Die besten Tipps zur Personalisierung
Wie Shops und Brands durch neue Personalisierungsstrategien und eine individuellere Ansprache ihre Konversionsraten steigern und die Markenloyalität erhöhen
Die Umsetzung: Personalisierte Customer Journey
Auch das stetige Messen und Optimieren des Angebots ist Teil einer fundierten Personalisierungsstrategie. Dazu dient in den meisten Fällen eine Kombination aus Analytics-Tools sowie Auswertungen aus Multivariate-Tests und Bewertungen aus Customer-Relationship-Management(CRM)-Tools. »Im Idealfall werden die Datentöpfe in einem Dashboard kumuliert, um schneller zu aussagekräftigeren Auswertungen zu kommen«, so Thomas Kropf.
Im Idealfall fügt sich Personalisierung dann nahtlos in die Customer Journey ein, ohne auf die Nutzer:innen unheimlich zu wirken, und ist stattdessen dezent, nachvollziehbar und der relevante Inhalt im richtigen Moment. Im Design erreicht man das nicht mehr über das als aufdringlich und nervig empfundene Pop-up oder Overlay auf der Seite, sondern vielmehr über relevante Actions im sichtbaren Bereich, über bestimmte Inhaltsmodule – Angebotsflächen, Teaserformate, CRM-Aufforderungen et cetera –, die innerhalb einer Seite an Relevanz und Sichtbarkeit gewinnen, oder durch kleine, schnell aufrufbare Dashboards die zum Beispiel eine Zusammenfassung der letzten Motorradausfahrt oder alles zur Vorbereitung auf die nächste Reise anzeigen. Ebenfalls können UX-Designer:innen mit Microinteractions das Auge des Kunden oder der Kundin im richtigen Moment auf eine Aktion lenken. »Beispielsweise wenn wir auf Basis des Nutzungsverhaltens meinen, dass es Zeit ist für eine Kontaktaufnahme, bewegt sich das Icon für Kontakt leicht, um auf sich aufmerksam zu machen«, so Kropf.
Tools und Technologieunterstützung stellen dabei noch immer die größte Herausforderung dar, obwohl es mechanisch zunächst einfach klingt: Durch Datenakquise auf der Website, in der App oder im stationären Handel können die Unternehmen User:innen identifizieren und ihnen geeignete Services unterbreiten beziehungsweise Inhalte ausspielen: »Durch heterogen gewachsene CRM-Systeme, seltene Standards, Datenschutzverordnungen mit viel Interpretationsspielraum und einen schnell wachsenden Markt, mit dem qualitativ hochwertige Software nicht Schritt halten kann, fällt es vielen noch schwer, aus der Idee eine Lösung zu machen«, sagt Thomas Kropf. Auch die McKinsey-Studie bringt ans Licht, dass mehr als zwei Drittel der Befragten schon an der Erfassung, Integration und Synthese von Kund:innendaten scheitern.
Das Tooling: Alle Daten zusammenbringen
Auf isolierten Kanälen funktioniert dabei hingegen schon vieles. So gelten beispielsweise individualisierte E-Mail-Inhalte und zielgerichtete Display- und Retargeting-Ads fast schon als Standard. Auf eigenen Kanälen wie der Website gehe der Weg zur Personalisierung über die dort eingesetzten Tracking-Technologien in Verbindung mit modernen Marketingclouds und idealerweise ihren Schnittstellen, weiß Thomas Kropf.
»Daten aus hinterlegten Profilen und dem aufgezeichneten Nutzungsverhalten sowie eine Lead-Nurturing-Bewertung aus einem CRM-System – allein oder in Kombination mit Daten aus anderen Kanälen – lassen sich heranziehen, um die Customer Journey für die Nutzer und Nutzerinnen in Echtzeit zu optimieren«, erklärt Thomas Kropf. Das passiert direkt im Frontend-Code der Webseite und wird von Toolsets – auch Toolings genannt – unterstützt, die den statisch ausgelieferten Code individuell erweitern können, wie zum Beispiel die KI-gestützte Optimierungs-Engine Adobe Target aus Adobes Experience Cloud, Oracles Maxymiser Testing and Optimization oder das Salesforce Marketing Cloud Interaction Studio.
