An dem Projekt »Façades & Vitrines« hat der belgische Fotograf Stephan Vanfleteren zwar während der letzten zehn Jahren gearbeitet, doch machte er lange Zeit aus dieser Arbeit ein Geheimnis, in das er nur wenige Vertraute einweihte.
Stephan Vanfleteren
Façades & Vitrines
An dem Projekt »Façades & Vitrines« hat der belgische Fotograf Stephan Vanfleteren zwar während der letzten zehn Jahren gearbeitet, doch machte er lange Zeit aus dieser Arbeit ein Geheimnis, in das er nur wenige Vertraute einweihte. Und er überrascht mit Farbaufnahmen! Der für seine schwarzweißen melancholischen Stimmungsbilder und wunderbaren Porträts bekannte Vanfleteren kommt in dieser Serie dafür ganz ohne Menschen aus: auf unzähligen Reisen und Streifzügen durch Belgien fotografierte er Geschäftsfassaden, die wie aus der Zeit gefallen scheinen. In Kleinstädten und Dörfern, aber auch in Städten wie Brüssel oder Antwerpen fand er seine Motive. Kleine selbständige Geschäfte standen dabei im Mittelpunkt seines Interesses. Darunter sind Lebensmittelläden, Bäckereien oder Schlachtereien ebenso zu finden, wie Fachgeschäfte für Kameratechnik, Schuhe oder auch Sexshops. Nicht zu vergessen die kleinen Cafés und Kneipen, die genauso individuell gestaltet wurden. Die Beschriftungen und Namen der Geschäfte, die häufig noch gemalten Reklameschilder und Werbetafeln ergeben zusammen mit den von den Spuren der Zeit stark mitgenommenen Fassaden ein spezielles Gesamtbild, das vom Charme der Vergangenheit lebt. Stephan Vanfleteren hat ein besonders Gespür für die Poesie der Vergänglichkeit. Die Details seiner Fotografien, die abblätternden Farben, verwitterte Materialien und Plakatabrisse, die Alltagspatina und vor allem die daraus erwachsene besondere Farbigkeit sind von ihm in stimmigen Fassadenporträts festgehalten worden. Vanfleterens Fotografien sind eine ganz persönliche Inventarisation und Dokumentation des unwiederbringlichen Verlustes der lokalen Geschäfts- und Händlertradition in einer sich immer schneller globalisierenden Welt. In Zeiten, in denen die Innenstädte und Fußgängerzonen zunehmend veröden und von den immer gleichen Ladenketten dominiert werden, hat Vanfleteren den persönlichen, inhabergeführten Geschäften ein Denkmal gesetzt. Mit fotografischen Mitteln wendet er sich gegen eine fortschrittsgläubige Gesichtslosigkeit und rückt das Einzigartige, Skurrile in den Blickpunkt. Auch und gerade mit dem Wissen, dass es verschwinden wird. »Au Tout Va Bien« ist auf der Fassade noch zu lesen, doch die Rollläden sind verschlossen, die frühere Nutzung scheint aufgegeben. Die Aufnahme wird bei Vanfleteren zu einer abstrakten Komposition aus Fassadenteilen, die nichts über das dahinter liegende Ladengeschäft verraten. Leere Schaufenster, vernagelte Eingänge, oft scheinen die Fassaden als Zeugen der vergangenen Geschäftigkeit nur noch auf den Abriss zu warten. Doch manchmal leben sie noch und trotzen der Veränderung, wie zum Beispiel das kleine Schuhgeschäft »Au Palais de la Pantoufle« in Brüssel, das mit rührender Behaglichkeit und unverwüstlicher Schaufenstergestaltung auf Kundschaft wartet. 38 ausgewählte Fotografien sind nun in der Galerie Hilaneh von Kories zu sehen.