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Marken zwischen Transformation und Tradition: Balanceakt mit Haltung

Markenführung steht heute vor der Herausforderung, Tradition zu bewahren und gleichzeitig innovativ zu bleiben. Denn: Wer keine starke Marke hat, die sich anpasst, verliert an Relevanz.

Eine nächtlich beleuchtete Werbetafel zeigt eine KfW-Anzeige. Links steht der Text „Irgendwann mal in neue Energien investieren. Oder einfach jetzt.“ Daneben arbeiten zwei Personen mit Schutzhelmen auf einer Hebebühne an der Fassade eines modernen Gebäudes mit violetten Paneelen. Der Himmel ist blau, oben rechts das KfW-Logo.
»Wir fördern Perspektiven aus Verantwortung« ist geblieben, wurde aber neu beweisbar gemacht. Der Markencharakter wurde aktiver und selbstbewusster gestaltet. Bild: KfW

»Holidays are coming« – und mit den Feiertagen auch die berühmten Weihnachtstrucks von Coca-Cola: Hell erleuchtete Riesen-Boliden im Santa Claus-Look machen Stopps in der gesamten Republik und erfreuen Kinderaugen seit inzwischen mehr als 30 Jahren. Eine Tradition, die für viele fest dazugehört. Doch seit zwei Jahren ist etwas anders: Die Trucks fahren nicht mehr nur auf der Straße durchs Land – ein Teil davon rollt gemeinsam mit DB Cargo auf Schienen zu den Fans. Ein wichtiger Schritt, der zeigt: Die Marke schaut nach vorne, und wählt bei aller Tradition zumindest teilweise einen zeitgemäßeren, nachhaltigeren Weg. Aus den Glühbirnen rund um den Truck wurden LEDs, begleitet wird er von Elektroautos. Ein wertvolles Marketingerbe passt sich an, denn die Zeiten ändern sich. Und mit ihnen muss das auch die Marke tun.

Eine entscheidende Frage

Dabei stellt sich gerade für viele Unternehmen heute eine entscheidende Frage: Wie bewahrt man Tradition, während man sich gleichzeitig transformiert, um auch morgen relevant zu bleiben? Es ist ein Balanceakt, der im Moment so schwierig und gleichzeitig so wichtig scheint wie nie. Denn starke Marken geben Halt in unsicheren Zeiten: Laut aktuellem Markenmonitor 2026 von German Design Council und gmk Markenberatung dienen sie gerade jetzt als Kompass in einer Zeit, in der Routinen zerbröckeln und Märkte unübersichtlich werden. Wer keine starke Marke hat, die sich anpasst, verliert an Relevanz. Und dabei kommt es auch auf die Geschwindigkeit an: Laut Markenmonitor ist es ein entscheidender Hebel, schnell mit Entwicklungsprozessen auf veränderte Marktherausforderungen zu reagieren. Aber: Wirklich gelingt das nur 19 Prozent der Befragten.

»Jede Marke, die sich für die Zukunft positioniert, hat immer auch den Anspruch, diese mitzugestalten.«

Und das, obwohl Krisen eigentlich nichts Neues sind: »Kalter Krieg, Wirtschaftskrise oder Terroranschläge – Zeiten großer Unsicherheit gab es zwar schon oft und wird es immer geben. Aber: Wir sehen unser aktuelles Spannungsfeld wie durch ein Brennglas«, erklärt Tabea Höllger, FMCG-Markenexpertin und Partner bei Brand Trust: »Technologische Sprünge durch KI, Nachhaltigkeitsdruck, gesellschaftliche Polarisierung und neue Wettbewerber in praktisch allen Branchen. In solchen Phasen suchen Menschen nach Orientierung – und Marken können genau das leisten, wenn sie sowohl Zukunft als auch Herkunft gekonnt miteinander verbinden.« Innovation, sagt die Expertin, sei eine zentrale Leistung von Unternehmen – gerade jetzt. »Es braucht Marken, die sich mit dem aktuellen Kontext und den menschlichen Bedürfnissen unserer Zeit auseinandersetzen, um hier auch Lösungen anbieten zu können. Jede Marke, die sich für die Zukunft positioniert, hat immer auch den Anspruch, diese mitzugestalten.«

Best Case KfW Bankengruppe

Vor dieser Aufgabe stand auch die KfW Bankengruppe. Mit einer entscheidenden Vision: Die KfW soll bis 2030 die digitale Transformations- und Förderbank werden. »Die größte Aufgabe für uns war, komplexe Herausforderungen der Gesellschaft mit sperrigen, wenig emotionalen Begriffen wie Transformation in eine verständliche und emotionale Nutzenperspektive zu bringen und sie in die bestehende Marke schlüssig zu integrieren«, sagt Manuel Wolf, Leiter Marke in der Konzernkommunikation. Der zentrale Markenkern »Wir fördern Perspektiven aus Verantwortung« ist geblieben, wurde aber neu beweisbar gemacht. »Dafür wurde der Markencharakter aktiver und selbstbewusster gestaltet und emotionale Treiber des veränderten gesellschaftlichen Wandels als Vorteil für jede Anspruchsgruppe integriert.« Logo, Claim und Farbe bleiben unverändert, dazukam ein frisches digitales Grün und eine lebendigere, großzügige Bildsprache. Für den Relaunch gab es beim German Brand Award 2025 Gold. Die Begründung der Jury: Es sei gelungen, den bewährten Markenkern mit einer zukunftsweisenden Vision zu verbinden. Balanceakt gelungen, denn mit dem Refresh zeigt die KfW: Wir denken nach vorne – und verlieren gleichzeitig unser Erbe nicht aus den Augen.

»Haltung ist kein moralisches Feuilleton, sondern ein Unternehmensauftrag.«

Kein nostalgischer Ballast

Wichtig ist, dass Marken heute mehr als nur ihre eigene Zukunft gestalten. Sondern Verantwortung übernehmen – und Sinn stiften. Verbraucher suchen nach Marken, die über das Produkt hinausgehen und eine resonante Geschichte erzählen, die zu ihrem eigenen Lebensstil und ihren Überzeugungen passt, heißt es in der Studie „Transforming Brands“ des Zukunftsinstituts. »Marken, die Haltung zeigen, werden zu gesellschaftlichen Akteuren«, sagt Expertin Tabea Höllger. Aber: »Haltung ist kein moralisches Feuilleton, sondern ein Unternehmensauftrag. Sie muss beweisbar sein – in Produkten, Entscheidungen, Partnerschaften.« Das heißt: Purpose darf nicht aufgesetzt sein, sondern steckt in den eigenen Werten, tief in der DNA. Ist das Erbe stark, ist das auch für den Blick in die Zukunft ein entscheidender Vorteil: »Die Geschichte einer Marke ist für uns kein nostalgischer Ballast, sondern ein stabiler Referenzpunkt, der zeigt: Dafür stehen wir, egal wie turbulent die Zeiten sind

Und turbulent, das sind sie, die Zeiten. Jetzt kommt es darauf an, die eigene Geschichte erfolgreich in die Zukunft zu übertragen. Oder eben: von der Straße auf die Schiene.

Starke Marken geben Halt in unsicheren Zeiten

Der Deutsche Markenmonitor 2026 ist keine Trendbroschüre. Er ist ein Lagebericht zur strategischen Markenfähigkeit deutscher Unternehmen, der zeigt: Wer Marke systematisch führt, sichert Zukunft. Wer sie als Kommunikationsdekoration behandelt, verspielt sie.

Logos PAGE und German Brand Award 2026, grafische Darstellung

 

 

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