Schrift des Monats: Parka
D
aniel Perraudin hat seine Schrift für typografische Großwetterlagen ausgebaut.
Die Parka ist PAGE-Lesern schon vertraut: Im Bericht über die Ausbildungsmöglichkeiten für Schrift-Design in Europa (Type Pistols, PAGE 11.2008) geriet Daniel Perraudin abseits der Hochburgen Den Haag und Reading schon damals in den streifenden Fokus: Am Joanneum in Graz hatte er als Abschlussarbeit eine hochqualitative Schrift entworfen, die auf Anhieb überzeugte. Angesichts der Tatsache, dass an der besagten Hochschule Typo nicht gerade ein Ausbildungsschwerpunkt ist, war klar, dass hier entweder ein ordentliches Talent oder aber ein beharrlicher Arbeiter am Werke war. Perraudin bestätigt kaum zwei Jahre später, dass es sich in seinem Fall offensichtlich um Beides handelt.
Inzwischen hat er die Parka ordentlich ausgebaut: Vollständige Alfabete mit allen notwendigen Akzenten, normale und Mediävalziffern, echte Kursive, wichtige Ligaturen und andere Sonderzeichen sind über 6 Schnitte verfügbar. Dazu kommen funktionale Attribute für den Umgang mit Ziffern, Kapitälchensatz oder Sonderzeichen. Die Schrift besticht durch einige Merkmale, die heutzutage nicht selbstverständlich sind: Sie ist von der Anmutung her modern, ohne dabei modisch zu sein. Sie ist klassisch ausgerichtet, ohne dabei rückwärtsgewandt zu erscheinen. Und sie ist trotzdem ungewöhnlich, ohne dabei auf vordergründige Effekte zu setzen.
Daniel Perraudin hat eine schöne Form gefunden, zudem handwerklich gute Arbeit geleistet. Die Kurven von b, d, p, haben markante Einläufe, zudem sind die oberen Bögen enger gezogen als die unteren. Anklänge dieser vertikalen Asymmetrie finden sich auch beim a, c, auch e, m n sind formal an den Wechselschwung angeglichen. Bei den Versalien fallen die optischen Einzüge im A, R, X sowie der unorthodoxe Abstrich beim U auf. Die Minuskeln wiederum warten mit Interstate- oder Meta-artigen Schrägen bei Ober- und Unterlängen auf. Zu den normalen gibt es alternativ Mediävalziffern mit hohem Mittelbau und einer für Satzschriften elegantesten Zweien seit langem!
Die Sonderzeichen, vor allem der Klammeraffe und das et-Zeichen, sitzen perfekt. Weniges, was nicht auf Anhieb überzeugt: Angesichts der sonstigen Schlichtheit wirken die unteren Ausleger beim l oder y fast exaltiert. Liebevoll gemacht sind indes die Italics mit dem passenden a sowie schön geziertem i und j.
Soweit zu den Details. Und im Ganzen? Hier zeigen sich die eigentlichen Stärken dieser nicht vordergründig auffälligen Schrift. Das Schriftbild ist weitgehend über alle Schnitte und Grade sehr ruhig und gleichmäßig. Vor allem aber wird die Parka bei größeren Textmengen ihrem Namen – der sich übrigens nicht von dem bekannten Kleidungsstück der Inuit, sondern vom lateinischen »parca« für sparsam ableitet – gerecht: Sie ist sparsam nicht nur im Einsatz der eigenen Stilmittel, sondern nimmt auch für sich wenig Raum ein. Das macht sie fürs Editorial wie fürs Corporate Design interessant. Ohne dass man einen schmalen Schriftschnitt einsetzen müsste, kann man Text Platz sparend, gut lesbar und dennoch prägnant setzen. Was könnte man mehr erwarten?
Die Font-Familie »Parka« befindet sich seit dem Herbst 2010 im Vertrieb des renommierten Font Bureau. Für 2011 ist die Veröffentlichung einer robusten Antiqua mit asymmetrischen Serifen geplant.
Links
http://www.dp82.net/
http://www.fontbureau.com/fonts/Parka/
Das könnte dich auch interessieren
Wunderschöne Schrift, keine Frage. Bloß: Was bietet sie mir an informationellem, funktionalem Zusatznutzen? An Differenzierung vom ubiquitären 90er-Jahre Christianschwarzoleschäfererikspiekermann-Design?
Schöne Arbeit, nichtsdestoweniger. Wem es nützt…