atthias Hangst, einer der hochkarätigsten deutschen Sportfotografen, war beim Finale in Rio und hat als Fotograf von Getty Images die komplette WM in Brasilien erlebt. Wir fragten ihn nach seinen Erlebnissen und Erfahrungen.
Hat die Sportfotografie von der Pike auf gelernt und ist seit fünfzehn Jahren im Geschäft: Matthias Hangst, der seit Neuestem zum Team von Getty Images gehört. Alle seine Bilder von der WM finden Sie unter diesem Link. Im PAGE-Interview berichtet er, wie die Sportfotografen arbeiten, die uns die spektakulärsten Bilder vom Fußballwahnsinn der letzten Wochen lieferten. Natürlich war Hangst auch beim sensationellen Finale vor Ort.
PAGE: Seit vielen Jahren fotografieren Sie bei den weltweit größten Sportveranstaltungen. Was war für Sie persönlich der aufregendste Moment bei der WM in Brasilien?
Matthias Hangst: Es gab ein paar sehr emotionale Momente mit den Teams aus Südamerika. Man merkt sofort, wie viel Hoffnung und Emotion in diesen Ländern für den Fußball herrscht. Vor Beginn des Turniers haben wir Fotografen versucht, den Alltag in Rio zu dokumentieren. Wir waren dabei sehr vorsichtig, waren immer in Teams unterwegs und versuchten jede Gefahr zu vermeiden. Es gab einen Moment, in dem ich sehr dankbar war, unseren einheimischen Fahrer in meiner Nähe zu haben. Völlig entspannte und ruhige Straßenszenen können sich sehr schnell in bedrohliche Momente verändern – vor allem wenn man mit teurem Fotoequipment unterwegs ist. Man steigt dann am besten ganz schnell in sein Auto ein und versucht diesen Ort zu verlassen.
Wie nahe kommen Sie den »Stars« und was haben Sie dabei erlebt?
Bei meiner Aufgabe als Fotograf eines sogenannten Editorial-Teams kommt es bei einer WM nicht zu sonderlich viel Nähe mit Spielern oder Trainern. Das hängt aber immer von der jeweiligen Aufgabe ab, die man bei solch einem Turnier hat. Dieses Mal gab es hier so gut wie keine Berührungspunkte. Das sieht für unsere sogenannten Fifa- oder Teamfotografen sicherlich anders aus.
Wie lautete Ihr »Briefing« durch Getty Images und wo war Ihr Standort in Brasilien?
Ich war Mitglied eines Teams, das aus vier Editorial-Fotografen, zwei Fifa-Fotografen und einem Techniker bestand. Wir waren die komplette Zeit als Gruppe gemeinsam unterwegs. Hauptstandort war von Anfang an Rio de Janeiro. Wir sind immer wieder dorthin zurückgekehrt und haben unser Quartier in Rio auch immer als »Base Camp« behalten. In der Vorrunde haben wir fast jeden Tag ein Spiel fotografiert, also um die 14 Flüge und rund 15.000 Flugkilometer in den ersten beiden Wochen. In der Zwischenrunde gab es dann auch immer mal wieder einen Tag ohne Reise.
Der Tagesablauf war immer ähnlich. Wir sind morgens gestartet: Abholung mit einem Minibus, oft schon mitten in der Nacht, Transfer zum Flughafen, Flug, von dort direkt ins Stadion oder kurz ins örtliche Hotel, um einen Teil des Gepäcks abzugeben. Wir sind meist rund vier Stunden vor Spielbeginn im Stadion: Aufbau, Briefing, Vorbereitung usw. Nach dem Spiel dann mit einem Shuttlebus zurück ins Hotel, meistens ein kurzes Abendessen, Übernachtung und dann eben meist sehr früh die Anreise für das nächste Spiel.
Sind Sie als Deutscher stärker aufs deutsche Team fokussiert?
Da ich nicht als Teamfotograf unterwegs war, hatte ich keinerlei Priorität für ein Team. Es gab von Anfang an eine feststehende Planung welche Spiele wir zu besetzen haben, auch in der Zwischenrunde, unabhängig von den möglichen Begegnungen.
