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Vintage-Design: Die schönsten Buchumschläge der 20er Jahre

Die Buchkunst der zwanziger Jahre ist einer der Höhepunkte deutscher Designgeschichte – hier kann man in Entwürfen schwelgen, die an Aktualität nichts verloren haben.

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Cover von Georg Salter aus dem Jahr 1931

Eine künstlerische Blüte wie Deutschland sie in den zwanziger Jahren erlebte, wird vielleicht niemals wiederkehren. Damals war der Begriff »modern« noch frisch und unverbraucht. Eine noch nicht da gewesene politische und kulturelle Aufbruchstimmung hatte auch die Verlagswelt erfasst. Literatur, Kunst und Gestaltung gingen eine Verbindung ein, wie man sie heute kaum mehr findet.

Von all dem kann man sich in einem neuen Wälzer aus dem Taschen Verlag überzeugen: dem jüngst erschienenen »Buchumschläge in der Weimarer Republik«. Mit 1000, meist ausführlich kommentierten Bildern sowie vielseitigen Aufsätzen verschiedener Autoren spiegelt sich darin das vielleicht spannendste Kapitel deutscher Literatur-, Politik-, Kunst-, Fotografie- und Verlagsgeschichte wider. Für Kreative sozusagen Allgemeinbildung.

Zusammengestellt hat den Band ein absoluter Fachmann auf diesem Gebiet, der 1936 in Berlin geborenen Jürgen Holstein, seines Zeichens Antiquar mit Schwerpunkt Kunstwissenschaft und klassische Moderne. Er veröffentliche das Buch erstmals anno 2005 als Privatdruck in einer Auflage von lediglich 400 Stück. Trotz des stolzen Preises von 198 Euro waren die Kosten bei weitem nicht gedeckt. »Es ist ein verrücktes, idealistisches Projekt, wie man es nur einmal im Leben macht, kein kommerzielles Unterfangen«, sagte Holstein damals gegenüber PAGE.  Umso mehr freuen wir uns, dass das Buch nun in einer neuen, mit 49 Euro erschwinglichen Ausgabe weltweit beim Taschen Verlag erscheint. 

Ein Standardwerk für Kreative

Viele der Illustratoren, Gebrauchsgrafiker sowie Schriftgestalter, über die das Buch berichtet, sind heute noch bekannt, wie Georg Salter, John Heartfield, Paul Renner, Jan Tschichold, Emil Rudolf Weiß oder Walter Tiemann. Vor allen Dingen aber lernt man auch andere kennen, die in Vergessenheit gerieten, weil sie nach 1933 nicht weiterarbeiten durften, auswanderten oder in einem Konzentrationslager umgebracht wurden.

Bislang stand beim Rückblick auf die Buchgestaltung jener Jahre meist die klassische Moderne im Vordergrund: das Bauhaus, die elementare Typografie und der Konstruktivismus. Es ist das Verdienst des Sammlers und Herausgebers Jürgen Holstein, deutlich zu machen, dass es in den zwanziger Jahren deutlich mehr gab als schwarz-weiß-rote Formen- und Linienkompositionen, asymmetrische Typografie und Fotomontage. Aus heutiger Sicht rücken wieder andere Aspekte in den Mittelpunkt des Interesses.

So spielte die Illustration eine enorme Rolle, und es war keine Ausnahme, große Namen aus der Kunstwelt in der Buchgestaltung zu finden – kein Wunder, dass man damals von Buchkunst sprach. Für eine gestalterische Individualität, wie man sie heute kaum noch kennt, sorgte auch die Typografie. Egal welche Type, Titelzeilen wurden fast ausschließlich mit der Hand gezeichnet. Peter Nils Dorén aus Berlin, der das Buch gestaltete, schrieb auch einen interessanten Beitrag über die Buchcover-Typografie.

 

Zehn spektakuläre Buchcover und ihre Geschichte lernen Sie in der Bildergalerie kennen.

