Street Art auf der Leinwand. In gut zwei Wochen kommt Banksys Dokumentarfilm »Exit through the gift shop« in die Kinos. PAGE ONLINE hat sich den Stoff in einer Vorpremiere angesehen und empfiehlt: Unbedingt sehen! Warum? Das lesen Sie hier.
Street Art auf der Leinwand. In gut zwei Wochen kommt Banksys Dokumentarfilm »Exit through the gift shop« in die Kinos. PAGE ONLINE hat sich den Stoff in einer Vorpremiere angesehen und empfiehlt: Unbedingt sehen! Warum? Das lesen Sie hier.
Angefangen hat alles mit einem Spleen. Der selbsternannte Unternehmer Thierry Guetta ist es Leid, fehlproduzierte Markenklamotten als Designer-Teile zu verkaufen und sattelt um aufs Filmen. Die Kamera einmal vor dem Gesicht platziert, kann er sie nicht mehr weglegen. Er nimmt alles, was um ihn herum passiert, auf Band auf, völlig ziellos und nur, um das Material in großen Plastikkisten zu deponieren. Selbst als er über einen Cousin mit dem Künstlernamen Space Invader in die Street Art Szene rutscht, bleibt er mehr der besessene Sammler als der logistische Filmemacher.
Nichtsdestotrotz: Guetta schafft es, hartnäckig und immer ein bisschen unverschämt, an alle wichtigen Größen aus der Street Art heranzukommen. Sogar der sonst so kamerascheue Banksy lässt sich zur Zusammenarbeit überreden. Guetta begleitet ihn bei seinen nächtlichen Streifzügen, filmt seine Aktionen und konserviert so eine eigentlich vergängliche Kunstform auf Video. Selbstverständlich immer, ohne das Gesicht des Künstlers zu zeigen, »Exit through the gift shop« ist auch ein weiterer Baustein in Banksys Strategie, sich selbst als Mysterium zu inszenieren. Der erste Höhepunkt des Films, in dem es in der ersten halben Stunde tatsächlich noch um Banksy geht, ist dessen Ausstellung »Barely Legal« in Los Angeles, mit der der Undergroundkünstler das Establishment erreicht und Millionen verdient.
Die Bändersammlung Guettas wächst ins schier Unendliche und der vermeintliche Filmemacher hat immer noch kein Konzept. Auf das Drängen seiner Kontakte schneidet er dennoch einen anderthalbstündigen Film zusammen: Ein Materialgewirr, das in den Augen brennt und gleichzeitig den entscheidenden Wendepunkt im Film darstellt. Thierry Guetta wird zum, wenn auch letztlich antiheldischen, Hauptdarsteller und gleichzeitig dem größten Kunstwerk Banskys. Der spielt hier ein Spiel mit den Identitäten – wie in Pressekonferenzen zu hören war, ist Mr. Brainwash eigentlich Spaceinfader – und verfilmt den Kern seiner Kunst.
Der Regisseur Banksy gibt vor Gefallen gefunden an der Idee, seine Kunst für die Ewigkeit festzuhalten, und um ungestört mit Guettas Material arbeiten zu können, schlägt er dem vor, selbst Kunst zu machen. Einblicke in die Techniken habe er nach all den Jahren schließlich genug. »Eine charmante Art, jemanden loszuwerden«, dürfte Banksy sich gedacht haben. Allerdings lag er damit komplett falsch. Thierry Guetta mutiert zum größenwahnsinnigen Pseudo-Künstler mit – das muss man zugeben – hervorragender Selbstvermarktung. Er nennt sich Mr. Brainwash, stellt qualitativ äußerst fragwürdige Kunstwerke her – oder besser, lässt sie von seinen Mitarbeitern herstellen, und plant die Mega-Ausstellung »Life ist beautiful«, ebenfalls in L.A. Noch während seine Mitarbeiter – allesamt laut eigener Aussage zum ersten und letzen Mal für Mr. Brainwash im Dienst – in den Hallen die Bilder hängen, gibt der vermeintliche Künstler vor den Toren Interviews für die Presse. Irgendwie schafft er es, einen unfassbaren Hype auszulösen, die Erlöse seiner Exponate belaufen sich auf eine Millionen Dollar.
Mr. Brainwash ist die wunderbare Inkarnation einer Frage, die wohl immer unbeantwortet bleiben wird: »Was ist Kunst?«. Banksy selbst jedenfalls kommentiert den Erfolg seiner Kreatur so: »Früher habe ich Leute gerne ermuntert, Kunst zu machen. Das tue ich jetzt nicht mehr.«
»Banksy – Exit through the giftshop« ist ab dem 21. Oktober mit Untertitel in deutschen Kinos zu sehen, ab November wird auch eine DVD erhältlich sein.
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