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Viel Charakter: Typo-Projekt Sentres

Eine komplett neue Marke entwi­ckelte Edenspiekermann mit Sentres, dem Webportal der Bozener Geo Mar­ke­ting GmbH. Die Plattform für nachhaltige Tourismus- und Freizeitangebo­te in Südtirol soll im Sommer starten.

Eine komplett neue Marke entwi­ckelte Edenspiekermann mit Sentres, dem Webportal der Bozener Geo Mar­ke­ting GmbH. Die Plattform für nachhaltige Tourismus- und Freizeitangebo­te in Südtirol soll im Sommer starten.

Als Tochtergesellschaft der Buchverlage Athesia und Tappeiner kann Geo Marketing auf ein Archiv mit Tourbeschreibungen aus 30 Jahren zurückgrei­fen. In Workshops mit dem Kunden fand Edenspiekermann schnell heraus, dass es bei Sentres darum geht, nicht nur Trendorientierung zu vermitteln, sondern auch Aktualität und Zuverlässigkeit der Informationen.

Ganz oben: Auch in der gedruckten Broschüre transportiert die FF Chambers Sans von Verena Gerlach das Image der Marke Sentres und gibt ihr ein unverwechselbares Gesicht. Online sieht die Chambers ebenfalls gut aus und ist prima lesbar

Mit Online als Hauptebene war zudem klar, dass die gesuchte Schrift am Bildschirm gut aussehen und vor allem gut lesbar sein muss. In einer typo­grafischen Matrix ordneten die Kreativen verschiedene Schrift­charaktere an: von statisch bis dynamisch, von kräftig und dominant bis leicht, verspielt und persönlich. So zeigte sich, dass manche Stile nicht infrage kamen: Scriptfonts schieden als zu handgemacht und zu wenig zuverlässig aus, fette Slabs und Stencils erschienen zu indus­triell und zu amerikanisch. Auch übertrieben sportlich sollte es nicht sein. »Der Kunde bevorzugte eindeutig junge, aktuelle Schriften, und da blieben nach der ersten Vorauswahl drei übrig«, erzählt Julia Sysmäläinen.

Eine typografische Matrix hilft, das Schriftspektrum einzugrenzen. Drei Fonts kamen in die engere Wahl, wurden dann allerdings wieder verworfen: Greta (oben), da zu akademisch, Auto (Mitte), da zu unverbindlich, Netto (unten), da es ihr etwas an Charakter fehlte.


Die Chambers Sans passte perfekt – auch zu dem stilisierten S im Logo

Zu diesen dreien zählte Peter Bilaks Greta, eine Serifenschrift mit sehr zeitgemäßen Eigenschaften. Sie ist scharf geschnitten, kräftig und hat eine Tendenz in Richtung Slab. »Greta passte zum Verlagshintergrund des Projekts, wirkte jedoch etwas zu akademisch«, erklärt die finnische Designerin. »Die zweite Alternative, Auto von Underware, ist verspielt und relaxed, aber auch unverbindlich, vermittelte also nicht die gewünschte Zuverlässigkeit. FF Netto von Daniel Utz schließlich ging in die richtige Richtung, allerdings sollt es eine etwas charakterstärkere Schrift sein.« An diesem Punkt kam die FF Chambers Sans von Verena Gerlach ins Spiel. Julia Sysmäläinen hatte sie in einer FontShop-Online-Publikation ge­sehen und sofort ein gutes Gefühl. »Sie besitzt einen eigenständigeren Charakter als die Netto und ist nicht nur in Headlinegrößen na­hezu unverwechselbar. Am Bildschirm behält sie ihren Charakter auch in Lauftextgrößen und bleibt dabei recht klar. Sie ist eckiger als die Netto und passt sehr gut zum stilisierten S im Logo. Vor allem ist sie in der Lage, die Unternehmenswerte glaubhaft zu visualisieren.« Die Entscheidung war gefallen.

Allerdings mussten noch zwei Probleme aus dem Weg geräumt werden. Zum einen gab es die Chambers Sans nicht in einem speziellen Webformat – unerlässlich für ein Projekt, das hauptsächlich im Internet stattfindet. Zum anderen sollten auch Piktogramme zum Einsatz kommen, und die hat Ve­rena Gerlachs Type – anders als etwa die FF Netto – nicht zu bieten. »Wenn man eine Schrift gefunden hat, die wirklich gut zum Projekt passt, darf man sich von so etwas nicht abbringen lassen«, sagt Julia Sysmäläinen. »Wir haben einfach bei FontShop angefragt, und die haben zugesagt, aus der Chambers in kürzester Zeit einen WOFF-Font zu machen.« Da bislang aber nur die neuste Firefox-Version das Web Open Font Format unterstützt, läuft es praktisch so ab: Die Chambers wird in einen Webfont umgewandelt und vom Webfont-Service Typekit gehostet, sodass die gängigen Browser sie darstellen können.

Die Piktogramme zeichnete Julia Sysmäläinen selbst

Und die Piktogramme? Hier griff Julia Sysmäläinen kurzerhand selbst zum Stift. Dass sie das kann, hat sie ja bereits mit den Piktogrammen ihrer FF Mister K bewiesen (siehe PAGE 05.10, Seite 65). »Die Icons, die wir brauchten, sind so speziell, die hätte es von der Stange ohnehin nicht gegeben.« Wie erfolgreich das Portal sein wird, hängt natürlich nicht nur von der verwendeten Schrift ab. Auf jeden Fall aber trägt die Wahl der Chambers dazu bei, der Marke Sentres ein unverwechselbares Gesicht zu geben.

Dieser Artikel ist ein Teil der Titelgeschichte »Typolust« aus PAGE 07.2010

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