Im zweiten Teil unserer Tipp-Reihe für Nachwuchs-Fotografen gibt Alice Feja, Head of Art Buying bei Kolle Rebbe, Tipps für die »perfekte« Fotografen-Mappe.
Kürzlich hat in Hamburg wieder der WTSPRNG-Event stattgefunden, bei dem Art-Buyerinnen einiger der besten deutschen Agenturen junge Fotografen beraten. Wir haben hier über die Veranstaltung berichtet – aber auch noch Tipps für unsere Leser eingeholt. In einer kleinen Serie gibt es vier Donnerstage lang Ratschläge von Art-Buyerinnen. Letztes Mal war Kerstin Mende von Scholz & Friends dran, diesmal kommt Alice Feja zu Wort.
Jeden Tag kommen Fotografen oder deren Repräsentanten zu Kolle Rebbe in die Speicherstadt und präsentieren uns Art Buyern ihre Arbeiten in Form von Mappen. Oft wird in diesem Kontext von der perfekten Mappe gesprochen.
Ich möchte aber bezweifeln, dass es eine perfekte Mappe in diesem Sinne überhaupt gibt. Denn natürlich geht es bei der Beurteilung von Kreativität auch immer sehr stark um subjektive Einschätzungen und nur selten um allgemeingültige Überzeugungen. Perfektes Handwerk vorausgesetzt, geht es mir um die Kombination aus Idee, Motivinterpretation, Liebe zum Detail und eine zeitgemäße technische Umsetzung. Und natürlich kann die erkennbare Themen- oder Kundenexpertise einen entscheidenden Prozentsatz hinzuaddieren.
Darüber hinaus hat eine wirklich gute Mappe aus meiner Erfahrung viel mit innerer Überzeugung und Liebe für die eigene Arbeit zu tun. Deshalb freue ich mich über jeden Fotografen, der seine Bilder mit Stolz und Leidenschaft präsentiert. Ein zögerliches »Eigentlich wollte ich dieses oder jenes Bild ja ganz anders machen…« ist aus meiner Sicht Grund genug, das entsprechende Motiv aus der Mappe zu schmeißen.
Aber wie stellt man nun aber sein Portfolio bestmöglich zusammen?
Im Art Buying dreht sich alles um die Suche nach der unverwechselbaren Handschrift eines Fotografen, um die Suche nach dem einzigartigen und merkfähigen Profil. Idealerweise sehe ich also ein Motiv oder eine Arbeit und habe sofort auch den Namen des Fotografen abrufbereit. Präsentiert sich ein Fotograf vor allem mit aktuellen Arbeiten, also Arbeiten die allesamt nicht älter als 2 Jahre sind, führt das aus meiner Erfahrung häufig dazu, dass die Bilder eine erkennbare Bildsprache und durchgängige gestalterische Linie besitzen. Das gilt für junge Fotografen sowie alte Hasen gleichermaßen. Beeindruckende Motiv-Klassiker oder Arbeiten für besonders interessante Kunden bilden natürlich immer eine willkommene Ausnahme.
Wenn sich in dem Portfolio nicht nur Einzelfotos, sondern auch Serien finden, liest sich eine Mappe flüssig. Zudem zeigen Serien, dass die Ergebnisse keine Zufallsprodukte sind, sondern durch gezielte Planung und bewusste Herangehensweise entstanden sind. Ein Zeichen von Professionalität ist außerdem, wenn sich Fotografen im Vorfeld mit dem Kundenportfolio der Agentur beschäftigen und ihre Mappen zumindest in Teilen individualisieren. Oft wird dadurch das parallel laufende Kennlerngespräch konkreter.
Für das Format oder die Wahl des Papiers in der Mappe gibt es kein klares Richtig oder Falsch. Da dies aber stark die Ästhetik und den Anspruch des Fotografen wiederspiegelt, sollten auch diese Äußerlichkeiten wohl überlegt sein.
Oft werden wir Art Buyer gefragt, ob das Portfolio in gedruckter oder digitaler Form besser sei. Ich persönlich präferiere immer noch die gedruckte Version. Für die Präsentation von Bewegtbildern kommt man natürlich um das iPad oder das Laptop nicht herum.
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