Für eine erfolgreiche Personalisierungsstrategie hat Thomas Kropf schließlich noch einen technologischen Tipp: »Gestaltet man perspektivisch alle Datenquellen headless – also entkoppelt von ihrem Ausgabeformat –, entsteht die Möglichkeit, systemunabhängig auf Daten zur Personalisierung von Erlebnissen über Schnittstellen und Microservices zuzugreifen.« Wer jetzt mit der Personalisierung seines Angebots starten möchte, findet hier die erfolgreichsten Features sowie wertvolle Tipps vom Experten und Beispiele für eine erfolgreiche Personalisierung.
Personalisierungstrategien: Die besten Beispiele
Starbucks: Persönlicher Kaffeegenuss
Starbucks gehört zu den Pionieren der Personalisierung. Angefangen beim Vornamen auf dem Getränkebecher über die App mit Treueprogramm und Pushnachrichten mit personalisierten Offerten oder zusätzlichen Essensangeboten bis zum mobilen Bestell- und Bezahlverfahren tritt das Unternehmen mit Kund:innen in Kontakt und intensiviert dadurch nicht nur die Beziehung zu ihnen, sondern sammelt gleichzeitig wichtige Informationen über sie. Um Millionen individualisierte Angebote an seine Loyalty-Mitglieder auszuliefern, nutzt Starbucks inzwischen die auf maschinellem Lernen basierende Plattform Formation. Diese kombiniert unterschiedliche Datenquellen wie Transaktions-, Produkt-, Loyalitäts- und Restaurantinformationen, um persönliche Angebote zu erstellen und auszuspielen. Das System reicht von der Angebotserstellung und -verwaltung über die Belohnungserfüllung und KPI-Messung bis zur Nachverfolgung auf Unternehmensebene und automatisiert diese Art der Personalisierung über alle Kanäle hinweg.
About You: Maßgeschneiderte Modewelt
Bei About You steckt Personalisierung in der Unternehmens-DNA. Was nach PR klingt, ist aber nicht von der Hand zu weisen. Seit CEO Tarek Müller in der Fashionbranche unterwegs ist, hat er mit technischen und strategischen Personalisierungsansätzen neue Maßstäbe gesetzt. In 360-Grad-Kampagnen verknüpft das Unternehmen Personalisierungsfeatures in Social Media, auf der Website sowie in Mailings und Events, um ein einzigartiges Kund:innenerlebnis zu schaffen. So gab es etwa zum Launch der neuen Plattform in Italien eine weiträumige Freiluftinstallation in Mailand. Die über 600 Besucher:innen erhielten RFID-Armbänder, auf denen ihre Daten hinterlegt waren. Kamen sie in die Nähe eines Screens, änderte sich darauf der Markenname About You zu »About Vorname« des Gastes. Eine scheinbar simple, aber umso smartere Variante der Personalisierung. Die technologischen Lösungen dafür entstehen alle inhouse.
Bild: ALFONSO CATALANO/SGPITALIA Bild: ALFONSO CATALANO/SGPITALIA
HelloFresh: Individuelles Kocherlebnis
Das einstige Kochboxen-Start-up aus Deutschland ist inzwischen zu einem globalen Multi-Brand-Unternehmen gewachsen, das Personalisierung groß auf seine Fahnen schreibt. Nicht nur die Lebensmittelboxen selbst kann man ein Stück weit den eigenen Gewohnheiten, Vorlieben oder Allergien anpassen: Für eine persönlichere Customer Experience auf der Website nutzt HelloFresh die Plattform Instapage, die nach Klick auf einen externen Werbebanner auf Basis von UTM-Tracking in der URL automatisch die richtigen Landingpages generiert, ausspielt und analysiert. Anreichern lässt sich die Customer Journey dann noch mit gezielten Rabatten und Angeboten. Das HelloFresh-Designteam pflegt inzwischen auch eine Bibliothek mit erfolgreichen Templates, an denen es neue Ideen testet, bevor das Unternehmen große Werbekampagnen startet.
Bild: contact@ryandinham.co.uk www.ryandinham.co.uk
6 Personalisierungs-Tipps vom Experten für Brands und Shops
Thomas Kropf, Head of Technology bei Syzygy in Frankfurt am Main, hat sechs wertvolle Tipps für Brands und Shops, die Personalisierung in ihrer Unternehmensstrategie umsetzen wollen.
