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Das macht ein Interface Designer bei Serviceplan

»Interface Design verändert sich konstant, sodass meine Arbeit sehr abwechslungsreich bleibt« sagt Kevin Eschweiler, Creative Director Digital bei Plan.Net in Hamburg. Was man sonst noch über das Berufsfeld wissen sollte …

Kevin Eschweiler, 36, ist als Creative Di­rector Digital bei der Serviceplan-Digital­agentur Plan.Net auf Interface Design spe­­zialisiert. Wir sprachen mit ihm darüber, welche Aufgaben ihn tagtäglich beschäfti­gen – und welche Fähigkeiten für einen In­terface Designer besonders wichtig sind.

Wie kamst du darauf, dich auf Interface Design zu spezialisieren?
Eschweiler: Interface Design ist ein weites Feld und birgt noch viel Potenzial. Jeder kommt täglich mit Interfaces in Berührung. Das Internet ist natürlich kein Neu­land mehr, doch trotzdem scheint es an einigen Stellen nicht komplett durchdacht zu sein. Als Nutzer fragt man sich oft: »Warum verhält sich das nicht so, wie ich es erwarte?« Man hat ein konkretes Bild davon, wie Berührungspunkte sich verhalten sollen, doch das wird nicht immer erreicht. Viele stürzen sich momentan auf fancy Disziplinen wie Virtual oder Aug­mented Reality, dabei sind die Basics noch ausbaufähig: Wie bediene ich das Interface? Wie lasse ich die Mar­ke entspre­chend mitschwingen?

»Es kommen fortwährend neue Formen von Interfaces hinzu. Auch für Dinge, an die heute noch niemand denkt«

Was hast du wo studiert?
Eschweiler: Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung im Bereich Verpackungsdesign und Verkaufsförderung in meiner Heimatstadt Aachen gemacht. Das hat sich schnell ausgereizt angefühlt – man wird es zwar immer brauchen und es bietet Raum für kreative Ideen, doch es passiert wenig Innovatives. Mir erschien der Spielraum online dann einfach größer, sodass ich noch ein Studium angeschlossen habe: Communication & Multimedia Design. Der internationale Studiengang gliedert sich in ein Grundstudium an der Fachhochschu­le Aachen und ein Hauptstudium an der Universität Maastricht. Die Studenten und Dozenten stammten aus aller Welt, was ich sehr gut fand – auch, weil andere Natio­nalitäten und Kulturen ganz anders mit Designthemen umgehen. Mir hat außerdem gut gefallen, dass es möglich war, die Richtung der Spezialisierung selbst vorzugeben, sodass ich mich früh auf Interface Design fokussieren konnte.

Hat dich das Studium gut auf deinen jetzigen Job vorbereitet?
Eschweiler: Eigentlich schon. Vor allem, weil man eben viel selbst gestalten konnte. Was außerdem sehr geholfen hat: Im Hauptstudium wurden reale Kunden eingebunden. Man hat von Anfang an echte Projekte angestoßen. Das war sehr lehrreich. Jedes Tool kann man lernen, jeden Prozess und jede Mechanik kann man sich aneignen, aber der Umgang mit Kunden und richtigen Projektabläufen ist etwas an­deres – da hilft nur Erfahrung.

Was machst du in deinem Job bei Plan.Net genau?
Eschweiler: Meine wichtigste Aufgabe ist es, die Bedürfnisse des Kunden zu verstehen und für diese mit dem Team eine Lösung zu entwickeln – vieles ist Übersetzungsarbeit. Ich habe je nach Projekt unterschiedliche Rollen, was daran liegt, dass wir momentan noch ein kleines Team aus sieben Leuten sind. Es kann also sein, dass ich selbst ein Interface gestalte. Bei einem anderen Projekt betreibe ich hingegen Kre­ativdirektion und führe das Team dahin, etwas zu erarbeiten. Parallel steuert man meist zwei bis vier Projekte.

»Mit Interface Design kommt jeder täglich in Berührung«

Wie läuft die Zusammenarbeit bei euch im Team?
Eschweiler: Die Abstimmung untereinan­der ist total wichtig, wir sind ständig im Austausch. Gerade im Digitalbereich über­schneiden sich die Gewerke stark, zum Bei­spiel Design, Konzept und Entwicklung. Niemand kann oder weiß alles, dafür hat man Experten in den verschiedenen Fachbereichen, aber alle müssen das gleiche Vokabular haben. Programmierer sollten auch ein bisschen Designverständnis mitbringen und andersherum. Wir sitzen meist auf Rufweite zusammen, ansonsten kommunizieren wir über Slack. Da wir derzeit noch ein kleines Team sind, haben wir sehr flache Hierarchien. Wir haben genug Arbeit, um zu wachsen, und werden uns plan­mäßig bis zum nächsten Jahr mindestens verdoppeln. Je größer wir werden, desto mehr hierarchische Zwischenebenen wird es dann geben.

