Sie sind so klein, dass man sie einfach einatmen könnte – die Skulpturen des englischen Bildhauers Willard Wigan.
Ihm selbst ist das schon passiert. Die Wolkenkratzer, Bäume, Figuren und Märchenszenen sind weniger als 0,005 Millimeter groß. Winzig auch Wigans Usain Bolt, schnellster Mann der Welt, in seiner berühmten Siegerpose. Schon als Kind faszinieren ihn Ameisen, er baut für sie Häuser. Mit Inneneinrichtung. Maßstabsgetreu. Die Idee zu seinen heutigen Kunstwerken kommt ihm, als er einen Bibelspruch hört: »Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher ins Himmelreich kommt.« Das stachelt Wigans Ehrgeiz an. Mit Hilfe eines Mikroskops schafft er am Ende etwas Unglaubliches: Durch sein Nadelöhr passt eine ganze Karawane – neun Kamele aus Teppichfasern. Stillhalten ist hier die größte Gabe – jahrelanges Training die Voraussetzung. Sogar das Echo vom Verkehr draußen kann seine Arbeit beeinträchtigen. Darum zieht er sich an ruhige Orte zurück oder arbeitet nachts. Um seine Mikroskulpturen zu perfektionieren, lernt Wigan Herzschlag und Puls zu kontrollieren. Dafür trainiert er wie ein Spitzensportler. Besonders filigrane Arbeiten erledigt er in den anderthalb Sekunden zwischen zwei Herzschlägen, den Pulsschlag im Finger benutzt er wie einen Presslufthammer. Und nachdem er aus Versehen schon mal Alice (im Wunderland) inhaliert hat, achtet er präzise auf seine Atmung. Er selbst nennt es: »death man working«. SeinSpezialwerkzeug baut er sich selbst – aus Nadeln mit Rubin- und Diamantsplittern. Als Pinsel benutzt der die Wimpern vom äußeren Ende seines Augenlides. Für seine Figuren und Szenerien verarbeitet der 56-jährige Künstler Materialien wie Gold, Teppichfasern, Reste von Nylonetiketten und Kabelbindern.