KI kann mehr als Bällebad
Der KI-Image-Generator ist nur das Kinderparadies um die Ecke. Felix May, Leiter der Innovations-Unit der Peter Schmidt Group, plädiert für mehr Mut, Marken zu Erlebnisimperien aufzubauen.
15 Milliarden! So viele Bilder wurden bis heute weltweit mit künstlicher Intelligenz generiert. Das nächste kommt auch schon von mir für den Titel dieses Artikels. Und noch mehr kommen von Unternehmen: Denn immer mehr legen sich trainierte KI-Image-Generatoren zu, die in Rekordzeit noch mehr Motive aufs Spielfeld bringen. Ganz ehrlich: Wollen wir KI dazu nutzen, um massenhaft Bilder nachzubauen, die es schon gibt? Oder wollen wir Bildern das Laufen beibringen und Menschen mit kreativen Geschichten und einer Art der Interaktion beeindrucken, die erst durch KI möglich wird?
Von KI zu Magie
Schauen wir ein Jahr zurück. Anfang 2023! Da steckte KI noch in den Kinderschuhen. Nichtsdestoweniger wurde sie clever und effektiv eingesetzt, um etwas noch nie Dagewesenes zu kreieren. Schon den Masterpiece-Case von Coca-Cola gesehen?
Wie das Making-of eindrücklich zeigt, wurden die Filmsequenzen mit echten Menschen gedreht. KI wurde genutzt, um die Aufnahmen im Stil der Kunstwerke zu modifizieren – eine enorme Erleichterung gegenüber der komplexen manuellen Animation, die viel Zeit und Aufwand erfordert. Coca-Cola setzte damit neue Standards im Storytelling. Und demonstrierte, dass KI Marken spannender denn je inszenieren kann.
Heute kommen zu filmischen Meisterleistungen hochemotionale Charaktere hinzu. Denn die Tools haben sich weiterentwickelt. Sie machen das Unmögliche möglich: wie die The-Revived-Kampagne für ukraine.ua und das Ministerium für Jugend und Sport der Ukraine zeigt. Sie erweckt sechs von über 500 ukrainischen Sportlerinnen und Sportlern, die durch den russischen Angriffskrieg zu Tode gekommen sind, digital zum Leben. Mit dem Ziel: die Zuschauer, die Teilnehmenden und die Medien bei den Olympischen Spielen 2024 auf eine Spendenaktion aufmerksam zu machen.
Obwohl zwischen den Projekten zig Monate Technologieentwicklung liegen, zeigt sich: Masse ist nicht entscheidend. Daher ist ein KI-Bildganerator sicher ein spannendes Tool und ein erster Schritt, um bestehende Kanäle schneller zu bedienen. Gleichzeitig sollten sich Marken aber auch fragen: Welche neuen Markeninszenierungen und Touchpoints werden für mich erst durch KI erreichbar? Wie wird Interaktion mit Zielgruppen in Zukunft aussehen, wenn wir jetzt schon hochemotionale Markenpersönlichkeiten erschaffen können? Die Antwort: live und hoch-personalisiert.
Von „Gleich!“ zu „Live!“
Schon jetzt generieren große E-Commerce-Plattformen für Echtzeit-Kampagnen Text- und Bildinhalte mittels KI-Support. Diese Fähigkeit bietet ihnen einen großen Wettbewerbsvorteil. Denn sie können unter anderem umgehend kreative Impulse umsetzen, auf die Bedürfnisse von Kund:innen eingehen und Schwankungen auf dem Markt ausbalancieren.
In Echtzeit auf die Wünsche von Menschen reagieren werden bald auch hochpersonalisierbare Brand Companions – oder ganze Familien. Sie werden trainiert und mit Brand Stories, Assets sowie einer breiten Knowledge-Base ausgestattet. So wird es erstmals möglich sein, die Marke lebendig, flexibel und als Persönlichkeit im wahrsten Sinne des Wortes zu erleben. Wie das beim Einkauf im Store aussehen kann, haben wir in unserer Innovations-Unit PSG Imagine anhand eines KI-Prototypen für eine beispielhafte Schuhmarke getestet.
Damit sind die Möglichkeiten aber noch nicht ausgeschöpft: In naher Zukunft werden wir ein gesamtes interaktives Markenerlebnis live anpassen und optimieren können, also während der Kunde mit der Marke interagiert. Google hat mit so einem Modell in der Gamer-Szene bereits Furore gemacht: mit seinem KI-System GameNGen simuliert es das Shooter Game „Doom“ in Echtzeit – es generiert die Szenarien also während der Spieler sich darin bewegt. Eine Revolution für die Spieleindustrie. Eine Revolution auch für das Marketing, wenn man die Technologie für sich zu nutzen weiß.
Von null auf hundert
Die Technologieentwicklung steht nicht still. Es lohnt sich also, über KI-Bildgeneratoren hinauszudenken und sich zu überlegen: Wo soll die Marke strategisch hin? Und wie kann mich KI noch näher an meine Zielgruppen bringen? Und wenn man dann damit beginnt, statt statischen Bildern lebendige Interaktionen zu generieren, dann kommt man auch vom Bällebad im Kinderparadies in den Vergnügungspark für Erwachsene.
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