Wie arbeitet ihr mit Kunden zusammen?
Eschweiler: Kunden beauftragen keine Interfaces, sondern Lösungen für Anforderungen. Gute Interfaces sind Teil dieser Lösung, weswegen es sehr wichtig ist, die Anforderungen genau zu verstehen. Das funktioniert gut in Workshops, in denen wir im Dialog aus dem Kunden herauskitzeln, worauf es ihm bei einem Projekt genau ankommt. So haben wir ihn direkt ein­gebunden und schaffen gemeinsam eine Grundlage, was die Zusammenarbeit erleichtert. Wenn wir mit Projekten loslegen, versuchen wir, schnell in Prototypen zu arbeiten. Der Kunde wird dadurch unmittelbar eingebunden und kann jederzeit sehen, was sich verändert. Er ist immer auf dem aktuellen Stand, ohne dass Dokumen­tation und Kommunikation überproportional viel Zeit beanspruchen.

Ohne welche Tools wärst du absolut aufgeschmissen?
Eschweiler: Sketch hat sich wirklich etabliert und löst gerade viele andere Tools ab. Das Programm unterstützt inzwischen nahtlos Arbeitsschritte vom konzeptionel­len Wireframing bis zum fertigen Design. Es entstehen sogar einigermaßen brauchbare Codeschnipsel, mit denen der Entwickler etwas anfangen kann. Man hält da­­mit die Kommunikationswege kurz und schafft es, Sachen schnell auf die Straße zu bringen. Für komplexere Animatio­nen, die Sketch nicht abbilden kann, nut­ze ich After Effects. Die Adobe-Palette taucht auch immer wieder auf, für Bildbearbeitun­gen kommt man beispielsweise an Pho­to­shop nicht vorbei. Alles andere kann Sketch schon ganz gut.

Wie lange arbeitest du üblicherweise an einem Projekt?
Eschweiler: Das unterscheidet sich stark. Manchmal nur ein bis zwei Wochen, wenn es ganz schnell gehen muss. Bei solchen Projekten geht es dann natürlich eher um Ideenskizzen als um fertige Produkte. Vie­le Projekte haben kein Ende, da sie sich stän­dig weiterentwickeln.

»Klassische Werbung kommu­ni­ziert einseitig über Kampagnen. Doch wirklich mit der Marke in Berührung – im wahrsten Sinne des Wortes – kommt man über das Interface«

Was gefällt dir besonders gut an deinem Job?
Eschweiler: Das Phänomen Interface verändert sich konstant, sodass meine Arbeit sehr abwechslungsreich bleibt. Interface be­deutet so viel mehr, als auf Screens zu klicken oder auf Smartphones herumzutippen. Durch die Digitalisierung kommen fortwährend neue Formen von Interfaces hinzu, auch für Dinge, an die heute noch niemand denkt. Auch Kunden wechseln und entwickeln sich weiter, das Team wächst. Es ist eine angenehme Form der Unbestän­digkeit, die einen wissen lässt, dass man morgen nicht das Gleiche tun wird wie heute.

Wie bleibst du bei all den neuen Entwicklungen am Ball?
Eschweiler: Man muss wirklich eine Begeisterung für das Thema haben. Im Team hat jeder unterschiedliche Interessen und hält die anderen über neue Entwicklun­gen auf dem Laufenden – zum Beispiel, was neuerdings technisch möglich ist oder wenn man etwas Innovatives im Interface- oder Designbereich gesehen hat. Wenn dann ein neues Projekt oder Problem auftaucht, erinnert man sich wieder daran und hat direkt einen Lösungsansatz parat. Und auch Messen und Konferenzen bringen uns weiter.

