Digital Folklore
Eine Liebeserklärung an volkstümliche Internetgestaltung
An Amateure im Webdesign zu denken, fühle sich an, „wie auf der Autobahn hinter einem Wohnwagen im Stau zu stecken“. Mit diesem spöttischen Spruch zitiert Olia Lialina den Amsterdamer Interaction Designer Hayo Wagenaar. Dabei ist das Buch, das sie mit ihrem Kollegen Dragan Espenschied von der Stuttgarter Merz Akademie herausbrachte, eine echte Liebeserklärung an volkstümliche Internetgestaltung.
Manches davon, wie die einst unerlässliche Formel »Welcome to my Home-page«, glitzernde Starry-Night-Backgrounds oder künstliche MIDI-Sounds, erfüllt uns schon geradezu mit Nostalgie, denn die private Homepage droht im Zeitalter der sozialen Netzwerke auszusterben. Facebook ist karg, doch auf MySpace haben gekachelte Hintergründe oder zappelnde GIFs ein neues Biotop gefunden. Jüngere Phänomene sind die Lolcats, die laughing out loud cats, die über Blogs wie etwa http://icanhascheezburger.com/ einen riesengroßen Hype auslösten. Auch ohne Trachtenmode und Volksmusik: Die Folklore stirbt nie, sie nimmt nur neue Gestalt an.
»Web 1.0 wurde erfunden, damit Physiker Forschungsberichte miteinander teilen können, Web 2.0 wurde geschaffen, damit Leute Fotos süßer Katzen austauschen«, behauptet Ethan Zuckerman
Olia Lialina, Dragan Espenschied (Hrsg.): Digital Folklore. To Computer Users, with Love and Respect. Stuttgart (merz & solitude) 2009, 288 Seiten. 34,50 Euro. isbn 978-3-937982-25-0
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