Unser Interview haben wir schon vor dem Finale geführt, gestern kam Matthias Hangst dann den Spielern doch sehr nahe …
Wie detailliert sind die Anforderungen an die einzelnen Fotografen bzw. wie viel Freiheit haben sie für eigene Ideen?
Die Anforderungen sind sehr detailliert. Als Getty-Images-Fotograf arbeitet mab nicht nur für journalistische Kunden, sondern hat auch ein ausführliches Briefing für kommerzielle Kunden (Sponsoren) zu beachten. Man kann sich außerdem als Fotograf bei Fußball-Großveranstaltungen während des Spiels nicht frei bewegen. Die jeweiligen Sitzplätze sind mit einer Nummer fest zugewiesen. Meine fotografische Freiheit bleibt mir in diesem Rahmen immer erhalten, aber ich habe auch eine ganz klare Zuständigkeit für bestimmte Dinge in meinem Stadionbereich. Die Kunst liegt darin, all diese Briefings sauber und korrekt zu bearbeiten und dabei trotzdem die eigene Kreativität nicht zu verlieren.
Wie viele Getty-Fotografen sind in Brasilien (bzw. an in Ihrem Standort) vor Ort und wie funktioniert die Koordination? Wie eng arbeitet man als Getty-Fotograf im Team?
Es waren anfangs fünf Fotografen-Teams unterwegs. Jedes Team bestand aus vier „Editorial-Fotografen“, zwei Fifa-Fotografen und einem Techniker. Zwei dieser Teams bleiben bis zum Finale. Die Anderen sind nach der Vor- oder Zwischenrunde abgereist. Die einzelnen Teams sind von Anfang an als Gruppe unterwegs, jeden Tag. Somit ist die Zusammenarbeit im Team auch extrem eng. Die komplette Coverage braucht natürlich eine gute Zusammenarbeit.
Was passiert mit den Fotos, sobald Sie sie geschossen haben?
Wir nutzen das sogenannte Tethering für die Bildübertragung, d.h. unsere Kameras sind während des Spiels über Netzwerkkabel an einem Bildübertragungssystem angeschlossen. Jedes Bild, das ich mache, wird automatisch innerhalb von Sekunden übertragen. So haben die Editoren sofort Zugriff auf alle Fotos, die wir machen. Die Auswahl, Bildbearbeitung und Bildbeschriftung liegt bei diesem Event ausschließlich in der Hand der Editoren. Dieses Team sitzt im IBC in Rio de Janeiro. Je nach Spiel sind das bei mir zwischen 1.000 und 2.000 Auslösungen, von denen geschätzt rund 5-10 Prozent genutzt werden.
Sie sind seit 15 Jahren als Sportfotograf überall in der Welt unterwegs. Welche Eigenschaften muss ein gutes Sportfoto aktuell erfüllen?
Die Ansprüche an ein gutes Sportfoto sind extrem unterschiedlich. Das hängt sehr stark vom Kunden ab: Ein Sponsor wird für seine Zwecke ein anderes Foto für gut befinden als eine Tageszeitung oder ein Wochenmagazin. Am Ende gilt es, alle Bedürfnisse und Wünsche zu berücksichtigen. Und das Beste, was man tun kann und was bei Getty Images auch gewünscht ist: seinen eigenen Stil und seine Bildsprache umsetzen. Im Gesamtbild dieses guten Teams ergibt sich dann eine komplette Coverage, die alle Kundenwünsche abdeckt.
Es ist extrem wichtig, als Sportfotograf zu versuchen, seine eigene Bildsprache zu entwickeln und dieser auch treu zu bleiben. Auf lange Sicht wird man nur damit Erfolg haben, auch wenn das nicht immer hundertprozentig jeden Kunden befriedigen mag.
Hier sind mehr Fotos von Matthias Hangst vom Finale zu sehen
Danke für den Hinweis!!! Der Link ist korrigiert.
Der Link in der Bildunterschrift funktioniert leider nicht.