Welche Projekte machen dir besonders viel Spaß?
Eschweiler: Die Projekte, bei denen das glei­che Verständnis herrscht, das ich auch habe. Dass Interfaces nicht nur Schnitt­­­stellen zwischen Mensch und Maschine sind, sondern auch zwischen Kunde und Marke. Nur wenn sie gut funktionieren und sich so anfühlen, wie die Marke spricht, ist es ein gutes Interface. Klassische Werbung kommuniziert einseitig über Kampagnen. Doch wirklich mit der Marke in Berührung – im wahrsten Sinne des Wor­tes – kommt man über das Interface.

Und was sind die besonderen Herausforderungen?
Eschweiler: Es gibt da diesen berühmten Stolperstein: Zu viele Köche verderben den Brei. Das gilt besonders dann, wenn man mit Partnern oder anderen Agenturen zusammen an einem Projekt arbeitet, die ein an­de­res Verständnis, einen anderen Anspruch oder andere Ziele haben. Wenn man in unterschiedliche Richtungen läuft, wird es schwierig, das kann nicht wirklich zu guten Ergebnissen führen. Vielmehr frustriert es – spornt aber auch an, bessere Argumente zu finden.

Ist es üblich, mit anderen Agentu­ren und externen Dienstleistern zusammenzuarbeiten?
Eschweiler: Ja, man hat mittlerweile nicht mehr die eine Lead-Agentur, die sich um alles kümmert. Dafür gibt es heute zu vie­le unterschiedliche Expertisen.

»Interface Designer müssen lö­sungsorientiert denken, da sie immer wie­der vor das Grundproblem gestellt werden: Was muss ich der Maschine sagen, damit sie tut, was ich möchte?«

Was macht einen Interface Designer aus?
Eschweiler: Interface Designer müssen lö­sungsorientiert denken, da sie immer wie­der vor das Grundproblem gestellt werden: Was muss ich der Maschine sagen, damit sie tut, was ich möchte? Es sollte da sofort ein konkretes Bild entstehen, wie es funktioniert – und diese Lösung sollte sehr klar sein, selbsterklärend und intuitiv. Auf der anderen Seite sollte Mar­kenverständnis vorhanden sein – ein Gespür für die ganz eigenen Werte der Marke, denn diese müs­sen sich in jedem Interface wiederfinden. Als Eckpfeiler ebenfalls wichtig: ästheti­sches Verständnis und die Bereitschaft sowie die Fähigkeit, mit all den anderen beteiligten Gewerken zu kommunizieren.

Welche persönlichen Eigenschaften sind besonders wichtig?
Eschweiler: Man sollte Prioritäten setzen können und in der Lage sein, abzuwägen, wann man abstrahieren sollte und wann es nötig ist, sich ins Detail zu stürzen. Sonst verzettelt man sich schnell.

Und was braucht es an fachlichem Know-how?
Eschweiler: Da wir sehr viel mit Sketch arbeiten, wäre es schon ganz gut, das Tool bereits genutzt zu haben. Doch das Pro­gramm ist glücklicherweise nicht so komplex, in seinen Grundzügen versteht man es schnell. Jeder, der schon mal mit anderen Tools gearbeitet hat, wie Illustrator und Photoshop, findet sich gut zurecht.

Sollte man Digitalerfahrung mitbringen?
Eschweiler: Nicht zwangsläufig. Gerade Berufsanfänger, die in der digitalen Welt aufgewachsen sind, finden sich üblicherweise schnell in unsere digitale Arbeitsweise ein. Wichtiger sind Konzeptionsstärke, Offenheit und Flexibilität.

Was meinst du, wie sich das Berufsbild in Zukunft entwickeln wird?
Eschweiler: Es wird immer mehr Berüh­rungspunk­te geben, über die man digital mit Mar­ken kom­mu­niziert oder Services abruft. Und alle die­se Be­rüh­rungspunkte brauchen In­terfa­ces. Allmäh­lich kommt auch immer mehr das Bewusstsein hinzu, dass Markenkommunika­tion eben auch über das Interface geschehen muss. Dass es die unmittelbarste Verbindung ist, die man mit dem potenziel­len Kunden eingehen kann. Interface Design ist ein wachsender Markt, und dadurch werden in Zukunft vie­le Interface Designer gebraucht werden.

Alle weiteren PAGE-Connect Artikel zum Thema Interface Designer finden Sie hier.

Zum Download des PAGE Connect eDossiers »Das macht ein Interface Designer bei Serviceplan« geht’s hier.

[731] InterfaceDesignerCCCSP17 

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Sketch-versus-Photoshop-Tutorial: User Interface Design mit Sketch, angelehnt an typische Photoshop-Anwendungsfälle

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