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Jobprofil: Fotograf

Viele Klischeebilder von der Arbeit eines Fotografen geistern in den Köpfen herum. So sieht der Job eines Profis tatsächlich aus.

Lars Borges zählt zu Deutsch­lands gefrag­tes­ten People-Fotografen, sei es für Marken von adidas bis Volkswagen oder für Editorial-Kunden wie etwa »Neon«, »Rolling Stone« oder die »ZEIT«. Seine Bilder transportieren immer sym­pathi­sche Leichtigkeit, doch dahinter steckt die harte Arbeit eines manchmal großen Teams, wie uns der Berliner Fotograf berichtet.

Berufsbezeichnung: Fotograf
Ausbildung: Meist ein Fotografie- oder ein Kommunikationsdesignstudium mit Schwerpunkt Fotografie. Auch eine Zeit als Assistent eines etablierten Fotografen ist üblich. Unorthodoxe Biografien sind ebenfalls anzutreffen.
Verdienst: Der Wettbewerb ist groß, die Honorare variieren von minimal bis opulent. Die Plattform Berufs­fotografen.de empfiehlt aufgrund von Umfragen unter ihren Mitgliedern Mindesttagessätze von 250 bis 500 Euro bei redaktionellen Shoots und von 700 bis 1500 Euro für Werbefotografen.

Was war dein letzter besonders spannender Job?
Lars Borges: Für Google habe ich die Arbeit deutscher NGOs fotografiert, die sich zum Beispiel in der Flüchtlingsarbeit engagieren und dafür bei den Google Global Impact Awards ausgezeichnet wurden. Der Auftrag kam über die amerikanische Agentur 72andSunny.

Ein solcher Kunde erwartet aber keine Reportagefotografie, wie sie für Nachrichtenmedien entsteht, richtig?
Nein, die Produktionsprozesse waren sehr genau ge­plant, und es gab ein Briefing für die Ergebnisse. Allgemein macht dieses Projektmanagement vor allem bei Werbejobs einen viel größeren Teil der Arbeit aus als das eigentliche Fotografieren.

Was gehört alles zum Projektmanagement?
Jeder Auftrag beginnt zunächst mit der Bestimmung der Kosten: Was für Equipment wird gebraucht, welche Crew muss dabei sein, welche und wie viele Models und Locations sind nötig? Entstehen Reisekosten, braucht man Setbau oder Prop Styling (also Requisiten und Leute, die sich um deren Gestaltung kümmern), gibt es am Ende eine anspruchsvolle Postproduktion? Oft gilt es da, Überzeugungsarbeit zu leisten, sowohl bei den Kosten als auch bei Fragen wie etwa der, ob ein bestimmtes Model richtig für die Story ist. Die Agentur als mein Auftraggeber muss darüber wiederum mit dem Kunden Rücksprache halten. Im Bild sieht man all diese zeitaufwendigen Prozesse später nicht!

Wie viel Vorlauf braucht also ein Shooting?
Für ein gut vorbereitetes Projekt mit fünf Shooting-Tagen wären ein bis zwei Monate optimal, aber die Deadlines werden immer verrückter. Tatsächlich kommt die Anfrage manchmal erst eine Woche vorher, da hat man dann richtig Stress.

Und wie lang sind die Arbeitstage bei der eigentlichen Produktion?
Bei Werbejobs nie weniger als zwölf Stunden. Auch da geht es nicht nur ums eigentliche Fotografieren. Letzten Sommer war ich drei Wochen bei der Produktion einer Kampagne für BMW-Motorräder in Portugal. Es gab zwölf Shooting-Tage, der Rest war Location-Begehung, auch um zu sehen, wann dort das jeweils beste Licht ist, das sogenannte Fitting, bei dem die Klamotten probiert werden und so weiter. Diese Dinge kann man am Set nicht mehr lange diskutieren, da die Zeit zu kostbar ist. Deshalb entsteht vorab mit dem Producer ein Shooting-Plan, den man abarbeitet.

Die Kunst ist es dann, trotzdem kreative Bilder zu machen.

Wie viele und was für Leute sind üblicherweise beim Shooting dabei?
Bei einem normalen Werbejob zwei, drei Leute jeweils vom Kunden und von der Agentur, Producer plus manchmal Produktionsassistent, Fahrer, mehrere Models. In meinem Team ein Stylist, vielleicht ein Styling-Assistent, ein Make-up Artist und die Licht-Crew. Normalerweise sind das rund zwanzig Leute, bei meinem größten Shoot einer adidas-Kollektion in London waren es 85. Eigentlich möchte ich jeden am Set mit Namen kennen und mal Hallo sagen – das ging dann nicht mehr. Eine wichtige Rolle spielt auch der erste Assistent des Fotografen (zwei oder drei sind es bei mir meist insgesamt). Er übernimmt so etwas wie das technische Supervising, ist bei mir in der Regel gleichzeitig der Digital Operator, sitzt am Monitor, wo die Fotos einlaufen, gibt Bescheid, wenn da ein Staubkorn ist, und sorgt für das geordnete Back-up der Bilder. Das ist wichtig, denn wenn man tagelang fotografiert, entsteht ein riesiger Datenwust.

Wirklich nicht leicht, dabei kreativ zu bleiben.
Aber genau daran wirst du letztlich gemessen: Wenn die Bilder schlecht sind, ist am Ende immer der Fotograf schuld. Gewinn oder Niederlage bei der Schlacht entscheiden sich schon stark im Vorfeld, bei der guten Planung. Beim Shooting kann man dann aber nicht sagen: »Ich bin total fertig, lasst uns das einfach irgendwie runterarbeiten«, sondern du bist der charmante, Sprüche klopfende Showmaster, der da vorne knipst und permanent für die richtige Stimmung sorgt.