1 Daten sammeln und analysieren kann die Experience von Kunden und Kundinnen nachhaltig verbessern. Allerdings sollte das Sammeln von Daten immer mit Respekt in Hinblick auf die Privatsphäre passieren und nie aufdringlich sein, sondern sich nahtlos, dezent und nachvollziehbar in die Experience einfügen.
2 Die Mechanik sollte nicht über dem Konzept stehen. Personalisierung sollte nicht zum Selbstzweck werden, sondern dazu dienen, die Relevanz der Inhalte für den Kunden zu steigern.
3 Die Devise »Never touch a running system« hat ausgedient. Man sollte Projekte nie als abgeschlossen betrachten, denn moderne Technologien zur Datenanalyse erlauben es, die Customer Journey fortlaufend zu optimieren. Das steigert das Nutzungserlebnis und erhöht die Conversion oft signifikant.
4 Daten sammeln reicht nicht, was zählt, sind die Visualisierung und die Aufbereitung der Daten. Nur so können Expert:innen die richtigen Ableitungen für die User Experience und das Design treffen.
5 Ein modernes digitales Ökosystem verträgt keine Silos oder Insellösungen. Nur wenn alle Teilprojekte nahtlos kommunizieren können, funktioniert der Daten- und Informationsaustausch reibungslos.
6 Daten machen noch kein Markenerlebnis. Ein großer roter Button erhöht sicher die Conversion, passt aber genauso sicher nicht zum Anspruch jeder Marke.
6 beliebte Features für eine persönlichere User Journey
Personalisierung ist ein großes Wort. Bricht man sie auf die verschiedenen kleinen Features herunter, versteht man den Vorteil, den sowohl Brands und Shops als auch Kund:innen inzwischen darin sehen.
1 Angepasster und angereicherter Content
Dynamische Inhalte – etwa im Header auf der Startseite oder in einem großen, zielgerichteten Angebotsmodul auf der Landingpage – vermitteln den Eindruck, dass ein Brand oder Shop das Bedürfnis seiner Besucher:innen nicht haargenau kennt, aber das Angebot dennoch zu ihrem Interesse passt. Das ist wichtig, denn viele verlassen eine Website sofort wieder, wenn ein Produkt angezeigt wird, das sie nicht interessiert.
2 Produktvorschläge
Sie sind zwar ein alter Hut, sollen aber vor allem bei einem großen Angebot dazu dienen, Kund:innen bedürfnisgerecht durchs Sortiment zu führen. Auch Cross-Selling-Vorschläge von Produkten, die den Warenkorb ergänzen, lassen sich leicht implementieren. Und KI-basierte Suchen helfen, ein individuelleres Erlebnis zu schaffen.
3 Customizing
Konfiguratoren sind ein beliebtes Beispiel dafür, dass sich Kund:innen ihr individuelles Angebot zusammenstellen können. Das reicht vom Auto über Turnschuhe bis zum Kaffee und gibt ihnen das Gefühl, selbst Teil des Produkts zu sein.
4 Persönliche Ansprache
Ob auf der Website, im Newsletter oder auf dem Kaffeebecher – Marken und Shops, die Kund:innen mit Namen ansprechen, wirken nahbar, freundlich und menschlich. Voraussetzung ist, dass Kund:innen ihren Namen bewusst dafür genannt haben – sonst wirkt die Anrede schnell unheimlich.
5 Individuelle Preisgestaltung
Preise lassen sich nicht nur dynamisch dem Marktumfeld anpassen, sondern ganz individuell an den oder die einzelne:n Nutzer:in. Auch maßgeschneiderte Rabatte oder persönliche Gutscheine konvertieren besser als mit der Gießkanne ausgegossene Aktionen.
6 Service-Chats und -Bots
Ein Trend, den immer mehr Unternehmen nutzen, etwa zur Produktberatung und Kund:innenbetreuung. Dabei sind KI-basierte Messaging- und Bot-Systeme auf dem Vormarsch, die über Keywords und Kommunikationsmuster die Konversation steuern und aus den Präferenzen und Interaktionen der Kund:innen lernen.
Dieser Artikel ist in PAGE 1.2022 erschienen. Die komplette Ausgabe können Sie hier runterladen.