»Deutsche Arbeit«
Schutzumschläge aus Papier fanden in Deutschland erst um 1900 Verbreitung – und wurden rasch zum gestalterischen Experimentierfeld. Äußerst ungewöhnlich ist wohl dieser beidseitig bedruckte Umschlag für einen 1930 im Ullstein Verlag erschienenen Band mit Industrieauf-nahmen des damals sehr bekannten, in London lebenden deutschen Fotografen Emil Otto Hoppé. Die Schwarzweißfotos waren außen zu sehen, auf der Innenseite des Umschlags gab‘s die gezeichneten Schornsteine zu entdecken
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»Jack der Aufschlitzer«
Bevor Hans Bellmer sich den surrealistischen Puppen-skulpturen zuwandte, die heute in Museen in aller Welt stehen, betrieb er ein Büro für Gebrauchsgrafik in Berlin. Für einen nach Jack the Ripper benannten Gedichtband gestaltete er 1924 diese Fotomontage – die das Amtsgericht Berlin auf den Plan rief. Es ließ Bücher und Druckplatten beschlagnahmen und vernichten, Verlegerin Elena Gottschalk musste außerdem eine Geldstrafe zahlen. Nur noch zwei Exemplare sollen in öffentlichen Bibliotheken erhalten sein
2/10
»Schutzhaft«
Gerade mal 21 Jahre alt war Wieland Herzfelde, als er 1917 den Malik-Verlag gründete, der anfangs die Werke der Berliner Dadaisten publizierte, später viel politische engagierte Literatur. Die Umschläge gestaltete oft sein Bruder John Heartfield. Für diesen Band, in dem Wieland Herzfelde eigene Erlebnisse schildert, lieferte jedoch George Grosz die Titelzeichnung, einer der ätzendsten Kritiker seiner Zeit. Das Büchlein lässt sich als Faksimile unter http://sdrc.lib.uiowa.edu/dada/schutzhaft lesen
3/10
»Das deutsche Wirtschaftswunder«
John Heartfield – eigentlich Helmut Herzfelde – war Typograf, Buch-gestalter und Bühnenbildner, vor allem aber auch Kommunist und Agitator, der mit seinen berühmten Fotomontagen für die weit verbreitete »Arbeiter-Illustrierte Zeitung« und Wahlkampfpropa-ganda für die KPD durchaus in die Tagespolitik eingriff. Diese Arbeit entstand 1927, doch erinnert sie an seine Zeit als Mitglied des Berliner Club Dada. Tatsächlich waren es die Dadaisten, die zuerst moderne Collagetechniken entwickelten
4/10
»Der Industriebaron«
Mit seinen sozialkritischen Roma-nen über die Auswüchse des US-Kapitalismus war Upton Sinclair hierzulande erfolgreicher als in seiner Heimat. John Heartfield gestaltete die Cover vieler seiner in Deutschland erschienenen Bücher – mit Dollarzeichen, Zahlen oder Hochhausschluchten. Diese Publikation aus dem Malik-Verlag von 1925 trägt eine Deckelzeichnung des belgischen Malers und Grafikers Frans Masereel, der aus Zahlen die übermächtige Gestalt eines Kapitalisten erstehen ließ
5/10
»Mario der Zauberer«
Wie mit dem Zauberstab in die Luft geschrieben wirkt die Handschrift auf diesem von Hans Meid gestalteten Pappband. In den zwanziger und dreißiger Jahren war Meid nicht nur als freier Künstler erfolgreich, sondern auch ein gefragter Buchillustrator. Eine von seinem Sohn ins Leben gerufene Stiftung fördert bis heute Buchkünstler (www.hans-meid-stiftung.de)
6/10
»Das verhexte Telefon«
Wer kennt sie nicht, die wunder-bare Einbandillustration von Walter Trier zu »Emil und die Detektive«? Als Zeichner für die »Lustigen Blätter« und die Ullstein-Magazine »UHU« und »Die Dame« war Trier in den Zwanzigern einer der populärsten Zeichner Berlins. Dieses Bilderbuch wurde ausge-zeichnet als eines der »Fünfzig schönsten Bücher des Jahres 1931«. Weitere Arbeiten Triers, der 1936 Deutschland verließ, sind unter www.walter-trier.de zu sehen
7/10
»Cocktail- und Bowlenbuch«
Das Atelier am Kurfürstendamm 29, wo die Malerin Jeanne Mammen (www.jeanne-mammen.de) bis zu ihrem Tod 1976 ganze 57 Jahre lang gewohnt und gearbeitet hat, kann man besuchen. Hier ziert eines ihrer Aquarelle des Berliner Groß-stadtlebens ein 1929 bei Ernst Rowohlt erschienenes Buch – auf dessen Rückseite die gleiche Szene von hinten zu sehen ist, mit Blick auf die Innenseite der Theke und den Rücken des Barmanns. Autor ist der Berliner Lyriker und Verleger Alfred Richard Meyer, genannt Munkepunke
8/10
»Hochzeit, Flucht und Ehestand der schönen Salvatia
Den meisten fällt es heute schwer, die seit dem 18. Jahrhundert ver-breitete deutsche Schreibschrift zu lesen. Dabei war sie es, die die Kinder – in der von Ludwig Sütterlin 1911 standardisierten Form – in der Schule lernten, bis die Nazis sie 1941 durch die lateinische Schrift ersetzten. Hier kommt sie auf einem Umschlag von Georg Salter zum Einsatz, dem wohl bekann-testen deutschen Buchgestalter, der 1934 in die USA emigrierte
9/10
»G«
Mies van der Rohe, Theo van Does-burg, Raoul Hausmann, Hans Arp, El Lissitzky, Kurt Schwitters: Die Mitarbeiterliste liest sich wie ein Who‘s who? der damaligen Kunst- und Designavantgarde. Zwischen 1923 und 1926 erschienen fünf Aus-gaben der von Hans Richter und Werner Gräff gegründeten »G –Zeitschrift für elementare Gestaltung«. Das Cover von Heft 3 zeigt einen Hochhausentwurf von Mies van der Rohe und das Titelsignet des Bauhauskünstlers Werner Gräff
10/10

 

Buchumschläge in der Weimarer Republik

Jürgen Holstein:
Buchumschläge in der Weimarer Republik
Hardcover, 25 x 31,7 cm, 452 Seiten
€ 49,99
Taschen Verlag, Köln
ISBN 978-3-8365-4980-6
Mehrsprachige Ausgabe: Deutsch, Englisch

 

 

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Making-of: Gedruckte Lautsprecher von der TU Chemnitz

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