre alt, 55 ist hier der Durchschnitt. Dafür sind sie laut dem Diversitäts-Barometer 2020 mit 35 Prozent ihrer Mitglieder nichtdeutscher Herkunft wesentlich diverser aufgestellt.
Wie solche Strukturen entstehen, erkennt man am Faktor Betriebszugehörigkeit: knapp Zweidrittel der Agenturmitarbeiter:innen sind seit maximal vier Jahre im aktuellen Unternehmen. Diese neueren Kolleg:innen sind selten Vorgesetzte und so gibt es wenig Neuzugänge in der Führung, während auf erster oder zweiter Führungsebene ein Drittel der Mitarbeiter:innen mit mehr als 15 Jahren Betriebszugehörigkeit zu finden sind.
Teilzeit auch in der Führung
Was die Arbeitszeitmodelle angeht, wirken sich diese in Agenturen nicht so stark auf die Karriere aus. Fast ein Viertel aller Mitarbeiter:innen arbeitet weniger als 40 Wochenstunden. Zwar sind mit 30 Prozent gegenüber 13 Prozent mehr als doppelt soviele Frauen in Teilzeitbeschäftigung und die meisten behalten das bei, während Männer ihr Zeitpensum nach und nach wieder erhöhen, aber das ist nicht unbedingt eine Karrierebremse, denn Agenturen praktizieren Teilzeitmodelle auch in Führungspositionen.
Fast die Hälfte aller Frauen in der zweiten Führungsebene arbeitet nicht voll, der Teilzeit-Anteil in niedrigeren und höheren Positionen ist geringer. Bei Männern ist der Anteil an Teilzeitkräften auf Senior-Level mit 20 Prozent am höchsten.
Diversität auf der Agenda
Was die Relevanz des Themas angeht, zeigt die GWA-Auswertung einer Online-Befragung von 84 Agenturen für den GWA Frühjahrsmonitor 2021, dass sie fast alle (92 Prozent) positive Effekte auf die Kreation feststellen und bereits drei Viertel ihre Agentur divers aufgestellt sehen. Einen Prozess für mehr Diversität im Team implementiert haben aber nur 21 Prozent und nur sieben Prozent planen eine Geschlechter-Quote für ihre Agentur. Das letztere ist den vorliegenden Zahlen nach aber auch nicht an allen Stellen nötig und für mehr als die Hälfte der Agenturen spielt Diversität nach wie vor eine wichtige Rolle bei der Besetzung von Stellen.
Wenn Agenturen jetzt also neben Alter und Geschlecht noch die Herkunft und verschiedene Ethnien ihrer Bewerber berücksichtigen und die Frauen in Teilzeit von der zweiten auf die erste Führungsebene aufsteigen lassen, sind wir dem Ziel einer diversen Agenturwelt ein großes Stück nähergekommen.