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Re-design der SPEX!

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Verwunderung, Begeisterung, Entrüstung: Das popkulturelle Nationalheiligtum Spex hat ein neues Layout! Wir sprachen mit Artdirector Andreas Wesle, Teil des Gestalterduos Atelier Liska Wesle.

Warum brauchte die Spex ein neues Layout?

Andreas Wesle (Atelier Liska Wesle, siehe PAGE): Zur Zusammenarbeit kam es vor allem aufgrund des Stils und des formalen Prinzips, wie es der Redaktion vorgestellt wurde. Die neuen Chefredakteure Jan Kedves und Wibke Wetzker wollten ein »Facelifting« – das zu einem Redesign wurde – um damit ein Signal nach außen zu kommunizieren: Hier hat sich etwas getan! Ich fand, dass die Spex vorher etwas zu vorhersehbar war, überraschende Momente entbehrte und dass das Heft eher einen justierten als gestalteten Eindruck machte. Sie war auch ein bisschen zu brav …

Was war für Sie die prägnanteste Veränderung, die Sie vorgenommen haben?

Die Entschlackung des Heftes von grafischen Elementen zum einen. Zum anderen sollte der leeren weißen Fläche mehr Raum gegeben sein. Es findet eine formale Destillation auf die Essenz eines Magazins statt: Der reine Umgang mit Text und Bild. Passiert darin dann doch ein grafischer Akzent, so wirkt dieser umso impressiver. Dabei wollen wir was die Bilder angeht in ihren Formaten, in ihrer Anordnung und Verortung freier und flexibler sein. Dadurch bekommt das Layout Dynamik und Leichtigkeit, wirkt zugleich stringent in seiner Eleganz.

Liegt die Wahrheit bei so viel Weißraum jetzt zwischen den Zeilen – und Bildern? Wollten sie neutrale Flächen schaffen auf denen die eigenen Gedanken Auslauf haben?

Der weiße Raum ist genauso wichtig wie der gefüllte. Dies sagte Bernd Kuchenbeiser, und es stimmt. Design braucht formale Pausen, damit es nicht langweilt und einen auch nicht überfordert. Auch hier: nur wenn das Layout vorher »still« ist, kann es auch wieder opulent werden, kann man einen eindrücklichen Moment schaffen. Vom Inhalt und von den Bildern ausgehend wird gestaltet. Wenn z.B. ein Bild gut ist, sollte es auch nicht beschnitten oder in einen Kasten gesperrt sein. Wenn es etwa kleiner gezeigt sein muss auf großzügigem Weißraum und dies mehr zum Verweilen als zum Durchhasten einläd – so ist das gut so und passt zum Medium.

Eine Bloggerin hat zum Relaunch der Spex gemutmaßt, dass er auch eine Annäherung an die Klick- und Verlinkungskultur des Internets ist …

Da war ich überrascht. Sie hat dabei auf ein Modeinterview Bezug genommen, in dem Fotos in den Text eingeklinkt waren, so wie man es auch in Blogs findet. Aber das hatten wir gar nicht im Sinn, denn auch in der Magazingestaltung ist dieser Umgang mit Text und Bild durchaus zu finden. Ich glaube es wäre auch nicht richtig, einer Netz-Ästhetik in einem analogen Medium zu folgen.

Viele Geschichte fangen auf der linken Seite an, auch Inhaltsverzeichnis und Editorial sind links angesiedelt. Not oder Tugend? Zugeständnis an die Anzeigenkunden oder ästhetisches Prinzip?

Natürlich muss man Kompromisse machen wenn der Anzeigenkunde eine rechte Seite bucht, ganz einfach. Die Geschichten beginnen immer mit einer linken Seite, wobei – wie im vorderen Musikteil zu sehen ist – die Überschrift / der Text sehr wohl erst rechts erscheinen darf. Dies zum ästhetischen Prinzip zu erheben, wäre vielleicht falsch ausgedrückt, aber es funktioniert.

Die Typographie allerdings wirkt nicht sehr stringent. Sätze sind in Bogenform gesetzt, regular, bold, kursiv …

Ich finde schon, wenn man das Heft als ästhetisches Ganzes betrachtet. Die Typografie zeigt sich nicht unbedingt gemäßigt, auch im Zusammenspiel mit den neutraleren Fließtexten und dem flexibleren Bild-Layout. Sie hat ihre irritierenden Dada-Momente, wenn zum Beispiel die Headlines sehr weit spationiert sind oder wenn sie kippen. In den Überschriften hält dies das Heft aber nicht nur aus, sondern fordert es auch: wir befinden uns ja im popkulturellen Kosmos; die Frage nach dem »Warum« stellt sich nicht, wenn z.B. Lady Gaga ein Telefon auf dem Kopf trägt … Überdies wird sehr großen Wert auf gute Lesbarkeit in den Fließtexten gelegt. Wie gesagt, dort ist die Typografie sehr geordnet und klassisch.

Uns kam es vor, dass das Layout etwas weg vom Intellekt, von den endlosen Bleiwüsten hin zu mehr Gefühl bewegt hat …

Das ist eine interessante Wahrnehmung. Ich finde Dinge wirken besser, wenn nicht das Layout eine Form vorgibt, die gefüllt werden muss. Ich sehe auch die Gestaltung eines Magazins nicht als Aufgabe deren Lösung die Einrichtung eines statischen Corporate Designs ist. Wenn die Gestaltung dadurch als emotionaler empfunden wird, dann finde ich das ein sehr gutes Zeichen. Darüber hinaus habe ich auch schon gehört, dass das Heft nun intellektueller wirkt – gibt es eine intellektuelle Emotionalität?

Ein Blick in das aktuelle Heft:

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