Wie bist du eigentlich Fotograf geworden?
Mich hat schon als Jugendlicher fasziniert, wie man mit Fotos Realität in eine Fläche bannen und die Welt anhalten kann. Es fing dann an mit einem Praktikum beim Jugendmagazin einer regionalen Tageszeitung, wo ich den Grafik- und Fotopart übernommen und auch selbst fotografiert habe. Daraus wurde ein zweijähriges Volontariat mit bildjournalistischem Schwerpunkt. Später bin ich nach Berlin gezogen, habe dort an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Kommunikationsdesign studiert, im Hauptstudium mit Schwerpunkt Fotografie.

Das Wissen über Kommunikationsdesign hilft mir heute, die gleiche Sprache wie die Art­direktoren zu sprechen.

Das Studium habe ich mit Fotojobs und Assistieren finanziert. Die Uni ist wichtig, um über konzeptionelle Bildsprache nachzudenken, das Handwerk lernt man als Assistent.

Natürlich sprechen Fotografen ungern über Tagessätze. Was kannst du uns verraten?
Drücken wir es mal so aus – von vier großen Werbejobs im Jahr kann man schon leben. Zu den Tagessätzen kommen auch noch die Nutzungsrechte: Der Kunde zahlt dafür, die Bilder für eine gewisse Zeit zu nutzen. Heute sind die Rechte aber oft im Tagessatz inbegriffen. Als kommerzieller Werbefotograf sollte man mindestens 2000 Euro pro Tag nehmen, denn mit zwanzig Shooting-Tagen im Jahr hat man besonders als Anfänger schon sehr viel zu tun. Schließlich muss man davon Equipment finanzieren, viel Zeit in Jobs stecken, die nicht klappen, Steuer, Versicherung, eigene Projekte und alles andere bezahlen.

Helmut Newton hat mal gesagt, als Kreativer brauchst du Fuck-you-Money. Er hat recht, einfach um Kunden ehrlich die Meinung sagen zu können. Natürlich nicht unfreundlich, letztlich wird man ja für die kreative Beratung gebucht. Tenden­ziell aber sind die Honorare für Fotogra­fen bei steigen­den Lebenshaltungskosten gesunken. Magazin­jobs lohnen sich mit Tagessätzen von teilweise 250 Euro kommerziell eigentlich nicht. Man müsste ständig durchgebucht sein, um davon leben zu können, und das ist komplett unrealistisch. Ich mache das nur aus inhaltlichem Interesse.

Auch der Wettbewerb ist riesig. Kann man jungen Leuten raten, Fotograf zu werden?
Wenn es gut läuft, ist es trotzdem der beste Beruf der Welt. Total abwechslungsreich, man kommt herum, hat meist ein nettes Team und neue Herausforderungen, kann seine Ideen verwirklichen, trifft viele Leute und bleibt so inspiriert. Der britische Foto­graf  Don McCullin nannte es mal »a champagne lifestyle on a beer salary«.

Dazu braucht es Kunden. Wie findet man die?
Man muss für Aufmerksamkeit sorgen, gern auch Preise gewinnen. Früher waren Veröffentlichungen in Magazinen der Filter für eine Karriere.

Inzwischen hängt man nicht mehr nur vom Gutdünken der Redak­tionen ab, sondern kann beispielsweise auch auf Insta­gram inhaltlich interessante Bilder posten.

Man muss gute Arbeit machen und immer weiter shooten. Irgendwann wird das auffallen, und dann kommen die Bildredakteure und Art Buyer aus den Wer­beagenturen selbst auf einen zu. Darüber hinaus werde ich von der Berliner Fotografenrepräsentanz Emeis Deubel vertreten, die potenzielle Kunden auf mich aufmerksam macht.

Gestalterische Qualität ist das eine. Welche Eigenschaften braucht man noch als Fotograf?
Es kommt darauf an, was man fotografiert. Als Auto- oder Foodfotograf braucht man viel Geduld. Wer Menschen fotografiert wie ich, muss ein schneller Allrounder sein. Man muss gerne kommunizieren und ein großes Allgemeinwissen haben, denn man trifft auf verschiedenste Problemstellungen.

Von kreativem Chaos also keine Spur.
Wer den Beruf nachhaltig ausüben will, muss total organisiert sein, jederzeit die richtige Schraube für jeden Adapter finden. Es darf bei einer großen Produktion kein noch so kleines Teil übersehen werden. Viel organisierter, als das Klischeebild des Fotografen oder die Persönlichkeit, die die Leute am Set sehen, es ahnen lassen. Und trotzdem kreativ.

http://larsborges.com

https://www.instagram.com/larsborges/

 

Lars Borges für BMW Motorrad
1/8
Lars Borges für Airbnb
2/8
Lars Borges für Nike
3/8
Lars Borges für Google Impact Challenge
4/8
Ein Buch über »Imperial County«, den ärmsten Bezirk Kaliforniens, erschienen beim Kehrer Verlag
5/8
Aus dem Buch »Imperial County«, erschienen beim Kehrer Verlag
6/8
Lars Borges, freie Arbeit
7/8
Lars Borges, erschienen im »Somewhere Magazine«
8/8

 

Kreative Berufe: Jobprofile und Gehälter auf einen Blick

 

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